Meine Seele weiß von dir
Monikas Armen, an das geschwollene Auge, das sie einmal gehabt hatte.
Panik griff mir ans Herz. Sie breitete sich wie ein schnell wirkendes Gift in meinem Körper aus. Rasch schätzte ich den Abstand zwischen uns ab und kam zu dem Entschluss, dass ich es schaffen könnte, vor ihm davonzulaufen, vielleicht zu Henning rüber, da wäre ich in Sicherheit.
Ich wirbelte herum und rannte los.
Rick, von meinem Fluchtversuch offenbar völlig überrascht, fluchte. „Du machst mich wahnsinnig!“, keuchte er hinter mir. „Ich könnte dich umbringen, kapierst du das?“ Und mit seinen langen Beinen holte er rasch auf. „Ich bring dich um!“, brüllte er.
Ich kam nur wenige Schritte weit, da streckte er bereits eine Hand nach mir aus, erwischte jedoch nur mein Bikinioberteil, das dem Zerren nicht standhielt und zerriss.
Ich kam wieder frei, drehte mich aber nicht zu ihm um, sondern lief weiter, um den Pool zwischen uns zu bringen. Ich drosselte mein Tempo, damit ich nicht auf den Kacheln ausglitt. Erst als sich ein Schmerz wie eine Speerspitze durch meinen Schädel bohrte, blieb ich abrupt stehen.
Hendrik hatte einen Stein nach mir geworfen, wurde mir klar. Es musste einer dieser großen, weißen Eierkiesel gewesen sein, die als Rasenbegrenzung fungierten , mit dem er mich am Hinterkopf getroffen hatte.
Ich schrie.
E inen hohen, schrillen, kurzen Schrei wie von einer Trillerpfeife.
Ich glaube, Ben hörte mich, denn er hat wie verrückt gebellt. Ich wollte nach ihm rufen und nach Henning, der versuchte, seinen Hund zu beruhigen. Aber es kam einfach kein Ton heraus. Meine Zunge fühlte sich geschwollen und unbeweglich an.
Plötzlich sah alles so aus, als wenn es sich rasend schnell von mir fort bewegte und gleichzeitig dunkler wurde, bis da nur noch eine Finsternis war, vor der ich mich fürchtete.
Ich fiel.
Ich fiel, schlug hart mit der Schläfe gegen den Beckenrand und stürzte benommen in den Pool. Hilfesuchend streckte ich eine Hand aus, aber da war niemand und ich konnte Rick nicht sehen.
Wieder hörte ich Ben kläffen und Henning rief, ob alles in Ordnung sei – doch ich brachte noch immer keinen Ton heraus, und sobald ich den Mund öffnete, drang Wasser hinein. Ich konnte mich kaum bewegen, sondern patschte halb ohnmächtig im Wasser herum. Mit einem winzigen Teil meines verlöschenden Verstandes registrierte ich, dass Rick verschwunden war.
Ich war allein – und ich wollte nicht sterben, nicht ertrinken, nicht wie Jenni enden - das nicht! Aber mir dröhnte der Schädel und die Wirkung der Tabletten lähmte mich.
Das sternenübersäte Wasser plätscherte, der Himmel wölbte sich unendlich weit und unendlich tief über mir.
Ich sank.
Das Wasser war schwarz, kalt und schmeckte durchdringend nach Chlor. Ich versank. Ich versank und konnte nichts dagegen tun .
Es drang durch meine Kehle, die Nasenlöcher und in meine Ohren. Der unglaubliche Druck brachte meine Trommelfelle zum Platzen. Blauweiße Lichtblitze zuckten in meinem Hirn und vor meinen Augen. Es tat weh zu ertrinken, so schrecklich, schrecklich weh! Überall, am ganzen Körper. In meinem Kopf. Im Hals. Hinter den Rippen. In den Lungen. Im Bauch. Ja, sogar in den Kammern meines Herzens.
Ich hatte keine Kraft. Ich hing einfach bewegungslos in der Schwebe; ein Empfinden, als wäre ich aus aufgeweichtem Brot und mein Fleisch würde sich bröckchenweise von den Knochen lösen und durch das Nass davontreiben und nach oben steigen, an die frische, klare Luft, weg vom Tod - hin zum Leben.
Im nächsten Augenblick meinte ich, in rasender Geschwindigkeit abwärts in einen unendlich tiefen Schacht gezogen zu werden. Mir wurde schwindelig, dann explodierte eine grelle Supernova hinter meiner Stirn, gefolgt von alles verschlingender Dunkelheit.
Es wurde still.
Ganz, ganz still.
Und dann eine Stimme, die die Lautlosigkeit zerschnitt und grimmig forderte: „ Atme, verdammt nochmal, atme!“
Ein klatschnasser Fremder, der aussah wie Antonio Banderas, beugte sich über mich, bewegte meine Arme rhythmisch, drückte sie gegen meinen Brustkorb und verlangte weiterhin, dass ich atmen sollte – was ich auch versuchte.
Ich würgte. Wasser strömte aus meinen Lungen und meinem Magen. Ich erbrach.
Antonio Banderas schien sich eigenartigerweise darüber zu freuen, dass ich seine Hose mit Erbrochenem durchtränkte, denn er zog mich an sich, lachte und wiegte mich in seinen Armen. Mit zitternden Fingern strich er mir das nasse Haar aus dem Gesicht, nannte mich
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