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Meine Seele weiß von dir

Meine Seele weiß von dir

Titel: Meine Seele weiß von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwigs
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ich telefonierte mehrmals mit meiner Schwester. Leider waren es nur kurze, eilige Gespräche zwischen Himmel und Erde, weil Lisa einen Flug nach Singapur begleitete .
    An einem dieser Tage hatte ich einen Termin bei Doktor Bornfeld und war erleichtert, wie sachlich sie während der Untersuchung vorging.
    „Aus medizinischer Sicht kann man kaum etwas gegen eine Fehlgeburt in den ersten Schwangerschaftswochen tun, Frau Hohwacht“, sagte sie unverhohlen. „Gerade bei einem Spontanabort stirbt der Keimling schon frühzeitig ab; wahrscheinlich war er nicht richtig angelegt. Ich weiß , das wird Sie jetzt vermutlich nicht trösten, und ich hoffe, Sie empfinden es nicht als herzlos: Aber manche Frauen sind äußerst empfindlich. Ihr Körper merkt sofort, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist; und dann nimmt sehr häufig die Natur ihren Lauf und bricht die Schwangerschaft ab. Sie sind jung genug und gesund - Sie werden wieder schwanger werden. Da bin ich sicher.“
    Erstaunlicherweise tröstete es mich doch. Ein bisschen zumindest. Und entgegen ihren Befürchtungen empfand ich es keineswegs als herzlos, was sie sagte. Schweigend lag ich auf dem gynäkologischen Stuhl und beobachtete Doktor Bornfeld während der gesamten Untersuchung. „Der Eingriff ist gut verlaufen und heilt sehr sauber ab. Meine Großmutter würde sagen, dass Sie vorzügliches Heilfleisch haben, Frau Hohwacht.“
    Sie tätschelte aufmunternd meinen Oberschenkel. „Es befindet sich kein Schwangerschaftsgewebe mehr in der Gebärmutter.“ Sie zog sich die Handschuhe aus und sagte, dass die Blutungen acht bis zehn Tage nach dem Eingriff aufhören sollten. „Sie lassen ja bereits stark nach. Wenn sie nach zwei Wochen nicht vollständig abgeklungen sind, kommen Sie bitte wieder.“
    Als ich die Praxis verließ, regnete es. Es waren kleine, harte Tropfen, die auf mich herabprasselten, als wollte mich jemand steinigen. Sie ließen mich frösteln. Ich zog den Kopf ein, schlug den Mantelkragen hoch und lief zu meinem Wagen. Meine Stimmung war ebenso trübe, grau und kalt wie das Wetter.
    Ich bog bereits in unsere Zufahrt ein, als ich mir überlegte, zu einem Raumausstatter zu fahren, um einen neuen Teppich auszusuchen.
    Es war ein echter Glücksfall, dass der Mann für denselben Tag zwei Teppichleger schicken konnte, weil ein Auftrag ausgefallen war. Als ich mir Stunden später den Korridor anschaute, fühlte ich mich wie erlöst: keine Flecken mehr, die mir wie bösartige Karzinome in die Augen sprangen. Stattdessen ein sauberes, sanftes Schimmern in Pfirsichtönen und der Geruch sauberer Wolle.
     
    Leander kam bereits das zweite Wochenende in Folge nicht nach Hause. Ich erhielt auch keine weiteren Anrufe oder E-Mails. Lediglich eine knappe SMS, wie zuvor schon einmal, die sich von der ersten nur dadurch unterschied, dass sie eine eventuelle Ankunftszeit enthielt: Komme nächsten Dienstag.
    Am Freitag traf ich mich wieder mit Heiko.
    Die Tage davor hatte ich mich mit einem Magen-Darm-Virus herausgeredet, weil ich körperlich und seelisch in keiner guten Verfassung gewesen war und fürchtete, ihm gegenüber meine Maskerade nicht aufrechterhalten zu können.
    Jetzt war ich unendlich erleichtert, dass auch er noch nichts von Krümels Existenz geahnt hatte.
    Wie gut, dass ich letztlich auf Doktor Bornfelds Rat gehört und es nicht jedermann gesagt habe . Das ersparte mir jetzt, darüber zu reden.
    Ich war zehn Minuten zu früh an unserem Treffpunkt. Später fragte mich Heiko, was ich heute Morgen in meinem Kaffee gehabt hätte. Ausnahmsweise lief nämlich er in meinem Schatten und geriet sogar ein bisschen aus der Puste, als wir nebeneinander die letzten Meter zurücklegten.
    Ich zwang mich zu einer unbeschwerten Antwort und feixte: „Du wirst eben alt. Bald werden dir die Haare ausgehen.“
    Bestürzt blieb er stehen und betastete seinen Kopf. „Findest du, dass mein Haar dünner geworden ist?“
    Gegen meinen Willen musste ich lachen. „Nein! Das war bloß ein Spaß.“
    Skeptisch schaute er mich an.
    „Wirklich, Heiko!“
    Wir setzten uns wieder in Bewegung.
    „Obwohl ...“, fuhr ich fort, und ließ den Satz absichtlich in der Schwebe.
    „Ja?“
„Vielleicht solltest du nicht zu schnell laufen.“
    „Weshalb? Wegen meiner alten Knochen?“, fragte er ironisch.
    „Nein! Wegen deiner Haare. Wer weiß , wie viele es dir dabei wegweht.“
    Schadenfroh erhöhte ich das Tempo und legte einen beeindruckenden Endspurt hin.
    Heiko wunderte sich, dass ich

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