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Meine Seele weiß von dir

Meine Seele weiß von dir

Titel: Meine Seele weiß von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwigs
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versuche, dieses unliebsame Schlüsseldetail zu verdrängen.
    Plötzlich sitze ich auf einem Hocker und betaste die Werkzeuge. Ich weiß ganz genau, dass ich das millimeterdünne Silberblech zur Anfertigung der Zargen benötige, in welche die Mondsteine gefasst werden. Ebenso das Lot.
    Ich weiß auch, dass ich den Fasshammer, den Anreiber und den Kugelfräser brauche, stets einen Flachstichel der Größe vier verwende und zur Halterung der Steine die Kittkugel nehme. Außerdem weiß ich, wie all diese Werkzeuge und Dinge heißen!
    Also mache ich mich daran, die letzten Mondsteine einzufassen.
    Die Arbeit nimmt mich auf Anhieb gefangen. Sie lässt keinen Raum für etwas anderes. Es geht wie von selbst und es macht unglaublich viel Freude! Stunden vergehen buchstäblich wie im Flug. Als ich das Schmuckstück am Ende mit einem weichen Tuch poliere, bin ich mehr als bloß zufrieden. Nur widerstrebend lege ich es zur Seite.
    Obwohl Sonntag ist, nehme ich die Karteikarte und rufe Herrn Helin an. Der Anrufbeantworter schaltet sich ein. Nachdem eine wohlklingende Männerstimme ihr „Hinterlassen-Sie-eine-Nachricht-ich-rufe-zurück“ - Angebot kundgetan hat, tue ich genau das. Dabei überlege ich, ob mir die Stimme bekannt vorkommt. Ich kann es einfach nicht sagen.
    Nachdem das Telefonat erledigt ist, empfinde ich Stolz und eine tiefe innere Befriedigung. Ich nehme wieder Einfluss auf mein Leben, mache das Beste aus der Situation.
    Außerdem ist es wunderbar, auf das Werk meiner Hände zu schauen, etwas geschaffen zu haben. Die Herausforderung, es künftig wieder zu tun, das Streben nach Anerkennung werden mich aufs Neue motivieren. Das weiß ich einfach.
    Damit besitze ich zwei sehr wertvolle Dinge, wie ich finde. Zum einem habe ich wunderbarerweise nichts von meinem künstlerischen und handwerklichen Können und Wissen verloren .
     
     
    Z um anderen ist da die Liebe zu meinem Mann, die ich zweifellos in mir trage.
    Alles Weitere wird sich finden.
     
    Am Montag stehe ich sehr früh auf, ziehe Sportzeug und Turnschuhe an und mache einen Waldlauf. Zuerst bewege ich mich ungelenk. Ich keuche und finde es sehr anstrengend. Doch als meine Muskeln allmählich warm werden und ich in meinen Lauftakt gefunden habe, bereitet es mir Vergnügen, allein durch die Natur zu streifen und alles hinter mir zu lassen.
    Ich versuche, die letzten misslichen Gefühle abzuschütteln und nicht an mein Baby zu denken, das nicht geboren werden durfte. Denn dieser Gedanke schnürt mir regelrecht die Luft ab.
    Ich reiße mich zusammen, verfalle in einen leichten Trab und biege auf den bogenförmigen Pfad zur Freyalinde ein. Der Waldboden unter meinen Füßen ist angenehm elastisch. Auf der Lichtung steigt Morgennebel in dunstigen Schwaden auf. Die ersten Sonnenstrahlen blitzen fahl durch die Zweige. Die Luft auf meinen bloßen Armen und Beinen fühlt sich frisch an, ist aber nicht der Grund dafür, warum sich meine Körperhärchen aufstellen. Zuerst auf den Armen, danach im Nacken, von wo aus plötzlich ein warnendes Kribbeln mein Rückgrat hinunterrieselt.
    Ich fühle mich beobachtet. So, als wenn gleich jeden Moment jemand aus den Nebeln auftaucht. Als ich die Umgebung mit meinen Augen absuche, entdecke ich niemanden. Es gibt nur den Widerhall meiner Schritte und meine Atemzüge, die mir wie ein Echo folgen.
    Doch dann, ein Irrtum ist ausgeschlossen, höre ich etwas: Jemand läuft hinter mir, noch verborgen hinter der Biegung des Waldweges. Jetzt taucht eine Gestalt auf. Ein athletischer Mann kommt mit weitausholenden Schritten auf mich zu.
    Das jagt mir einen Höllenschrecken ein. Instinktiv erhöhe ich mein Tempo – und er, er tut es mir nach. Mein Herz, die Lunge, meine Beine - mein ganzer Körper arbeitet fast wie eine Dampfmaschine. Trotzdem wird der Abstand zwischen mir und dem Verfolger schnell kürzer.
    Der Kerl ruft irgendwas, ich kann es nicht verstehen und es ist mir auch egal. Ich laufe einfach weiter, ohne mich umzudrehen, um ja keine Zeit zu verlieren: vorwärts, vorwärts, vorwärts – da packt er meinen Arm, was mich abrupt zum Stehen zwingt.
    „He, Sina-Mareen! Beruhige dich doch!“ Der Mann lacht verunsichert. Er hebt beschwichtigend eine Hand. „Beruhige dich!“, wiederholt er eindringlich. „Alles klar? Hm? Ich bin’s bloß. Wie schön, dass du wieder da bist.“
    Er zieht mich an sich. Es ist eine innige Umarmung, nach der er sich zu mir herabbeugt, um meinen Scheitel zu küssen.
    Mein Körper schlottert noch wie ein

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