Meine Schwiegermutter trinkt - Roman
dir auf dem Bett zu liegen.«
Bei diesem Ablenkungsmanöver muss ich aber absolut lächerlich gewirkt haben, denn sie schob sich automatisch zurück.
»Willst du vielleicht nicht, dass ich mitkriege, wer dir schreibt?«
Ich täuschte einen kleinen, schwer klassifizierbaren Lacher vor, bevor ich darauf wie ein echter Schwachkopf mit der schlimmsten aller Plattitüden antwortete.
»Was sagst du da?«
Völliges Verstummen.
Ich versuchte, ihr übers Haar zu streicheln.
Sie legte den Kopf zur Seite. (Es gibt ja bekanntermaßen verschiedenerlei Sorten von Hochnäsigkeit. Aber die, die man in Liebeshändeln an den Tag legt, finde ich am unerträglichsten.)
»Hey«, sagte ich mit einem gequälten Lächeln. »Ich wusste ja gar nicht, dass du so misstrauisch bist.«
Auf dem Bett kniend, starrte sie mich immer noch an, mit inquisitorischer Kälte und wunderbar gleichgültig über die Nacktheit ihrer prächtigen Titten, die sich jetzt wie zwei Verbotsschilder vor mir auftürmten.
Jetzt konnte ich nur noch bluffen – und das tat ich auch.
»Okay, Kommissarin Persiano: bist du bitte so freundlich und holst mir das Handy aus dem Jackett?«, flötete ich. »Und wenn du schon dabei bist, kannst du mir bitte auch gleich noch die neue Nachricht vorlesen?«
Wisst ihr, wie das ist, wenn ihr eine bestimmte Filmszene auf DVD noch einmal sehen wollt und den 32er-Suchvorlauf drückt, damit ihr schneller zu der richtigen Stelle kommt? Ja? Genau in dieser Geschwindigkeit zog jetzt mein ganzes Leben an meinen Augen vorbei, solange Alessandra Persiano abwog, ob sie nun die Vorgesetzte geben oder ob sie mich auf die Probe stellen sollte. (Ich hoffte ja auf die Vorgesetzte-Masche, damit konnte ich besser umgehen.)
»Ganz schön unreif«, japste ich erbärmlich, als sie sich kurz darauf für Variante zwei entschied.
Es fehlte nicht viel und ich hätte sie angefleht, es nicht zu tun, als sie aufstand und nach meinem Jackett griff.
Entschlossen zog sie mein Handy aus der Tasche.
Klappte den Deckel hoch.
Der Länge nach auf dem Bett ausgestreckt, fühlte ich mich bereits als toter Mann.
Weshalb ich zu halluzinieren glaubte, als ich sah, wie sie die Augen zusammenkniff, sie wieder aufriss, ungläubig die Luft anhielt und dann in schallendes Gelächter ausbrach.
»Was ist denn mit dir los?«, fragte ich und richtete den Oberkörper auf.
Sie kriegte sich überhaupt nicht mehr ein. Sie las und las und las, immer wieder, und lachte, als ob das Handy gerade eine Sitcom übertragen würde. Sie steckte jetzt in der typischen Schleife interaktiver Hypnose fest, wie sie einen befallen kann, wenn man sich so richtig einen ablacht. Kennst du das? Du prustest und keuchst dich da in was rein, und plötzlich kannst du gar nicht mehr aufhören damit. Und je länger du auf den lächerlich wirkenden Gegenstand schaust, desto mehr musst du lachen, als ob du seine Existenz einfach nicht fassen könntest und du ihn dir genau anschauen und einprägen müsstest, bevor er wieder von der Bildfläche verschwindet.
Ich musste fast schreien, damit sie mich überhaupt wahrnahm.
»Dürfte ich vielleicht auch mal erfahren, was zum Teufel so witzig ist?«
Sie antwortete mir prustend und hielt sich mit der Hand den Bauch.
»Ich … weiß es nicht … pffh … die Rufnummer zeigt keinen Namen an … hi, hi, hi!«
Sie lachte Tränen und torkelte beim Gehen. Endlich war sie bei mir und hielt mir das Handy vor die Nase.
Frag nicht warum, Filippo, aber ich muss dich heute Abend sehen. Bitte bitte komm vorbei, sobald du kannst. Egal wie spät.
Mir war, als hätte jemand die Klimaanlage bis zum Anschlag aufgedreht.
O Mann, so viel Schwein hatte ich wohl noch nie gehabt in meinem Leben! Ich konnte mein Glück kaum fassen und pries im Stillen meine Faulheit, den Namen der dämlichen Tusse nicht ins Telefonbuch eingespeichert zu haben.
(Ein letzter Blick über die Schulter. Vom Engel keine Spur. Ich war also auf der sicheren Seite.)
»Filippo?« , wiederholte ich (ziemlich stümperhaft, glaube ich, weil ich dazu auch noch ein falsches perplexes Lächeln aufsetzte; aber Alessandra Persiano war zu sehr mit ihrem Lachkrampf beschäftigt, als dass sie mir auf die Schliche gekommen wäre).
Ein bisschen musste ich selber lachen bei der Vorstellung, dass diese dumme Gans bei ihrem Versuch, mich eifersüchtig zu machen, so nach Lehrbuch vorgegangen war, dass sie ihrem erfundenen (oder meinetwegen auch ihrem echten – das war mir gerade so was von scheißegal) Lover
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