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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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Hirn zuwege brachte war: ›Wie, zum Teufel, stellt der Kerl es an, dass ihm die Hand nicht zittert?‹ Als ob das eine ganz furchtbar wichtige Frage wäre. Als ob von ihr der weitere Fortgang der Dinge abhinge.
    Nicht eben eine Meisterleistung. Okay, sagen wir wie’s ist: Das war absolut läppisch. Einer von diesen sinnlos obsessiven Gedanken, in die man sich in Extremsituationen verbeißt.
    Aber ihr hättet ihn in Aktion sehen sollen, den Herrn Ingenieur Romolo Sesti Orfeo! Er ging mit einer Kompetenz und Kaltblütigkeit vor, dass man den Eindruck hatte, er hätte in seinem Leben nichts anderes gemacht als in Supermärkten Leute an die Wand gestellt. Ob Profi oder nicht – er war perfekt bis ins Detail.
    Jetzt, wo ich genauer hinschaute, stellte ich fest, dass Matrix sehr viel jünger sein musste als der Ingenieur (schätzungsweise zwischen dreißig und vierzig), aber genauso hager war. Selbst im Zustand der Bedrohung strahlte Matrix noch die Brutalität eines Leichtgewicht-Schlächters beim Extreme Fighting aus (und das so authentisch, dass ich mich bestimmt höflich bei ihm entschuldigen würde, wenn er mir den Weg abschnitte).
    »Verzeihung, junger Mann, geben Sie mir die bitte?«, fragte die Oma jetzt ungeduldig und deutete auf die Bohnen, deren Deckel ich mit allen fünf Fingern der linken Hand umklammert hielt. Noch hatte sie nicht begriffen, was hinter ihrem Rücken vor sich ging (was auch besser war, sonst hätte sie wahrscheinlich losgeschrien).
    Ich hatte sie zwar gehört, war physisch aber auf Standby. Wäre ich in der Lage gewesen, mich zu bewegen, hätte ich ihr die leidige Dose in die Hand gedrückt und sie gedrängt, das Weite zu suchen (wodurch ich vielleicht meinerseits unter dem Vorwand, sie in Sicherheit zu bringen, zum Ausgang gelangt wäre).
    Stattdessen stand ich einfach nur da, unfähig, meine Augen von der Szene abzuwenden, die sich hier, in diesem unwirklich menschenleeren Supermarkt, wo offenbar partout niemand einkaufen wollte, in gerade mal drei Metern Entfernung von mir immer weiter zuspitzte. Die Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt, und die geringste Interferenz (ein Kind, das am anderen Ende des Gangs um die Ecke geflitzt kommt, ein lautes Geräusch, irgendein x-beliebiger Pipifaxvorfall) würde das Ganze ins Gewalttätige kippen lassen und eine Tragödie auslösen. Das spürte ich ganz genau.
    Tatsächlich war es aber nicht nur die Furcht vor dem Äußersten, die meine Aufmerksamkeit dermaßen in Bann zog. In Wahrheit (obwohl das zugegebenermaßen nicht gerade für mich spricht) wollte ein Teil von mir einfach wissen, wie die Sache ausgehen würde.
    Indessen wartete Matrix reglos und diszipliniert, als ob er diese Sorte Widrigkeiten gewohnt wäre, auf weitere Instruktionen von Ingenieur Romolo Sesti Orfeo.
    »Dreh dich um«, befahl der und schob ihm den Lauf der Pistole von der Schläfe auf die Wange. »Komm hierher, neben mich. Langsam. Und die Hände bleiben oben.«
    Matrix leistete Folge, aber es fehlte nicht viel, und er hätte die Augen verdreht.
    »Haaaaaaaallo! Sie da!« Die Alte wurde jetzt richtig ungehalten, da ich mich immer noch nicht dazu durchgerungen hatte, ihr ihre Scheißbohnen runterzureichen.
    Jetzt wich Ingenieur Romolo Sesti Orfeo einen Schritt zurück, bohrte Matrix den Pistolenlauf aber noch tiefer in die Wange.
    »Auf die Knie!«
    Einen Moment lang zögerte Matrix irritiert, als wäre dieses Kommando für diese Situation (oder zumindest an dieser Stelle) in der Dramaturgie nicht vorgesehen; dann wechselte sein Gesichtsausdruck jedoch ins Nachsichtige (als wolle er sagen: Nichts für ungut, du bist ja noch ein blutiger Anfänger ). Möglicherweise hoffte er, Ingenieur Romolo Sesti Orfeo damit nervös zu machen und ihn zu einem Fehler zu verleiten, den er eventuell für ein Gegenmanöver nutzen könnte.
    Sollte das aber wirklich Matrix’ Absicht gewesen sein, so ging der Plan nicht auf: Sobald seine Kniescheiben den Boden berührt hatten, kam auch bereits der nächste Befehl.
    »Hände auf den Rücken. Über Kreuz. Und den Kopf nach unten.«
    Jetzt übertreibst du aber ! , sagte Matrix’ schräger Blick.
    Statt einer Antwort drückte ihm Ingenieur Romolo Sesti Orfeo den Pistolenlauf aber nur noch tiefer in die Wange.
    Matrix wich mit dem Kopf zurück und sog scharf die Luft ein wie beim Zahnarzt, wenn man beim Bohren den ersten Schmerz spürt.
    »Na los, mach schon«, kommandierte der Ingenieur ungerührt.
    In diesem Moment begriff die Alte, dass hinter

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