Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1
Schluck trank. Das Root Beer hatte einen sanften Vanillegeschmack angenommen, und die Kohlensäure war fast vollkommen raus. Das Resultat war einfach köstlich.
»Superlecker«, sagte ich und trank noch einen Schluck.
»Sag ich doch.«
Wir teilten uns den Rest, und ich stellte das leere Glas auf einen Untersetzer auf meinem Nachtschrank. Mein Herz hämmerte wie wild, denn ich spürte seinen heißen Blick im Rücken.
»Danke«, sagte er. »Mir geht’s schon viel besser.«
»Wusste ich doch, dass du noch Hunger hattest.« Ich rückte ein Stück näher an ihn und stellte bekümmert fest, dass seine Miene wieder sorgenvoll war. »Will, bedauerst du das Ganze? Den Kampf? Dass wir den dämonischen Reaper getötet haben?«
»Nein, das ist schon in Ordnung.«
»Aber es zieht dich runter«, sagte ich. »Deshalb trägst du auch das Kreuz, das deine Mutter dir gegeben hat. Und weil du sie vermisst.«
Er schaute zu mir auf, und seine Gesichtszüge wurden weicher. »Ich glaube, du kannst dich besser in andere hineinversetzen, als ich dachte.«
Ich schenkte ihm ein warmherziges Lächeln und strich ihm übers Haar. »Nur in dich. Mir kannst du nichts vormachen, und wenn du dir noch so viel Mühe gibst.«
»Wahrscheinlich nicht.«
Mein Lächeln schwand. »Du weißt, dass es höhere Mächte und Himmel und Hölle gibt, aber du scheinst nicht sehr religiös zu sein.«
»Ich denke, Religion basiert auf Glauben«, sagte er. »Ich brauche keinen Glauben, um zu wissen, womit ich Tag für Tag fertig werden muss. Ich weiß, dass es einen Gott gibt und dass Luzifer ihn herausfordert. Ich weiß, es gibt die Gefallenen und Engel, die gegen sie kämpfen. Ich weiß, es gibt Bestien, die unschuldige menschliche Seelen in die Hölle zerren zur Vorbereitung der Apokalypse. Ich weiß, ich wurde geschaffen, um diese Bestien zu bekämpfen. Glaube hat nichts mit meiner Existenz zu tun. Aber trotzdem hast du Recht. Ich hasse es zu töten, aber ich muss es tun, weil es meine Pflicht ist. Jeder engelhafte Reaper hat die Pflicht, menschliche Seelen zu beschützen. Meine Pflicht ist es, dich zu beschützen. Ich bin ein Soldat in einem Krieg, und der einzige Unterschied zwischen unserem Krieg und denen zwischen den Menschen besteht darin, dass diese Schlacht seit Anbeginn der Zeiten geschlagen wird und bislang kein Ende in Sicht ist.«
»Warum hat deine Mutter dir ein Kruzifix geschenkt, wenn Reaper nicht religiös sind.«
Er saugte wieder an seiner Lippe, und mein Magen schlug Purzelbäume. »Meine Mutter glaubte ganz fest daran, dass wir das Richtige tun. Sie kämpfte erbittert gegen die Dämonischen, und ich glaube, durch das Tragen eines Kreuzes fühlte sie sich den Erzengeln, denen sie diente, und Gott näher. Wir sind manchmal sehr einsam und verlieren im Laufe der Jahrhunderte unsere Ziele aus den Augen. Ich glaube, es gab ihr Halt.«
»Gibt es dir auch Halt?«
» Du gibst mir Halt«, sagte er. »Und dieses Kruzifix erinnert mich daran, dass es größere Dinge da draußen gibt als dich und mich. Dass es eine Welt gibt, die darüber hinausgeht, dich zu beschützen, obwohl du alles bist, was ich wirklich kenne. Du hast mich gefragt, ob ich irgendetwas von all dem bedauere, und die Antwort ist ja, wenn ich ehrlich bin. Das Einzige, was ich jemals bedauert habe, ist, dich zu enttäuschen, dich sterben zu lassen.«
Ich streichelte weiter sein Haar und blieb stumm. Ehrlich gesagt hätte ich gar nicht gewusst, was ich sagen sollte.
»Und ja«, fuhr er fort, »ich vermisse meine Mutter.«
»Glaubst du, sie wacht vom Himmel aus über dich?«
Er erstarrte und antwortete erst nach kurzem Zögern. »Reaper haben kein Leben nach dem Tode. Himmel und Hölle sind menschlichen Seelen vorbehalten. Wenn ein Reaper stirbt, ist es das gewesen. Also, nein, meine Mutter wacht nicht über mich. Sie ist fort.«
Mein Herz schlug dumpf in meiner Brust. Traurigkeit legte sich wie eine schwere, eiskalte Decke über mein Gemüt und ließ mich erbleichen. Es war immer ein kleiner Trost für mich gewesen zu wissen, dass meine Seele nach meinem Tod in Sicherheit sein würde. Nichts machte mir so viel Angst wie die Möglichkeit, der Enshi könnte meine Seele vernichten, sodass ich nach meinem Tod verschwinden würde. Will dagegen hatte sein ganzes Leben lang gewusst, dass er, wenn er jemals getötet werden sollte, auf diese Weise enden würde. Die Beschützer, die vor ihm über mich gewacht hatten, waren alle für mich gestorben und zu nichts geworden. Will hatte
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