Meine Schwiegermutter trinkt - Roman
endlich (die aber schon ein wenig von ihrem hohen Ross runtergestiegen ist).
»Ich glaube nicht, dass ich noch länger Lust habe, mir dein vulgäres Gerede anzuhören.«
Um ein Haar schreie ich wieder los, aber ich reiße mich zusammen und gebe meinen Argumenten mehr Schärfe.
»Oo, dann bitte ich ergebenst um Verzeihung, Eure Hoheit. Die ordinären Ausdrücke stoßen dich ab? Hat dir die Dienstreise nach Mailand schon die Sprache desinfiziert? Tja, dann will ich dir mal einen Tipp in Sachen Vulgarität geben: Deinen Macker zappeln zu lassen, ohne dir die Mühe zu machen, ihm zu sagen, ob du ihn verlassen hast oder nicht, ist viel, viel vulgärer als alles Gerede von Schwänzen und Ärschen und den entsprechenden Gebrauchsanweisungen.«
Wieder ausgedehnte Funkstille.
Und sosehr ich mich für den Scherbenhaufen verantwortlich fühle, den ich da gerade anrichte, so stolz bin ich doch auf mich.
»Okay, danke für die Lektion«, greift sie den Faden auf, sobald sie annimmt, dass ich ausreichend abgekühlt bin, um mir ihre Antwort anhören zu können. »Du warst brillant. Jetzt entschuldige mich bitte, ich habe zu tun.«
Und kaum hat sie das gesagt, beendet sie auch schon das Gespräch.
Wutschnaubend wähle ich sofort wieder ihre Nummer und bereite mich vor, sie mit einem Schwall von Beschimpfungen zu überschütten, aber feige, wie Alessandra nun einmal ist, hat sie das Telefon bereits ausgeschaltet. (Dachte ich’s mir doch.)
Tobend vor lauter Frustration schleudere ich das Handy gegen die Badezimmertür, aus der Espe jetzt, barfuß und tropfnass, ein Handtuch um den Kopf, ein anderes um die Hüfte geschlungen, tritt.
Bei dem Aufprall löst sich die Hinterwand des Handys und donnert, gefolgt von der Batterie, auf den Fußboden.
›Es ist nicht futsch‹, denke ich. ›Kann ja auch gar nicht sein.‹
»Was ist denn mit dir los?«, fragt Espe und hebt seinen Blick von den Überresten des Telefons zu mir.
»Mit mir ist los, dass Alessandra eine saublöde Kuh ist!«, brülle ich ihm entgegen, so dass er zurückweichen und das Handtuch an der Taille erneut festzurren muss. »Eine arrogante Kuh. Und dazu noch verzogen. Soll sie doch hin, wo der Pfeffer wächst!«
Ich klaube die Handyteile auf.
»Komm schon, beruhige dich«, sagt Espe vorsichtig. »Erzähl mir, was passiert ist, okay?«
»Zum Teufel mit meinen Schuldgefühlen, Espe. Erinnerst du dich, was ich dir am Telefon vorgejammert habe? Scheiße, Mann, ich nehme alles zurück. Es tut mir nicht leid, dass ich eine andere gebumst habe – so! Und weißt du was? Wenn ich nochmal drüber nachdenke, finde ich, dass ich das sogar ziemlich gut gemacht habe!«
Ich stecke die Batterie wieder ins Gehäuse zurück.
Mal schauen, ob es angeht.
Auf Espes verständnislosen Blick schimpfe ich weiter: »Da hat sie sich gedacht, sie rauscht mal ab und der Dummkopf hier bleibt auf der Frage sitzen, ob sie geruht zurückzukommen. Da hat sie sich aber geschnitten, die blöde Kuh. Weil der Dummkopf nämlich selber die Antwort gegeben hat: Es ist aus. Game over. «
Es geht nicht an. Das Scheißteil geht nicht mehr an!
Mist .
»Und ich sag dir noch was: Wenn sie sich nach dieser Performance einbildet, als börsennotiertes Superweib könnte sie es sich nochmal anders überlegen und mit einem Fingerschnippen wieder zurückkommen, dann hat sie sich geschnitten.« Jetzt brülle ich wirklich. »Wenn sie sich erdreistet, mich anzurufen, und sei’s auch nur, weil sie sich entschuldigen will, dann kassiert sie die fetteste Abfuhr ihres Lebens. Was glotzt du mich denn so an?«
Jetzt geh schon an!
»Du bist jetzt viel zu wütend, um dich an das Gesagte zu halten.«
»Nein, Espe, das sag ich dir, ich war noch nie so klar. Ich hab diese Unterwürfigkeit gegenüber den Frauen so was von satt. Ich will meine Würde wiederhaben! Ich lass mich nicht mehr behandeln, als wär ich der letzte Vollidiot! Schluss, aus, Ende, es reicht!«
»Was soll ich dazu sagen. Wenn du dir so sicher bist …«
»Und weißt du was? Ich bin dir dankbar, dass du darauf bestanden hast, mich heute Abend zum Essen mitzunehmen.«
»Das hör ich doch mal gern.«
»Gut. Dann mach ich mich jetzt also fertig.«
»Nur eins noch.«
»Was?«
»Du müsstest mir Kleider leihen.«
Die Wirklichkeit übertrifft nicht die Fantasie,
sie senkt nur ihr Niveau
Während ich unter der Dusche stehe und Espe meine Garderobe ASPELUND plündert, gehe ich noch einmal die Gründe durch, die für meinen Wutausbruch vor
Weitere Kostenlose Bücher