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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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belästigen. Und dann kommt aus heiterem Himmel ein Anruf, ich werde vollgelabert mit einer Geschichte über meine Ex-Schwiegermutter, die im Vorfeld ihrer Chemo unerklärlicherweise verfügt hat, dass sie keinen Besuch von meiner Ex-Frau haben will, und ehe ich’s mich versehe, habe ich den ganzen Ärger am Hals. Und nur, weil ich diesen Scheißanruf entgegengenommen habe.
    Das Allerbeste an der Sache ist aber, dass ich nicht nur keine Dankbarkeit zu erwarten habe, sondern automatisch auch noch ins Unrecht gesetzt werde, egal, was ich sage oder tue. Bisschen viel, oder?
    »Hey«, reagierte ich deshalb ziemlich genervt, »wieso schiebt ihr mir eigentlich immer die Arschkarte zu? Wieso kriege ich immer eins vor den Latz, selbst dann, wenn ihr mich um einen Gefallen bittet? Was soll der Scheiß?«
    Funkstille.
    Unglaublich, aber wahr.
    Endlich fehlen ihr mal die Worte. (Natürlich nur für einen kurzen Moment, dann geht es direkt weiter.)
    »Entschuldige, ich wollte nicht ungerecht sein. Wir machen uns eben ziemliche Sorgen um Mama, Alfredo und ich.«
    Und was mache ich?
    Ich bin natürlich gleich wieder versöhnlich.
    »Na ja, lass gut sein. Ich schau mal, was ich machen kann.«
    Damit war die Sache für sie erledigt, und wir verabschiedeten uns.
    Ratet mal, welches Wort ich gesagt habe, als ich das Handy zurück in mein Sakko steckte.
    Wieder warf mir der Tavernellotrinker einen solidarischen Blick zu, wobei er den Tetrapak erhob, auf mein Spezielles, und einen tiefen Schluck nahm.
    Ich nickte, wie um zu sagen: ›Auf deins.‹
    Und dann, na ja, blieb ich dort in der Nähe und spazierte ein wenig herum, um mir ein paar Gedanken über die möglichen Entwicklungen der laufenden Geschichten zu machen, als ich plötzlich wie eine Erscheinung Alessandra Persiano vor mir sah, wie sie in zwanzig Metern Luftlinie Entfernung mit ihrem Handy rumhantierte.
    Einen Augenblick lang kam sie mir ehrlich gesagt gar nicht wirklich vor, so zart wirkte sie. So strahlend. So unglaublich gut angezogen (etwas, was mich total an ihr beeindruckt: du kannst sie in Klamotten sehen, die sie schon vierhundertmal anhatte, aber an ihr sehen sie aus wie eben erst gekauft), so nonchalant in ihrer Schönheit und so unerklärlich sexy, wie sie mit einem leicht angewiderten Zug um die Mundwinkel aufs Display ihres Handys guckt.
    Während mein Hasenherz gegen die Gitterstäbe des Brustkorbs anrannte, bemerkte ich an mir die Symptome einer ganz speziellen Enttäuschung, wie ich sie bislang nur gespürt hatte, wenn ich zufällig auf berühmte Persönlichkeiten traf, wie zum Beispiel einmal auf Sting.
    Wenn ihr mal darauf achtet, werdet ihr feststellen, dass man von den Berühmtheiten, denen man zufällig über den Weg läuft, immer ein wenig enttäuscht ist. Nicht, weil sie uns weniger gut gefallen als in unserer Erinnerung oder unserer Vorstellung, nein: im Gegenteil. Was uns enttäuscht, ist ihre Natürlichkeit, wie sie einfach nur sie selbst sind, wie sie machen, was sie wollen, ja, wie sie sich mehr oder weniger benehmen wie jeder beliebige andere auch (was natürlich ihr gutes Recht ist). Nur: Wir kommen uns irgendwie verschaukelt vor. (Und obwohl es peinlich ist, das zuzugeben, gestehen wir ihnen höchst ungern zu, dass sie so dreist sind und sich einfach herausnehmen, unsere Vorstellung zu ruinieren, indem sie so großzügig mit sich selber sind. Am liebsten hätten wir, dass sie in ihrer Gewöhnlichkeit unter sich blieben.)
    Ganz im Ernst: Allmählich glaube ich an die Existenz einer perversen konservativen Logik, die dir für das bisschen Erfolg, das sie dir zugesteht, deine gesamte Freiheit nimmt. Nimm nur mal Saviano als Beispiel: Die Tatsache, dass er sich nicht frei bewegen kann, heißt für seine Fans im Umkehrschluss, dass sie sich ihre ganz eigene Vorstellung von ihm bewahren dürfen. Weil ihn niemand einfach auf offener Straße treffen kann – nein: Saviano gibt es nur im Fernsehen. Niemand kann sich die Titelseite von Gomorrha von ihm signieren lassen, wenn er nicht die Absperrung der Polizisten vom Personenschutz überwindet. Und wer zwei Worte mit ihm wechseln will, muss das innerhalb streng limitierter weniger Minuten tun, weil er dann wieder weggebracht wird. Und jetzt stell dir weiter vor, wie trist es wäre, diesen lebenden Mythos eines Abends zufällig in der Disco zu treffen, wo er gerade eine total durchgeknallte, nicht mal besonders hübsche Tussi aufreißt, weil er vielleicht ein bisschen was getrunken hat (was selbstredend

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