Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1
durch die Sicherheitskontrolle bringen, sonst wären wir wohl in Erklärungsnot geraten.
Am Mittwochabend landeten wir kurz nach zehn in Miami und stiegen eine Stunde später in den Flieger nach San Juan. Ich war ziemlich erschöpft, als wir gegen vier Uhr morgens endlich in unser kleines Motel eincheckten. Ich hätte eines von den schicken Hotels vorgezogen, aber Will meinte, für unsere Sicherheit und die der Einheimischen sei es besser, in einem kleinen Gebäude mit schnellem Fluchtweg zu nächtigen, für den Fall, dass Bastian Wind davon bekam, wo wir uns aufhielten. Das Motel lag in der Nähe des Flughafens in einer kleinen Seitenstraße. Es war ein bisschen heruntergekommen, in der Einfahrt sprossen Grasbüschel aus den Rissen im Asphalt. Als Nathaniels Frachtflugzeug in San Juan landete, mietete er für den Transport des Sarkophags einen Laster und parkte hinter dem Motel. Bis zum Morgengrauen würde er den Laster wie ein Schießhund bewachen, für den Fall, dass es im Schutz der Dunkelheit zu einem Angriff kommen sollte.
Will ließ mich bis elf schlafen, was nach der harten Woche und der anstrengenden Reise ein himmlischer Luxus war. Nachdem ich in der winzig kleinen Nasszelle geduscht hatte, freute ich mich darauf, nach draußen zu gehen und mir die Stadt anzusehen. Während ich mein Haar föhnte, steckte ich den Kopf aus der Tür und sah, wie Will sich über seinen Koffer beugte und sein T-Shirt auszog. Beim Anblick seines bloßen Oberkörpers schoss mir das Blut in die Wangen, und ich hätte fast weggeschaut. Fast. Er streifte ein frisches Shirt über, unter dem sich seine Bauchmuskeln deutlich abzeichneten.
»Ist Nathaniel noch draußen beim Laster?«, fragte ich.
Er drehte sich um und kam ein Stück näher. »Nein. Er hat ein Taxi zum Hafen genommen, um ein Boot zu mieten. Ich dachte, wir essen was zu Mittag, wenn er zurückkommt. In Ordnung?«
»Klingt gut«, sagte ich grinsend. »Kommt er mit ins Restaurant? «
»Nein, er bleibt beim Laster. Wir können die Kiste nicht unbeaufsichtigt lassen. Ich hab ihm aber was zu essen gebracht, bevor er losgefahren ist. Wir müssen beide vor heute Abend eine Menge essen, nur für alle Fälle.«
»Du meinst, du hast schon was gegessen?«
»Ja klar.« Sein Tonfall klang so beiläufig, als ob es das Normalste der Welt wäre, etwas zu essen, bevor man ins Restaurant geht.
»Und jetzt willst du noch mehr?«
»Ja. Na ja, ich möchte nicht, dass du siehst, wie viel ich tatsächlich esse. Davon würdest du Albträume kriegen, glaub mir.«
Ich verdrehte die Augen. »Oh, vielen Dank, dass du mir die schockierende Wahrheit ersparst über die Riesenportionen, die ihr Jungs verdrückt, wenn kein Mädchen in der Nähe ist.«
Er sah mich lächelnd an. »Du solltest mich ein bisschen ernster nehmen.«
»Und du solltest dich weniger ernst nehmen«, erwiderte ich, als er den Arm um meine Schulter legte.
Er lachte. »Bist du bald fertig im Bad?«
»Make-up.«
»Beeil dich.«
Aber den Gefallen tat ich ihm nicht. Stattdessen nahm ich mir alle Zeit der Welt und trug Wimperntusche, Eyeliner und rosigen Lidschatten auf. Es war ein sonniger Tag, und ich war in Hochstimmung. Ich verdrängte die Gedanken an später, wenn wir in See stechen würden, um den Sarkophag mit dem Enshi an der tiefsten Stelle des Ozeans über Bord zu werfen.
»Im Ernst?«, hörte ich Will vom anderen Ende des Zimmers rufen. »Sonst ist nichts zu machen? … Na schön.« Will beendete das Gespräch und strich sich ärgerlich das Haar aus der Stirn.
»Was gibt’s?«, fragte ich und gab etwas Lipgloss auf die Lippen.
»Nathaniel hat ein Fischerboot gefunden, das wir mieten können«, erwiderte er ungeduldig. »Das Dumme ist, dass wir’s erst nach fünf kriegen können. Niemand anders wollte uns so weit rausfahren lassen. Was machst du eigentlich da drinnen? Du brauchst ja eine Ewigkeit.«
»Make-up!«, wiederholte ich und trug eine unnötige Schicht Lipgloss auf, nur um ihn zu ärgern.
»Machst du dir keine Sorgen, dass wir erst so spät loskommen? «
»Na ja. Fünf Uhr geht doch noch«, entgegnete ich. »Die Sonne geht doch erst später unter. Vor sieben bestimmt nicht.«
Er schüttelte den Kopf. »Bis zum Milwaukeetief sind es etwa achtzig Meilen.«
»Na und? Das ist doch nicht weit. Das schaffen wir doch in einer Stunde, oder?«
»Ellie, wir fahren doch nicht mit dem Auto, sondern mit einem riesengroßen, alten Fischkutter. Wenn wir Glück haben, macht der gerade mal fünfzehn
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