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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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wohlfühlen kannst, sondern dir wie ein Funktionär auf Dienstreise vorkommst.
    Wenn du in diese haselnussbraunen Zimmer kommst, wo es für alles eine Taste gibt und dich seichte Chillout-Musik und zarter Lavendelduft bis ins Badezimmer begleiten, verfällst du automatisch wie ein Chamäleon, das sich seiner Umgebung perfekt anpasst, in vorgefertigte Verhaltensmuster. Du ziehst dir also zum Beispiel das Jackett aus, krempelst die Hemdsärmel auf, streichst dir die Haare glatt und lockerst die Krawatte (sogar wenn du gar keine anhast).
    Wenn du nicht schnell genug wieder von dem Trip runterkommst und wenig später im Aufzug einen alten Sandkastenfreund triffst, den du dreißig Jahre lang nicht gesehen hast und der jetzt hier drin – zum Beispiel – als Laufbursche arbeitet, dann kann es glatt passieren, dass du so tust, als würdest du ihn nicht kennen.
    Sei’s drum – unterm Strich kann ich aber sagen, dass der sexuelle Nutzen, den ich als Gegenleistung aus der Investition in dieses geschmacklose Hotelzimmer ziehen konnte, den Einsatz wert war, aber hallo!
    Sobald wir die Tür hinter uns zugezogen hatten, umschlang mich Alessandra Persiano mit einer solchen Gier, dass ich es nicht einmal schaffte, die ›card‹ in den Stromadapter zu schieben (weshalb ich sie die ersten fünf Minuten der Kopulation in der Hand behalten musste, weil ich nicht wusste, wohin damit). Erst als Alessandra das merkte, mir das Ding aus der Hand riss und die ›card‹ mit einem abschätzigen, hoch erotischen Rückwärtsschwung hinter sich warf, der ganz danach aussah, als wollte sie mir sagen: ›Was bist du doch für ein dummer Spießer, gefangen in deinem belanglosen, durchgeplanten, faden Leben! Wir leben hier unsere Lust, und was machst du? Sorgst dich um den Schlüssel fürs Licht? Hast du etwa Angst, ihn nachher nicht mehr zu finden, du Langeweiler? Und denkst du allen Ernstes jetzt schon ans Nachher? Vergiss doch den ganzen Mist! Pfeif drauf! Was soll das wertlose Zeug, scheiß drauf: lass uns den ganzen nutzlosen Ballast über Bord werfen, und zwar jetzt gleich!‹)
    Gut gesprochen, zweifellos – und niemand hätte mich daran gehindert, darauf zu antworten: ›Und war es nun wirklich nötig, 190 Euro dafür auszugeben, um dieses sagenhafte bilderstürmerische Werk zu vollbringen?‹ Aber der Fick begann so super zu laufen, dass nicht mal mein dialektischer Autismus ihn kaputt gekriegt hätte.
    Das absolut Denkwürdige war, dass Alessandra Persiano mich unmittelbar nach der ersten Runde (aber wirklich nur eine Minute danach, ganz ohne Frischmachpause) schon wieder bestieg (ich könnte mir denken, dass es zunächst nur als Spaß gedacht war, um ein wenig auf unersättlich zu machen). Ich für meinen Teil hatte eigentlich vorgehabt, ein paar von den leckeren Nougatpralinés auf dem Nachttisch zu vernaschen, um meine Batterien wieder aufzuladen – doch zu meinem Erstaunen spürte ich, wie ich praktisch auf Kommando reagierte (es erstaunt mich übrigens jedes Mal aufs Neue, wenn sich mein ältester Spielkamerad mal wieder als hartnäckiger Freiberufler behauptet, der keine Festanstellung annimmt und ausschließlich macht, wozu er lustig ist), so dass sie, als sie sich plötzlich von der Handbremse ein wenig aus dem Gleichgewicht gebracht fühlte, mit weit aufgerissenen Augen kommentierte: »Oh Mann, Vince«.
    Also, wenn der Zweck dieser Spontanaktion war, unsere spontan auf der Straße wiedergefundene Liebe am Wickel zu packen und sie möglichst zum Bleiben zu überreden (weil die Liebe, so wie sie gemacht ist, ja kommt und geht, wann sie will, und wenn sie mal wieder weg ist, bleibt uns Liebesopfern nur eines: darauf zu vertrauen, dass sie zurückkommt, und in der Zwischenzeit keinen Mist zu bauen), dann sage ich zwar nicht, dass wir das dort, in dem Hotelzimmer, geschafft hatten, aber doch fast.
    Bevor ich mich aber in die Erzählung des Zwischenfalls vertiefe, der wenig später beinahe alles zwischen uns kaputt gemacht hätte (ohne die Chance, das wieder ins Lot zu bringen), will ich aus gegebenem Anlass den Wortlaut der post-koitalen Unterhaltung wiedergeben, die losging, als die obligatorischen fünf Minuten Depression verstrichen waren, die bei ungefähr jeder Frau nach dem zweiten Orgasmus auftritt (wenn sie sich auf die Seite rollt und dir den Rücken zuwendet, als ob du ihr was getan hättest, oder katatonisch auf dem Rücken liegt und zur Decke starrt, während du worauf auch immer wartest und keine Ahnung hast, was du

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