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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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dem Geiselnehmer (und beide erwarten wir wohl, dass diese Namensnennung einen ganz neuen Mann aus ihm gemacht hat).
    Capitano Mulder-Apicella springt schier gegen das Bild. Sein Hals wird um ein Dutzend Zentimeter länger. Seine übrigens strahlend hellen Augen verengen sich.
    Scully geht sofort zu ihm hin.
    Er flüstert ihr etwas ins Ohr, worauf sie zu den Leuten zurückgeht, die sie vorhin weggeschickt hat und die jetzt noch verschreckter wirken, und ermahnt sie, den Supermarkt zu verlassen. Dann zieht sie einen Sender aus der Tasche und drückt auf eine Taste.
    Ich hab nicht die leiseste Ahnung, welche Pest mit dem genannten Namen, den ich vorher noch nie gehört habe, verbunden sein mag (ich kann höchstens raten), aber meine Herzschlagfrequenz nimmt dermaßen unmotiviert zu, dass ich mich sogar mit dem Atmen schwertue, obwohl ich mich nicht einmal rühre (dass man dem Herzen nichts befehlen kann, glaube ich sofort: es kapiert schlichtweg gar nichts).
    »Herr Ingenieur«, ruft Mulder.
    »Ja«, antwortet der.
    »Überlassen Sie das uns!«
    »Wo denken Sie hin, Capitano.«
    »Das ist nichts für Sie.«
    »Für euch offenbar auch nicht, wenn dieser Herr ungestört hierherkommen konnte, wann immer es ihm passte.«
    Mulder wendet sich zu seiner Kollegin und liest in ihrem Gesicht seine eigene Erschütterung. Dann probiert er es mit einer neuen Frage. (Ich habe den Eindruck, dass er auf eine andere, eher technische Gesprächsebene springen will.)
    »Haben Sie außer der Pistole, die ich in Ihrer Hand sehe, noch weitere Waffen?«
    Der Ingenieur ordnet seine Gedanken, dann antwortet er.
    »Sie wollen also wissen, ob ich zwischen den Waschmitteln oder bei der Tiefkühlkost eine Bombe gelegt habe – so was in der Art?«
    »Das ist eine Möglichkeit«, nickt der Bulle.
    »Das ist tatsächlich eine Möglichkeit«, orakelt Romolo Sesti Orfeo.
    Wieder treffen sich meine und Matteos Blicke. Als wollten sie sagen: ›Da haben wir den Salat.‹
    »Das glaube ich Ihnen nicht«, versucht der Carabiniere den Ingenieur zu entlarven.
    »Tja – wenn Sie es für möglich halten, dass ich eine Bombe gelegt habe, müssen Sie sofort handeln. Was Sie ganz persönlich glauben, spielt jetzt keine Rolle.«
    Bestechend.
    »Sie würden unschuldigen Menschen doch nichts antun«, japst Mulder, sichtlich schockiert.
    »Überschätzen Sie mich nicht.«
    Es folgt eine ziemlich quälende Pause.
    »Die Fernbedienung, die Sie benutzen, hat die noch einen anderen Zweck, als die Monitore zu kontrollieren?«
    ›Wie peinlich ist das denn?‹, schießt es mir durch den Kopf. ›Unterstes Niveau. Grundschule. Ach was, Vorschule!‹
    »Hören Sie schon auf, Capitano. Ich sag’s Ihnen sowieso nicht.«
    Scully nähert sich ihrem Kollegen und sagt ihm was ins Ohr.
    »Sprechen Sie laut!«, poltert der Ingenieur, um ihr in Erinnerung zu bringen, wer hier das Sagen hat.
    »Sie hat mir nur gesagt, dass Verstärkung kommt«, rechtfertigt Mulder seine Partnerin.
    »Verstärkung? Wieso das denn?«
    »So läuft es nun mal in der Praxis, Herr Ingenieur.«
    »Capitano, ich weise Sie darauf hin, dass ich über die Monitore alles sehe. Absolut alles. Keiner von euch kommt oder geht hier rein oder raus und keiner macht eine Bewegung, ohne dass die Kameras das aufnehmen. Sobald hier einer probiert, sich an uns ranzupirschen, gibt es einen Toten. Und versucht bloß nicht, mir die Monitore zu verdunkeln oder die Fernsehkameras fernzuhalten, wenn sie ankommen, ist das klar?«
    Mulder lässt den Satz für ein paar Sekunden nachklingen, dann antwortet er: »Ja, klar.« Er lässt sich ein wenig Zeit. »Jetzt müssen Sie mich aber reinlassen, damit ich nachsehen kann, ob irgendwo im Supermarkt noch Kunden sind. Ich gehe davon aus, dass es auch in Ihrem Interesse ist, wenn niemand mehr da ist.«
    Sieht so aus, als würde der Capitano gerade wieder aufholen.
    Der Ingenieur runzelt die Stirn, dann geht er auf die Frage ein.
    »Ich kann Ihnen die Inspektion ersparen und Ihnen den ganzen Supermarkt zeigen, wenn Sie möchten, Abteilung für Abteilung. Von hier aus, mit der Fernbedienung. Schauen Sie auf den Bildschirm oben rechts.«
    »Ich bitte Sie, Herr Ingenieur«, widerspricht Mulder ihm prompt und gibt sich so abgeklärt, wie er nur kann, »diese Kontrolle muss ich selbstverständlich persönlich vornehmen. Ich muss auch unter den unteren Regalen nachschauen. Da könnte sich zum Beispiel ein Kind versteckt haben. Das ist reine Routine und geht ruck zuck. Machen Sie sich keine

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