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Meine Tiere, mein Leben

Meine Tiere, mein Leben

Titel: Meine Tiere, mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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Kerl hier aufnehmen?«, fragte ich den Farmer.
    Die Zweifel standen ihm ins Gesicht geschrieben. »Na, ich weiß nicht – er ist ein bisschen alt. Fast zwei Wochen, und sie wollen doch Neugeborene.«
    »Aber sollten wir es nicht wenigstens versuchen? Sollten wir nicht den alten Trick ausprobieren?«
    Rob grinste. »Na gut, gibt nichts zu verlieren. Überhaupt ist der kleine Schlucker ja kaum größer als ein Neugeborenes. Ist nicht so schnell gewachsen wie die anderen.« Er zog sein Taschenmesser heraus, häutete rasch eines der toten Lämmer und band das Fell auf Herberts Rücken und um seine hervorstehenden Rippen fest.
    »Armer kleiner Schlucker, ist ja nichts dran«, murmelte er. »Wenn das hier nicht klappt, wird er gefüttert.«
    Fertig präpariert wurde Herbert auf die Wiese gestellt, und das Lamm, resolutes kleines Kerlchen, das es war, schlüpfte direkt unter das kranke Schaf und begann zu saugen. Er schien nicht viel Erfolg zu haben, denn er versetzte dem Euter einige energische Stöße mit seinem robusten kleinen Schädel; danach fing der Schwanz an zu rotieren.
    »Ein paar Tropfen gönnt sie ihm jedenfalls«, lachte Rob.
    Herbert war einer, den man einfach nicht ignorieren konnte, und trotz seines geschwächten Zustands wandte das Mutterschaf den Kopf, um das kleine Ding zu betrachten. Unverbindlich beschnüffelte es das aufgebundene Fell, dann, nach einigen Sekunden, folgten wenige rasche Lecker und der Hauch eines tiefen vertrauten Glucksers.
    Ich packte langsam meine Sachen zusammen. »Ich hoffe, es klappt«, sagte ich. »Die beiden brauchen einander.« Als ich ging, war Herbert in seinem neuen Mäntelchen immer noch zugange.
     
    In den folgenden Wochen hatte ich meinen Mantel kaum je an. Die Flut von Lämmern hatte ihren Höhepunkt erreicht, und meine Arme verschwanden täglich mehrere Stunden in Eimern heißen Wassers in allen Ecken des Bezirks – in Verschlägen, in dunklen Winkeln von Farmhäusern oder oft auch auf offenem Gelände; die Farmer von damals fanden den Anblick eines Tierarztes, der eine Stunde lang in Hemdsärmeln im Regen kniet, nicht weiter störend.
    Einmal noch hatte ich bei Rob Benson zu tun. Mit einem Mutterschaf, dessen Gebärmutter nach dem Lammen vorgefallen war.
    Nach der Behandlung trottete das Schaf ganz gelassen mit seiner Familie davon, um sich der rasch wachsenden Herde, die rings um uns her lärmte, anzuschließen.
    »Da!«, rief Rob. »Da ist das Schaf mit Herbert. Rechts lang – mitten in dem Haufen dort.« Für mich sahen sie alle gleich aus, für Rob jedoch, wie für alle Schäfer, waren sie so unterschiedlich wie Menschen, und so konnte er diese beiden mühelos ausmachen.
    Sie befanden sich am oberen Ende des Feldes, und da ich sie nur genauer ansehen wollte, trieben wir sie in eine Ecke. Das Mutterschaf stampfte besitzergreifend auf, als wir näher kamen. Herbert, der sein Wolljäckchen abgelegt hatte, hielt sich dicht an der Seite seiner neuen Mutter. Er sah, so fand ich, ein wenig feist aus.
    »Verkümmert wäre jetzt nicht mehr der richtige Ausdruck, Rob«, sagte ich.
    Der Farmer lachte. »Nee, das alte Mädchen hat einen Beutel wie eine Kuh, und Herbert kann sich frei bedienen. Bei Gott, der kleine Racker lebt in Saus und Braus, und ich schätze mal, er hat der Mutter das Leben gerettet – sie hätt bestimmt aufgegeben, aber als er mal da war, hat sie keinen Moment mehr zurückgeguckt.«
    Ich ließ meinen Blick über die lärmenden Hürden schweifen, die Hunderte von Schafen, die über die Weiden liefen. Dann wandte ich mich dem Farmer zu. »Ich fürchte, Sie haben mich in letzter Zeit viel zu oft gesehen, Rob, und ich hoffe, heute war das letzte Mal.«
    »Jaja, könnt schon sein. Wir kommen jetzt gut zurecht... aber das Lammen ist schon ‘ne höllische Zeit, was?«
    »Allerdings. So, nun überlasse ich Sie Ihrem Schicksal.« Ich drehte mich um und stieg die Böschung hinab; meine aufgerauten Arme scheuerten gegen den Hemdstoff, der ewige Wind, der durch das Gras fuhr, peitschte meine Wangen.
    Am Gatter hielt ich inne und blickte zurück über die weite Landschaft, zerfurcht und geädert vom Schnee des letzten Winters, und auf die dunkelgraue Wolkenwand, die der Wind herüber trieb.
    Ihr folgten leuchtend blaue Seen, und binnen Sekunden wurden Felder, Mauern und Wälder lebendig; von der Sonne geblendet schloss ich die Augen.
    Während ich dort stand, drang der ferne Tumult schwach zu mir herab, die wirre Harmonie aus tiefen Bässen und schrillen

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