Meine Schwiegermutter trinkt - Roman
daraus machen und bietet dir die Rolle des Malinconico an. Würdest du das Angebot annehmen?«
»Warum nicht«, antwortet er (aber es ist klar, dass er nicht daran glaubt), »ich habe da was einzubringen.«
Man versteht zwar nicht, was das damit zu tun haben soll, aber geschenkt.
»Liebe Leute«, mischt Sgarbi sich ein, »Corona ist zu groß, zu muskulös, zu skandalträchtig, zu sehr Macho. In der Rolle des Malinconico wäre er nicht glaubwürdig.«
»Das sagt er, weil er mich noch nie in der Badehose gesehen hat«, sage ich.
Gelächter.
»Aber du kennst doch die italienischen Spielfilme, Vittorio?«, redet Ambra dazwischen. »Bei der Schauspielerwahl spielen doch ganz andere Kriterien eine Rolle.«
Einen Moment lang kommt Verlegenheit auf, aber niemand nutzt die Situation aus.
Emanuele Filiberto schaut erschrocken um sich. (›Geiselnahmen, Verfechter von Selbstjustiz und Rechtsstaatlichkeit, Casting für Spielfilme nach der Vorlage von Prozessen in Fernsehshows … das reinste Irrenhaus‹, scheint er zu sich selber sagen zu wollen. ›Was mache ich bloß hier?‹)
»Entschuldige, Daria«, meldet er sich dann unaufgefordert zu Wort. »Was habe ich eigentlich mit den Themen dieser Debatte zu tun?«
»Was stellst du denn für Fragen?«, sagt Corona beinahe angeekelt.
Der Prinz schaut ihn fassungslos an, und der andere schüttelt als einzige Antwort den Kopf, als könnte er einfach nicht glauben, was er soeben gehört hat.
»Jedenfalls möchte ich dem Publikum, das mich vorhin mit so warmem Applaus begrüßt hat, herzlich danken«, sagt der Prinz.
»Ich auch«, schließt sich, möglicherweise ironisch, Ambra an.
»Hört mal, Leute«, meldet sich De Cataldo wieder zu Wort, »ich möchte doch um etwas Haltung bitten. Das hier kippt so langsam in eine Schmierenkomödie.«
»Malinconico«, spricht mich die Bignardi so unvermittelt an, dass mir fast das Herz stehen bleibt, »haben Sie, bevor Sie in die Sendung kamen, den Anruf eigentlich noch gemacht?«
›Das ist ein Witz‹, denke ich. ›Ich höre wohl nicht recht.‹
»Wie bitte?«, krächze ich und versuche, mir meine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen.
»Wie«, gibt sie sarkastisch zurück und wirft ihren Mitarbeitern, die wie Geier um die Bühne herumstehen, verschwörerische Blicke zu, »wollen Sie mir etwa sagen, Sie wüssten nicht, wovon ich rede?«
»Ich weiß es tatsächlich nicht«, sage ich trotzig und werde im selben Moment, in dem der Kameramann die Kamera auf mich hält und mich groß in den Vordergrund zoomt, puterrot.
Publikum und Studiogäste kichern leise vor sich hin.
»Wollten Sie nicht zufällig jemanden über Ihre Teilnahme am Programm informieren?«
Mir fehlen die Worte, ich starre sie entgeistert an und zweifle immer noch daran, ob meine Ohren richtig gehört haben.
»Komm schon, Vince’, da ist doch nichts dabei, du hast es wenigstens probiert«, sagt De Cataldo herzlich zu mir.
Ich schaue ihn an.
Dann Ambra.
Dann die Bignardi.
Dann Sgarbi.
Dann den Prinzen.
Schließlich Corona.
Alle bierernst.
Was ist das denn, eine Verschwörung?
Ich stehe auf, wende den Kopf hektisch nach links und nach rechts, als würde ich nach dem nächstgelegenen Notausgang Ausschau halten.
»Wo bleibt das Logo von Verstehen Sie Spaß ?«, witzele ich mit letzter Kraft. »Los, heraus damit.«
»Setz dich, Vince’«, rät mir Giancarlo und nimmt mich beim Arm.
Ich gehorche ihm willenlos.
»Wir haben da eine kleine Überraschung für Sie«, sagt die Bignardi. »Etwas, womit Sie nicht rechnen; halb Dschungelcamp , halb Carràmba! – so viel sei schon einmal verraten!«
Und mit einem augenzwinkernden Lächeln hebt sie den Blick in die Höhe, als wollte sie uns auffordern, etwas aufzuschnappen, was in der Luft liegt.
Als das Studio von der Stimme Alessandra Persianos widerhallt, traue ich meinen Ohren nicht:
»Was für ein Dummkopf du bist, Vincenzo.«
Einen Augenblick lang herrscht Stille, und aus dieser Stille heraus fangen die Leute nicht nur zu lachen an, nein, sie schütten sich förmlich aus vor Lachen. Ein paar blöde Tussen lachen derartig dreckig, dass sie die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich ziehen und sofort Nachahmer herausfordern.
»Aber wie …«, rufe ich in Panik aus.
»Von allen faulen Tricks, die du dir einfallen lassen konntest, um meine Aufmerksamkeit zu erregen, ist das der allerkindischste. Hast du allen Ernstes gedacht, ich würde auf Knien bei dir angekrochen kommen, sobald ich dich im Fernsehen
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