Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
Vom Netzwerk:
würdigen, und bog in den nächsten Gang ein, wo sich auf der einen Seite das Kühlregal mit den Milchprodukten und der frischen Pasta, auf der anderen das Obst und das Gemüse mit den Waagen zur Selbstbedienung, den transparenten Plastikbeuteln und den Zellophanhandschuhen befanden.
    Ich blieb zwischen den geschälten Tomaten und der Pasta stehen und verfluchte meine Idee, diesen Supermarkt zu betreten (vor allem weil es hier so arschkalt war), um das fettreduzierte Pesto von Buitoni zu besorgen. Zumal ich, nebenbei bemerkt, bestimmt noch elf Gläschen von dem Zeug zu Hause habe (Alessandra Persiano macht sich übrigens jedes Mal lustig über mich, wenn sie den Küchenschrank aufmacht und die Gläschen wie Zinnsoldaten in Reih und Glied aufgestellt vor sich sieht).
    ›Sieh mal einer an, du machst ja immer noch Einkäufe wie ein Single‹ , sagt sie dann, ›ha ha‹ , und lacht. (Sie tut gerade so, als würden bei uns, seitdem sie da ist, nur noch Delikatessen à la Gianfranco Vissani mit Michelin-Stern-Garantie zubereitet.)
    Ich wusste jetzt also, dass die Polizei kommen würde – zumindest hatte ich das aufgeschnappt. Vielleicht stand Matrix ja auf irgendwelchen Fahndungslisten und Ingenieur Romolo Sesti Orfeo war ein verdeckter Ermittler. Ein Eigenbrötler, der den Supermarkt stur bewachte, weil er sicher war, dass sein Mann früher oder später dort auftauchen und er ihn festnehmen würde? (Das würde auch den Vortrag über die Funktionsweise des Überwachungssystems erklären und die oberpeinliche Farce mit dem Finger auf der Fernbedienung möglicherweise sogar einen Hauch weniger peinlich machen.)
    Handelte es sich bei dieser Sache also um eine von langer Hand geplante Polizeiaktion, die jeden Moment losgehen sollte? Würden von jetzt auf gleich Bullen durch jede Seitentür reinstürmen? In kugelsicheren Westen? Mit Maschinenpistolen im Anschlag? Um Matrix abzuführen (der selbstredend hocherhobenen Hauptes in die Kameras der hektisch herbeigeeilten Journalisten lächeln würde – wie alle gefassten Verbrecher, die es später zu einer gewissen Berühmtheit brachten)?
    Meine Hypothese war zwar plausibel, aber irgendwie glaubte ich nicht so recht daran. Ein Polizist verplempert bei einem Einsatz dieser Größenordnung doch keine Zeit und plauscht mit Leuten über verstorbene Freunde – noch dazu wenn das Risiko besteht, sie in die Sache hineinzuziehen!
    Deshalb begann ich, konkurrierende Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Vielleicht handelte es sich hier ja gar nicht um eine Polizeioperation, sondern um irgendeine windige private Kiste. Eine offene Rechnung; eine Vergeltungsaktion zwischen rivalisierenden Banden. In dem Fall erhielt die von Ingenieur Romolo Sesti Orfeo angekündigte Ankunft der Polizei eine ganz andere Bedeutung: Sie würde zwar kommen, aber letztlich nur, um den Toten zu bergen, den es dann gleich gäbe.
    Je stichhaltiger mir meine alternativen Hypothesen erschienen, desto panischer fragte ich mich, ob ich nicht besser daran getan hätte, auf die Erklärung des Ingenieurs hin sofort nach draußen zu stürzen und selber die Polizei zu rufen. Aber inzwischen war Ingenieur Romolo Sesti Orfeo so gut wie an der Seite von Matrix, der das Kühlregal entlangging, ohne ihm die mindeste Aufmerksamkeit zu schenken (was mich noch mehr verwirrte, weil ein Flüchtiger oder, sagen wir: ein in dunkle Geschäfte verwickelter Typ einem Verfolger definitionsgemäß misstrauen müsste, vor allem, wenn sich der Verfolger auf solch offensichtliche Weise nähert). Ich verspürte die unbestimmte Verpflichtung zu bleiben, obwohl ich nicht wusste, was gleich passieren würde und zu wessen Verteidigung ich würde eingreifen müssen. Um diese Zeit war der Supermarkt noch halb leer, weshalb ich im Notfall noch nicht mal auf Schützenhilfe würde zählen können.
    Was mich am meisten nervte, war, dass der Ingenieur Romolo Sesti Orfeo (vorausgesetzt, er hieß wirklich so) bereits nach den ersten Sätzen, die wir gewechselt hatten, kapiert haben musste, wie ich tickte, andernfalls hätte er es nicht geschafft, mich so perfekt in diese beschissene Situation hineinzuziehen.
    Deshalb hatte er mich also so überschwänglich für meine Unbeugsamkeit in der Schadensersatzverhandlung für seinen alten Freund gelobt, und ich Depp war darauf reingefallen. Natürlich konnte ich mich jetzt, nachdem ich dermaßen auf prinzipienfest gemacht hatte, nicht mehr aus dem Staub machen.
    Inzwischen war Montagne verdi vorbei, und ein paar

Weitere Kostenlose Bücher