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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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sehe?«
    »Ooooh!«, brülle ich in meiner Verzweiflung und springe unter allseitigem Gelächter wieder auf. »Was geht hier eigentlich vor??«
    »Und noch was«, fährt Alessandra Persiano unerbittlich fort, »den Avancen eines jungen Mädchens nachzugeben, das auf reife Männer steht, ehrt dich nicht gerade, lass dir das gesagt sein!«
    »Wie bitte?!?«
    »Ja wie, fällst du jetzt aus allen Wolken?«, treibt sie mich in die Enge. »Am Ende willst du mir wohl noch weismachen, du hättest ihr die Geschichte geglaubt, sie sei die Freundin des Sohnes gewesen? Du bist zwar bekloppt, aber von gestern bist du nicht. Gib es schon zu, du hast sie ganz genau verstanden.«
    »Also das ist ja echt die Höhe, Vince’«, mischt sich De Cataldo im Ton des Sachverständigen ein.
    Gerade will ich die soeben herangereifte Entscheidung in die Tat umsetzen und mir das Mikrofon und den Sender, die mir die Tontechniker vor Beginn dieser verdammten Sendung am Jackett befestigt haben, abreißen und mich schleunigst in Richtung Ausgang davonmachen, als ich, dem Himmel sei’s gedankt, aufwache. Übrigens komplett nassgeschwitzt.
    Mit leichtem Entsetzen bemerke ich, dass ich bereits auf den Beinen bin, was mir den Wiedereinstieg in die Wirklichkeit zusätzlich erschwert.
    Begierig taste ich nach dem Lichtschalter und drücke ihn, mit dem Effekt sofortiger Blendung. Ich schlage mir die Hände vor die Augen, setze mich aufs Bett zurück und warte, bis sich das stürmische Herzklopfen langsam wieder beruhigt.
    Im Albträumen war ich schon immer gut, aber dieser hier schlägt alle bisherigen Horrorvisionen um Längen. Ich erinnere mich, dass ich beim Einschlafen versucht habe, mir einen möglichen Ablauf des Programms der Bignardi vorzustellen (das Casting hatte ich mir, glaube ich, noch im Wachzustand vorgenommen), aber nie hätte ich gedacht, dass ich es so weit mit mir schleppen und in der Traumphase so minuziös durchinszenieren würde.
    Als ich nach einer Weile (einer recht ausgedehnten Weile) wieder mehr oder weniger regelmäßig atme, schlüpfe ich in meine Pantoffeln und schlurfe in die Küche. Aus dem Kühlschrank hole ich mir eine Flasche Mineralwasser und trinke aus der Flasche, die ich dann durch die Wohnung spazieren trage, um immer wieder kleine Schlucke daraus zu nehmen, als wäre etwas Hochprozentiges drin.
    Wieder und wieder geht mir die schauderhafte Perfektion meines Albtraums durch den Kopf, und zuletzt gelange ich, ebenfalls mit einem gewissen Entsetzen, zu dem Schluss, dass ich jetzt, wo sogar schon mein Unbewusstes angefangen hat, mich zu verarschen, wirklich bedient bin.

Égoïste!
    Als es klingelt, schaue ich auf die Armbanduhr und bete, dass es nicht der ist, mit dem ich rechne. (Kurz erwäge ich sogar die Möglichkeit, so zu tun, als wäre ich nicht zu Hause, aber der da unten liest meine Gedanken und stellt sich auf die Klingel.)
    »Hör auf damit«, blaffe ich in die Gegensprechanlage.
    »Bist du allein?«
    »Wenn das ein Witz sein soll, ist er nicht witzig.«
    »Mach auf.«
    »Herrgott, Espe, du bist eine Stunde und zwanzig Minuten zu früh dran.«
    »Mach auf, ich muss duschen.«
    » Duschen ? «
    »Verdammte Hacke, Vince’, muss ich die Tür eintreten?«
    »Okay, okay, ich mach dir auf, du altes Arsch.«
    Als Espe an mir vorbei über die Schwelle meiner Wohnung tritt, erleide ich schier einen Erstickungsanfall.
    »Ahhh«, seufze ich und reibe mir die bereits brennenden Augen.
    »Halt bloß den Mund, ja?«, wirft er mir ungeduldig hin und hat im Nu den Flur verpestet. »Gib mir lieber einen sauberen Bademantel, wenn du einen hast.«
    »Bist du noch bei Trost?«, brülle ich ihn hustend an. »Wie viel von dem Zeug hast du da auf dich draufgeschüttet, eine ganze Kiste, oder was?«
    »Schon gut, ich hab ein bisschen übertrieben.«
    »›Ein bisschen übertrieben‹?«, protestiere ich und folge ihm ins Bad, wo er inzwischen selbstständig angelangt ist. »Du bist eine chemische Waffe, Herrgott nochmal!«
    »Ich hab’s erst gemerkt, als ich schon aus dem Haus war, sorry, aber ich kann nichts dafür.«
    Er macht das Handtuchschränkchen auf, zieht die beiden größten Tücher aus dem Stapel und zerknautscht die restlichen.
    »Ah, wirklich?«, sage ich mit gedämpfter Stimme durch die Hand hindurch, mit der ich mir Mund und Nase zuhalte. »Und wie bist du draufgekommen? Nachdem du einen gesamten Bus leer gefegt bekommen hast?«
    »So ungefähr. Gibst du mir einen Morgenmantel, oder muss ich mit denen da

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