Meine Tochter Amy (German Edition)
abbekommen könne, und sagte zu Amy, sie solle runterkommen. Das tat sie auch ganz brav. Ich schätze, nach dem Aussetzer mit dem Text war sie darüber recht froh.
Sie klang okay, als ich später anrief. „Ich habe seit zwei Tagen nichts getrunken, Papa. Bist du nicht stolz auf mich?“
Doch, antwortete ich. Dann meinte sie, sie sei glücklich, dass Blake sich scheiden lasse. „Ich will einen Neuen kennenlernen, Papa. Ich will mich wieder verlieben, wieder heiraten und Kinder haben – viele Kinder.“
„Das ist schön, Schatz. Und was ist mit deiner Musik?“
So sehr mir ihre Fantasievorstellung gefiel – mehr war es momentan eben nicht. Ich wusste, dass sie Blake nicht überwunden hatte – noch nicht. Jetzt war es für sie besser, sich aufs Schreiben und Singen zu konzentrieren. Alles andere würde sich schon ergeben.
„Ja, das will ich auch“, erwiderte sie. „Ich will neue Sachen singen.“
Raye hatte eine Brasilientour vorgeschlagen, aber nach dem Festival meinte er, daraus könne nur was werden, wenn Amy neue Lieder hatte. Die Songs von Back To Black , außer „Rehab“, machten sie nach wie vor traurig. Als ich Raye berichtete, was Amy über die Scheidung gesagt hatte, und meinte, sie sei endlich über Blake hinweg, zeigte er sich überrascht. Sein Eindruck war, dass sich in dieser Hinsicht nichts geändert hatte. Ihr mentaler Zustand änderte sich wie üblich von Tag zu Tag – alles hing davon ab, an welchem Tag man mit ihr sprach.
Unsere Meinungen darüber, wie Amy zurechtkam, gingen auseinander, aber zweifellos ging es ihr auf St. Lucia gut, und die Berichte der Security-leute machten Hoffnung. Sie trank immer noch, aber nicht mehr jeden Tag und nie bis zum Delirium. Die Zeitungen berichteten weiterhin darüber; es war zwecklos, denen zu erklären, dass sie jetzt weniger trank.
Und sie verbrachte viel Zeit im Fitnessstudio; das viele Training war meiner Meinung nach enorm hilfreich. Wenn wir miteinander sprachen, bekräftigte sie, dass sie Blake nie wieder sehen wolle, und das war natürlich genau, was ich hören wollte. Für einige Tage kamen ein paar Freunde von ihr auf die Insel. Amy sagte mir, sie habe sich sehr gut mit ihnen amüsiert, das Trinken eingeschränkt, und dadurch fühle sie sich viel besser. Das Subutex erfüllte derweil seinen Zweck: Sie hatte keinerlei Entzugserscheinungen.
Eines Nachts rief sie mich an und sagte: „Papa, ich will, dass du weißt: Ich werde nie wieder Drogen nehmen.“
Ehrlich gesagt: Als ich danach zu Bett ging, weinte ich ein bisschen. Endlich, dachte ich. Und das Schönste war: Diesmal sprach sie die Wahrheit.
17
GESTRANDET
Am 26. Juni flog ich wieder nach St. Lucia, und Amy holte mich am Flughafen ab. In der Villa nahm sie mich an der Hand und führte mich an den Strand. „Komm mit, Papa“, sagte sie. „Jemand braucht unsere Hilfe. Hoffentlich hast du genug Geld dabei.“
Da auf St. Lucia einige Rechnungen zu bezahlen waren, hatte ich 8000 Dollar in bar mitgebracht. Amy führte mich am Strand entlang zu einem älteren Mann namens George, der unter einem kleinen Baum im Schatten saß. Er blickte mich an, als wäre er am Sterben. „George braucht unsere Hilfe, Papa.“ Amy hatte mich kalt erwischt; ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte, also fing ich einfach an. „Hi, George, was ist los?“
„Ich leide Todesqualen“, sagte er. „Ich habe einen Leistenbruch.“ Er konnte sich absolut nicht bewegen, aber das war nur der Anfang. Seine Familie hatte kein Geld für eine medizinische Behandlung. Er war buchstäblich zum Sterben am Strand zurückgelassen worden. Ich erkannte eine gewaltige Schwellung an Georges Bauch, der Schmerz stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er bot einen erbärmlichen Anblick.
„George“, sagte Amy und half ihm auf, „wir werden dich sofort in ein Krankenhaus bringen.“
George konnte nicht gehen, unsere Securityleute trugen ihn zum Auto, und wir fuhren ihn in die Klinik. Die ganze Fahrt über stöhnte George vor Schmerz; Amy streichelte seinen Kopf und versprach ihm, er werde wieder gesund.
Das Krankenhaus war dasselbe, in dem Amy nach einem Anfall ein paar Wochen zuvor gewesen war. Sie sorgte dafür, dass er die bestmögliche Behandlung erhielt, und schärfte den Ärzten ein, ihn nicht gehen zu lassen, solange er nicht vollständig geheilt war. Für die Rechnung kämen wir auf. Ich fragte den Arzt, wie viel es kosten würde, und er meinte, Operation und Nachbehandlung kämen auf etwa 5000 Dollar. Ich
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