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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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verdammt nochmal sagen sollst).
    A LE : Weißt du, was mir gerade eingefallen ist?
    I CH : Nein, kann ich zwanzig Minuten darüber nachdenken?
    A LE : Blödmann. Etwas, was mir meine Mutter vor einiger Zeit anvertraut hat.
    I CH : Ich höre mir alles an, solange ich mich dabei nicht mehr bewegen muss.
    A LE : Das wird dir gefallen.
    I CH : Kann schon sein. Du solltest es nur endlich erzählen.
    A LE : Also: Irgendwann, als sich meine Eltern zufällig auf der Straße trafen, jeder mit seinen ganz eigenen Dingen beschäftigt, wie das nach soundsovielen Ehejahren eben so ist, da verliebten sie sich wieder ineinander.
    I CH : Was du nicht sagst.
    A LE : Nein, wirklich. Und was ich dir sage, das war nicht in grauer Vorzeit, weißt du? Sie waren zu diesem Zeitpunkt schon fast fünfundzwanzig Jahre miteinander verheiratet. Jeder führte praktisch sein eigenes Leben, zu Hause kümmerten sie sich nicht groß umeinander, redeten nur das Nötigste und kabbelten sich um des Kaisers Bart – wie das eben so geht, wenn du das immergleiche Gesicht einfach nicht mehr sehen kannst.
    Na ja, und trotzdem geschah dann dieses Wunder: Sie brauchten sich nur zufällig auf der Straße zu treffen und fingen auf einmal wieder an, sich wie zwei Backfische den Hof zu machen. Mama erzählte mir, dass die Emotionen sie förmlich überrollt hätten. Plötzlich hatte sie Lust, zum Essen auszugehen, sich zum Shoppen ausführen zu lassen und das neue Kleid gleich anzubehalten, nach Hause zu kommen und sich gut miteinander zu verstehen.
    I CH : Und dein Papa?
    A LE : Der auch! Mama sagt, dass er total komisch wurde, linkisch, verlegen; er fragte sie, ob er sie begleiten dürfte, ob sie was anderes vorhätte; und wenn er irgendwelche Termine hatte, verschob er sie sofort … nur um bei ihr sein zu können … also auch bei ihm kam wieder eine anrührende Feinfühligkeit zum Vorschein, wie bei einem Verehrer, der sich davor fürchtet, dass er eine Abfuhr bekommt.
    I C H : Hoppla, deine Augen funkeln ja.
    A LE : Na ja, ich finde das nur … na ja … so was von … selten. Wie ein Segen, der nur den beiden vorbehalten ist.
    I CH : Ja, wirklich. Kam es bei ihnen denn öfter vor, dass sie sich zufällig auf der Straße trafen?
    A LE : Öfter, na ja. Es ist ein paar Mal vorgekommen, mehr nicht. Aber das war eine absolut spontane Angelegenheit, verstehst du? Sie haben sich nicht bloß ineinander verliebt, sondern sich auch wie frisch Verliebte benommen.
    I CH : Du erzählst mir also gerade, dass du und ich vorhin ein Remake davon gemacht haben, wie deine Eltern sich auf der Straße frisch ineinander verliebt haben.
    A LE : Hm, ja. So ungefähr. Aber ich habe es jetzt erst gemerkt, als ich dich vorhin auf der Straße gesehen habe, ist mir das nicht bewusst gewesen. Und … und diese Sache gefällt mir sehr. Es ist wie eine Brücke zwischen mir und meinen Eltern. Beziehungsweise zwischen uns und meinen Eltern.
    I CH : Verstehe. Tja, wenn mein Vater meine Mutter am helllichten Vormittag auf der Straße getroffen hätte, hätte er höchstwahrscheinlich nur zu ihr gesagt: ›Sind wir uns eigentlich sicher, dass Vincenzo heute zur Schule gegangen ist?‹
    Genau in dem Moment, als Alessandra Persiano – nach einer Sekunde der Verblüffung, die sie jedes Mal überkommt, wenn ich eine Schote loslasse – auflachen wollte, fiepte mein Handy und kündigte eine neue SMS im Posteingang an.
    ›Oh-oh‹, dachte ich mir.
    Wie ein Stein blieb ich auf dem Scheißbett für 190 Euro pro Nacht liegen und trat mir in Gedanken kräftig in den Hintern, dass ich schon wieder vergessen hatte, diese hinterhältige Petze aus- oder stummzuschalten, während das Profil von Alessandra Persiano kantig wurde vor Argwohn über das Indiz.
    »Eine Nachricht für dich«, sagte sie entschieden feindselig. »Noch eine.«
    »Was?«
    »Hast du nicht das Pling gehört?«
    »Ah, das Handy meinst du? Jaja.«
    »Warum guckst du dann nicht nach, wer dir schreibt?«
    »Weil ich keine Lust zum Aufstehen habe.«
    Die falsche Antwort: denn sofort, aber wirklich so, als hätte ich ihr das Stichwort gegeben, auf das sie nur gewartet hatte, sprang Alessandra auf.
    »Okay, ich hol’s dir.«
    Schnell packte ich sie am Arm.
    Ein weiterer kapitaler Fehler.
    Sie senkte ihren Blick auf meine Hand, ließ ihn dann zu meinem Gesicht hinaufwandern und fixierte es argwöhnisch.
    »Lass doch, das ist jetzt doch egal«, sagte ich, während ich versuchte, sie an mich heranzuziehen. »Es ist so schön, hier zusammen mit

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