Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1
die ganze Zeit gewusst, dass sein ultimatives Opfer für mich ihn für alle Ewigkeit auslöschen würde, und obwohl er das wusste, riskierte er in jeder Nacht und bei jedem Kampf sein Leben für mich. Wenn er starb, während er mich beschützte und für mich kämpfte, würde er alles verlieren. Es würde keinen Himmel für ihn geben, wo er Ruhe und Frieden finden konnte. Niemals würde er irgendetwas anderes kennenlernen als Krieg und Tod und Verlust und Traurigkeit.
Wie konnte ich so selbstsüchtig sein? Warum ließ ich zu, dass er so große Risiken für mich einging? Meine Gedanken machten mich wütend auf mich selbst, weil ich immer nur an mich und meine eigenen Sorgen und Ängste gedacht hatte.
Aber er war da. Tag und Nacht war er für mich da, setzte sein ganzes Dasein aufs Spiel, um mich in einem Krieg zu schützen, der immer wieder mein Leben forderte. Er zauderte nie, geriet nie ins Wanken, fürchtete nie um seine eigene Sicherheit. Wieder und wieder wurde er geschlagen, erstochen, misshandelt und gequält, und dennoch blieb er an meiner Seite und ignorierte die Möglichkeit, dass er eines Tages für mich sterben würde. Es war nicht richtig. Ich hatte all die Opfer nicht verdient, die er mir brachte. So viel war ich nicht wert.
Ich kniete mich aufs Bett, legte die Hand an seine Wange und drehte seinen Kopf in meine Richtung. Ich streichelte sein Haar und gab ihm einen sanften Kuss auf den Mund, um mich ihm noch näher zu fühlen. Sein Kuss schmeckte nach Vanille und Zucker, warm und köstlich auf meinen Lippen. Der süße Schmerz in meinem Herzen erinnerte mich daran, wie sehr ich ihn liebte, und ich presste meine Lippen noch verzweifelter auf seinen Mund, als fürchtete ich, er könnte einfach von jetzt auf gleich verschwinden. Ich hielt eine Träne zurück, von der ich nicht einmal wusste, ob sie Freude oder Traurigkeit ausgedrückt hätte, und löste mich aus unserer Umarmung.
»Du bist wundervoll« war alles, was ich sagen konnte.
Er senkte den Blick. »Davon bin ich weit entfernt.« Er legte die Stirn an meine Schulter und ließ die Finger meinen Arm hinaufgleiten. Er drückte mich fest an sich und presste die Lippen in meine Schulterbeuge, während ich mit seinem Haar spielte. Ich biss mir auf die Lippe, um meine Tränen zurückzuhalten.
Er hob den Kopf und schaute mir in die Augen. Ich musste unwillkürlich lächeln, als ich merkte, dass ich ihn verlegen gemacht hatte. »Doch, du bist wundervoll. Du musst dich ausruhen. Mach dir ausnahmsweise mal um nichts Sorgen.«
Sein beklommener Blick wurde entspannter. »Das ist nicht meine Absicht.«
»Ich helfe dir ein bisschen«, sagte ich. Ich schlüpfte unter die Bettdecke, griff nach seiner Hand und zog ihn näher. »Leg dich neben mich. Schlaf ein Weilchen. Du musst nicht ständig da draußen in der Kälte auf dem Dach hocken. Das bist du dir selbst schuldig. Vergiss alles andere. Immer überlegst du, wie du mich am besten beschützen kannst. Jetzt möchte ich mich ausnahmsweise mal um dich kümmern.«
Er legte sich auf die Seite und schlang zaghaft den Arm um meine Taille. Ich lag ganz still da und spürte beim Einschlafen seinen warmen, süßen Atem an meinem Hals.
DREISSIG
N athaniel hatte einen Flug nach Puerto Rico über Miami für uns organisiert sowie die Luftfracht für den Sarkophag. Meine Eltern glaubten mir die Geschichte von dem Thanksgiving-Ausflug mit Kates Familie, da ich schon unzählige Wochenenden und Ferientage in ihrem Ferienhaus am See verbracht hatte. Nathaniel wollte sich diesmal nicht im Hintergrund halten, sondern uns begleiten und falls nötig unterstützen. Bislang hatte ich ihn noch nie in Aktion erlebt und war sehr gespannt. Anders als Will und ich kämpfte er nicht mit den traditionellen Schwertern. Stattdessen hatte er eine ausgeprägte Vorliebe für Feuerwaffen.
Er hatte es hinbekommen, dass die Kiste mit dem Sarkophag als archäologisches Fundstück deklariert wurde, weshalb wir sie ohne Probleme mit der Frachtmaschine befördern lassen konnten. Berechtigterweise hatte Nathaniel Bedenken, den Enshi allein zu lassen, deshalb verbarg er seine Gegenwart vor dem Bodenpersonal, indem er sich in den Limbus zurückzog. So konnte er ungesehen ins Flugzeug schlüpfen – Unsichtbarkeit erwies sich als ein weiterer ziemlich praktischer Reaper-Trick. Bis zu unserer Ankunft in der Karibik würde er den Sarkophag nicht aus den Augen lassen. Gott sei Dank mussten wir unsere Schwerter und Nathaniels Schusswaffen nicht
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