Meine Tochter Amy (German Edition)
einsehen, dass Amy ebenso wie Blake das Zeug nahm. Ich sah mich nach Hinweisen auf mehr Drogen um, fand jedoch nichts.
Mir war plötzlich übel. Unsere ganze Welt war auf den Kopf gestellt. Sollte ich Amy zur Rede stellen? Wie sollte ich mit ihr sprechen? Würde sie zuhören? Amy hatte schlimme Sachen mit Alkohol erlebt, aber Crack? Das erschien irgendwie undenkbar.
Inzwischen hatte sich Amys Zusammenbruch rumgesprochen, das Hotel wimmelte von Reportern, daher beschloss ich, erst zu Hause mit Amy zu sprechen. Die Reporter bekamen nichts von uns zu hören, aber Blakes Mutter Georgette sprach an diesem Tag zu Hause mit der Presse und sagte, wir sollten Amy und Blake in Ruhe lassen. Amys Freundinnen, die Amy ihr Leben lang kannte, nannte sie „Mitläufer“.
Am Freitag hatte Jane Geburtstag. Nach der Arbeit kam sie ins Hotel, um das Wochenende mit uns zu verbringen. Blakes Mutter und sein Stiefvater Giles waren ebenfalls aus Newark, Lincolnshire, angereist. Raye und ich hat-ten sie gebeten zu kommen, um über die Drogenspuren zu sprechen, die wir im Zimmer gefunden hatten und die Amy im Blut hatte.
Als wir zusammensaßen, entschuldigte sich Georgette nicht für ihr „Mitläufer“-Zitat. Wir sahen uns zum ersten Mal, und schon hatte sie mich beleidigt. Im Gespräch bemerkte ich, wie wenig sie von Blakes Drogenmissbrauch wussten. Sie waren überzeugt, es sei Amy gewesen, die Blake auf Drogen gebracht hatte. Ich und Amys Freundinnen wussten, dass das nicht wahr war. Wir werden kaum etwas erreichen, dachte ich, wenn wir nicht alle auf einer Seite waren.
An diesem Abend aßen wir in einem privaten Speisezimmer. Amy saß am einen Ende des Tischs, Georgette am anderen. Georgette wedelte ständig mit einer Designertasche nach Amy. „Uuh, schau nur, die schöne Tasche, die du mir gekauft hast …“, sagte sie dazu.
Was war mit ihr los? Sie hatte soeben erfahren, dass ihr Sohn drogensüchtig war, und alles, was sie interessierte, war eine Handtasche. Sie und ihr Mann blendeten die Probleme ihres Sohns komplett aus, und das blieb den ganzen Abend so. Es war das erste Mal, dass ich die Civils traf: Ich fand sie widerlich.
Am nächsten Morgen kam Raye, und wir frühstückten zusammen auf der Terrasse. Amy, Jane, Georgette und Giles saßen einen Tisch weiter. Ich ging zu ihnen rüber, schlug Giles ein Gespräch unter vier Augen vor und erzählte ihm von der Alufolie, die ich in Amys und Blakes Zimmer gefunden hatte. Er antwortete, er glaube mir nicht. Er denke nicht, dass Blake was damit zu tun habe. Ich gab ihm zu verstehen, dass er sich selbst betrüge, was seinen Stiefsohn angehe. Aber er blieb unerschütterlich: Alles sei Amys Schuld.
Die Diskussion wurde hitzig, ich vergaß die Reporter im Hotel und verlor die Fassung. Wir brüllten uns an. Es war ein surrealer Moment: Im Hotel fand eine Hochzeit statt, und während ich mit Giles auf der Terrasse stritt, sah ich die Gäste ankommen. Zum Glück kam Raye raus, legte mir die Hand auf die Schulter und sagte leise: „Beruhig dich, Mitch, beruhig dich.“ Das tat ich. Aber ehrlich gesagt war ich so wütend auf Giles, dass ich am ganzen Leib zitterte.
Vor dem Frühstück hatte ich Amys Arzt, Paul Ettlinger, angerufen und ihn gebeten, zu kommen und sie noch mal durchzuchecken. Nach der Untersuchung schlug er vor, Amy und Blake sollten einige Zeit im Causeway Retreat verbringen, einer Suchtklinik auf der Insel Osea in Essex.
Die Insel liegt an der Mündung des Blackwater, vor der Küste bei Malden, und ist nur etwa eine Stunde am Tag über eine Dammstraße zu erreichen. Wenn man mal da ist, sitzt man fest – zumindest bis zum nächsten Tag. Ettlinger erklärte, das Causeway sei so gut wie unzugänglich. Genau das, was wir brauchten, besonders nach der letzten Nacht, als Blake Drogen ins Hotel hatte bringen lassen. Ich wollte Amy unbedingt helfen und war sofort einverstanden.
Natürlich wollte sie nicht hin, aber anders als bei ihrem letzten Entzugsversuch blieben wir diesmal hart. „Hör zu“, sagte ich, „du fährst da hin. Du bist drogensüchtig, und damit basta.“
Ich war wütend auf sie, und sie wusste das. Sie suchte Unterstützung bei Blake, aber ich bestand darauf, dass beide hingingen.
Noch am selben Tag fuhren Raye und ich Amy und Blake zum Battersea-Heliport. Ein Hubschrauber brachte sie dann nach Osea Island. Bevor Blake in den Helikopter stieg, nahm er mich beiseite. Was er sagte, schockierte mich so, dass ich es wörtlich in meinem Tagebuch festhielt:
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