Meine Schwiegermutter trinkt - Roman
ausgerechnet? Hast du dich eigentlich schon mal im Spiegel angeguckt?‹
Aber egal, wie: Wenn du dich die ganze Zeit derart heimtückisch beobachtet fühlst, beschleichen dich, ob du es willst oder nicht, irgendwann Zweifel, ob das mit ihr und dir nicht womöglich ein Riesenversehen des Schicksals war. Dass du zu Unrecht auf dem Platz eines anderen gelandet bist und dass dieser andere genau dann, wenn du am wenigsten damit rechnest, zurückkommen und ihn wieder beanspruchen könnte. Und dass er dich zum Rückzug ins Quartier der Pechvögel zwingt, das du nur allzu gut kennst, weil du ja dort aufgewachsen bist und wo dich deine ältesten Kumpels schon mit offenen Armen erwarten. Genau in dieses Dilemma versuchen dich diese Totengräber deiner jungen Beziehung zu stürzen. Dorthin, jawohl.
Am Anfang, als ich mich Alessandra Persiano anvertraute, sagte sie zu mir: ›Genieß es doch, dass die anderen eifersüchtig sind.‹
Auf meinen Hinweis, dass es nicht gerade elegant ist, sich selber Komplimente zu machen, antwortete sie nur: ›Wieso mache ich mir selber Komplimente? Ich mach sie doch dir, du Dummkopf!‹
Darauf wusste ich dann nichts mehr zu sagen.
Das Dritte – und vielleicht Schmerzhafteste –, was mir passiert ist, seit diese wirklich traumhaft schöne Frau mit mir zusammen ist, ist die Tatsache, dass meine Ex jetzt wieder Unterhaltszahlungen von mir fordert. Unterhaltszahlungen, die sie früher aus Mitleid mit meinen Einkünften regelmäßig abgelehnt hat.
Als ich sie fragte, ob sie es nicht für einen etwas merkwürdigen Zufall hält, dass sie gerade jetzt so kleinkrämerisch geworden ist, wo ich mit einer anderen Frau zusammenlebe, antwortete sie mir glattweg: »Oh, das mache ich natürlich absichtlich, um dich zu bestrafen für dein Glück – das ist zurzeit die einzige Möglichkeit für mich, den Schmerz zu verarbeiten, den du mir zugefügt hast, als du eine andere Frau in dein Leben reingelassen hast.«
»Vielleicht darf ich dich daran erinnern, dass du zweieinhalb Jahre lang mit deinem Galan von Architekt zusammengelebt hast, nachdem du mich verlassen hattest, Nives. War das auch eine Art Schmerzverarbeitung, oder was?«
»Du brauchst es gar nicht zu probieren, Vincenzo. Ich lass mich nicht von deiner chronologischen Bewertung der Fakten manipulieren. Ich bin sauer auf dich, ich muss meine Aggressivität zum Ausdruck bringen, und im Augenblick tut es mir wirklich gar nicht gut, wenn ich mich fragen muss, ob das richtig oder falsch ist.«
»Herrgott, Nives. Du bist doch Psychologin!«
»Jetzt komm mir nicht mit unseren sozialen Rollen, nur damit ich Schuldgefühle kriege.«
»Von wegen Rollen, Nives! Ich berufe mich auf unsere Einkommen. Du verdienst in einem Monat so viel wie ich in dreien.«
»Na und? Tut mir leid, aber die Kosten unserer Trennung lasse ich nicht auf mich abwälzen. Das wäre ja noch schöner!«
»Aber du warst doch diejenige, die mich verlassen hat.«
»Zuerst. Dann wollte ich aber wieder mit dir zusammensein.«
So ging das eine gute halbe Stunde weiter: Ich immer den Hausflur rauf und runter, im Schweiße meines Angesichts darum bemüht, sie zur Vernunft zu bringen. Während sie mich zu überzeugen versuchte, dass nichts Verwerfliches daran sei, sich wie ein Aas zu benehmen.
Bis ich sie schließlich anbrüllte, sie solle sich doch von einer Gang arbeitsloser Metzger ficken lassen, und außerdem würde ich ihr wünschen, dass ihre Patienten sich alle – aber wirklich alle – aufs Mal umbrächten. Als Werbung für ihre therapeutischen Qualitäten.
Diesen Wunsch schien Nives nicht besonders zu schätzen, denn sie brach das Gespräch jäh ab, und als ich zurückrief, um mich zu entschuldigen, hatte ich den Anrufbeantworter an der Strippe.
Später kam dann die Sache mit ihrer Mutter, die die Dinge wieder ein wenig zurechtgerückt hat.
Discovery Channel
»Hören Sie, ich glaube, ich sollte … die Polizei rufen«, stotterte ich, in der pathetischen Hoffnung, eine derart plump vorgebrachte Drohung könnte den Ingenieur Romolo Sesti Orfeo von seinem Vorhaben (was auch immer das sein mochte) abbringen.
»Das ist nicht nötig, die kommt sowieso bald. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte«, antwortete er mit der mechanischen Ruhe, die einen überkommt, kurz bevor man sich in ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang stürzt.
Als Nächstes heftete er sich unbefangen an die Fersen von Matrix, der mittlerweile an uns vorbeigegangen war, ohne uns dabei auch nur eines Blickes zu
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