Meine Tochter Amy (German Edition)
durchdrehen würde, wenn sie die Geschichte erfuhr.
Ein paar Tage danach rief mich Amy aus St. Lucia an – betrunken. Sie hatte die News of the World wohl nicht gesehen, weil sie davon sprach, was sie Blake zum Geburtstag, der in zwei Tagen anstand, schenken sollte. Tags darauf war sie erneut betrunken, ebenso wie einige weitere Tage. Als schließlich Andrew aus St. Lucia anrief, wusste ich, dass wirklich was los war: Amy sei im Krankenhaus, weil es ihr nach tagelangem exzessivem Alkoholkonsum schlecht gehe.
Seltsamerweise bedeutete dies einen weiteren Wendepunkt. Sie trank zwar nicht weniger (obwohl ich wünschte, sie hätte), aber von da an ging sie immer ins Krankenhaus, wenn sie sich schlecht fühlte. Als sie noch Drogen nahm, war es fast unmöglich, sie in eine Klinik zu kriegen, jetzt ging sie plötzlich freiwillig. Am nächsten Tag rief sie an und wirkte wohlauf. Ich fragte mich, ob sie vielleicht deswegen ins Krankenhaus gegangen war, weil sie dort nicht an Alkohol kam. Vielleicht war das ihre Methode, sich am Trinken zu hindern. Ein paar Tage darauf war sie wieder draußen, dafür war nun Tyler mit Alkoholvergiftung eingeliefert worden.
Raye flog nach St. Lucia, um die Sache zu regeln. Sosehr ich selbst hinwollte – es ging nicht. Ein paar Monate zuvor hatte mich die unabhängige Produktionsfirma Transparent Television wegen einer Dokumentation über Familien mit Suchtproblemen angesprochen, die auf Channel 4 laufen sollte. Sie fragten, ob ich die Sendung moderieren wolle. Jazz Gowans und Richard Evans erläuterten mir bei einem Treffen, es gehe nicht speziell um Amy; ich sollte Familien über ihre Erfahrungen im Umgang mit süchtigen Verwandten befragen. Das kam mir entgegen, weil mir daran gelegen war, dass die Öffentlichkeit von den Leiden und Zwangslagen erfuhr, mit denen solche Menschen leben müssen. Ich sagte zu.
Raye hielt mich über Amy und Tyler auf dem Laufenden. Seit sie sich kannten, glichen die beiden einander wie ein Ei dem anderen. Ich hatte das immer für eine gute Sache gehalten, aber vielleicht hatte ich mich geirrt.
Gegen Ende April 2009 flog ich nach St. Lucia, mit Jazz und Richard, die mich dort filmen wollten. Ich traf zufällig auf Tyler, der nach Hause flog. Er war ausgemergelt und blass – der Alkohol hatte deutliche Spuren hinterlassen. Er war immer noch ein gut aussehender Kerl, aber sein Anblick machte mir Kummer, und das sagte ich ihm. Amy freute sich, als ich in der Villa eintraf, war jedoch ziemlich angesäuselt. Im Lauf des Tages wurde sie immer betrunkener. Ich sah sie jedoch nicht trinken, daher vermutete ich, sie habe einen Geheimvorrat.
Immer wenn sie trank, geriet sie in Schwierigkeiten. In der Ferienanlage beschimpfte sie ein britisches Paar, das mit ihr für ein Foto am Strand posieren wollte. Abends war ich so niedergeschlagen, dass ich ihre Nähe nicht ertrug. Mir war klar, dass sie eine Sucht durch die nächste ersetzt hatte. Stattdessen verbrachte ich den Abend mit Andrew, Anthony und Neville, den Securityleuten, die alle mit Amy nach St. Lucia gekommen waren. Wir diskutierten ihr Alkoholproblem. Sie meinten, sie könnten wenig tun, um sie davon abzuhalten, versicherten mir jedoch, sie seien immer bei ihr und hätten sie schon mehrmals aus üblen Situationen gerettet.
In der Woche darauf sollte Amy beim St. Lucia Festival auftreten. Ich kehrte nach London zurück, traf Raye und sagte ihm, ich bezweifelte, dass Amy dort spielen werde. Raye, der auf dem Weg nach St. Lucia war, meinte, er werde die Lage prüfen und den Gig notfalls absagen.
Zu dem Open-Air-Festival kam Amy dann zwar nüchtern, dafür gab es andere Schwierigkeiten, die ausnahmsweise nichts mit Drogen und Alkohol zu tun hatten. Zum einen regnete es in Strömen, was zu technischen Problemen führte. Zudem sang Amy vier Lieder und sagte dann, sie habe genug – es langweile sie, immer dieselben alten Songs zu singen.
Das überraschte mich, aber als ich ihr zuhörte, begann ich zu ahnen, dass mehr dahinter steckte. Amy war wie gesagt auf der Bühne nicht eben selbst-bewusst und sicher; wenn etwas schiefging, sie etwa einen Text vergaß, geriet sie völlig aus der Bahn. Raye zufolge war genau das passiert. Amy fiel der Text zu einem ihrer Songs nicht mehr ein, sie hörte zu singen auf, die Band fing den Song von vorne an, und das brachte sie ganz raus. Dann öffnete der Himmel seine Schleusen, und Raye wischte die Bühne trocken. Er fürchtete dennoch, dass jemand einen elektrischen Schlag
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