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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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sein, entschuldige die Störung.‹
    Und du (eisig, nachdem du dir alle Mühe gegeben hast, deinen Blutdruck in Schach zu halten, aber gerade dabei bist, kläglich zu scheitern): ›Bitte.‹
    Worauf sie, nach einer winzigen Bedenkpause, fragt: ›Bist du jetzt mit Renata Falci zusammen?‹
    Ein weiterer typischer Effekt der Zeit sozialen Glücks, in deren Genuss du als junger Mensch kommst: Wenn du ein Instrument (besonders Gitarre) spielst, fangen sie plötzlich an, in höchsten Tönen von dir zu schwärmen. Und wenn sie dich auf einem Instrument rumzupfen sehen (auf einer Fete etwa), setzen sich alle um dich herum und lauschen andächtig, als würdest du absolut virtuos spielen, auch wenn das Schwierigste, was du bisher hingekriegt hast, ein verminderter Akkord war (und du eine geschlagene Minute gebraucht hast, um vom vorigen aus dort zu landen). Es gibt auch immer irgendwelche Mädchen, die Unterricht bei dir nehmen wollen, obwohl du dazu überhaupt nicht in der Lage bist (du hattest ja selber nie welchen und spielst immer nur nach Gehör); du entziehst dich also bescheiden der Nachfrage, gibst aber zu verstehen, dass du natürlich könntest, wenn du wolltest.
    In diesen Phasen heilloser musikalischer Überschätzung (und der Versuchung, größenwahnsinnig zu werden) musst du unbedingt die Selbstkontrolle behalten – wenn du dich von den Schmeicheleien nämlich zu sehr beeindrucken lässt, glaubst du nach einer Weile selber, du könntest was und dass die Sachen, die du spielst, wirklich kompliziert und eben nur für dich kinderleicht sind.
    Wenn man die Musik und vor allem das gewählte Instrument respektiert, muss man sich vor so einer Art Autosuggestion wirklich in Acht nehmen, denn einer, der spielt, weiß immer, aber wirklich immer (es ist praktisch unmöglich, dass er es nicht weiß), ob das Zeug, das er spielt, was taugt oder eine vielleicht nur raffiniert gemachte Verarschung ist (und du weißt das eigentlich auch, selbst wenn du dich selber bauchpinselst). Ganz einfach deshalb, weil die Referenzmusiker ja immer da sind, um dich daran zu erinnern, wer si e sind und wer du bist, und wenn du Gitarrist bist und auf, sagen wir mal, Clapton stehst, kämst du nie, aber nicht mal im Traum auf die Idee, dass es zwischen dir und ihm vielleicht gar nicht so einen gewaltigen Unterschied gibt (die typische Selbsteinschätzung der Mittelmäßigen).
    In Phasen des sozialen Glücks mit herumscharwenzelnder Realität kann es allerdings schon mal vorkommen. Geschenkt.
    Da du jetzt mit Renata Falci gehst, sie in aller Öffentlichkeit küsst und so weiter, kommt dir irgendwann der Verdacht, dass du möglicherweise ganz gut aussiehst, und wenn du dich bis dahin noch nicht für gut aussehend gehalten hast, dann nur, weil du ein bescheidener, absolut uneitler Junge bist (aber so groß ist der Unterschied zwischen dir und James Dean dann auch wieder nicht), und allein schon die Tatsache, dass du diesem Verdacht nachgehst, hat zur Folge, dass du leiser sprichst und dich lächerlich aufführst (dass du zum Beispiel überzeugt bist, du hättest schöne Augen, weil ein Mädchen dir das gesagt hat. Lass dir aber gesagt sein, dass die Mädchen das mit den schönen Augen ziemlich oft sagen, auch wenn die betreffenden Glubscher stinknormal sind).
    Kaum redest du mit einer, setzt du auch schon einen Schlafzimmerblick auf und glaubst, du könntest sie behexen, wenn du sie anschmachtest und ihr mit dem Gesicht immer näher kommst. Und weiterhin glaubst du, dass sie gar nicht anders kann, als dich zu küssen, auch wenn du sie gerade erst kennengelernt hast. Du bist dir deines Zaubers so sicher, dass du nicht mal merkst, dass dein Verhalten an Belästigung grenzt und du dabei bist, dich absolut lächerlich zu machen (zumal du dich, weil du deine Linke für die vorteilhaftere Seite hältst, jedes Mal, wenn du mit einem Mädchen sprichst, versuchst, ihr die Seite zuzukehren. Dass diese Manie zum Problem werden kann, merkst du spätestens, wenn ihr auf einem Bänkchen Platz nehmt und sie sich rechts von dir hinsetzt, so dass du den Oberkörper unnatürlich verdrehen musst wie im Yoga. Sie wird dann nämlich recht schnell glauben, sie gefalle dir nicht, und sich fragen, warum du sie eigentlich auf das Bänkchen gelockt hast, wenn du ihr nicht mal einen Kuss gibst und du dich immerzu verdrehst, als würde dich ihre Nähe abstoßen).
    Kurzum: Auch wenn ich nicht mehr jung bin und seit geraumer Zeit nicht mehr Gitarre spiele und mit

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