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Meine Tochter Peperl

Meine Tochter Peperl

Titel: Meine Tochter Peperl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josefine Mutzenbacher
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— sein Gusto und geht hinter der Dicken her, die sie durch das Vorzimmer zu einer Tür führt und diese öffnet. Breit flutet das Licht heraus, die Mädchen treten ein, und es bleibt ihnen der Atem stecken. Dieses Zimmer ist ein Traum, wie ihn die Ottakringer Kinder nicht einmal träumen kön
    nen.
    »Jöh«, flüstert die Mali hingerissen, und Peperl stimmt ihr bei. Mit bunten Märchenbildern sind die Wände bemalt. Da liegt Schneewittchen im Glassarg, beweint von den Zwergen, da steht Rotkäppchen und der Wolf und die sieben Geißlein, dort wimmelt um Gulliver die Schar der Zwerge, Rapunzel läßt ihr Goldhaar von dem Turm herab, und die Hexe prüft, ob Hansel und Gretel schon dick und fett sind. Was für Herrlichkeiten birgt nicht dieses Zimmer! Auf den weißen, mit bunter Kretone bespannten Möbeln sitzen und liegen die schönsten Puppen herum, und ein brauner Teddybär reitet auf einem meterhohen Elefanten. Auf dem Teppich liegen Bälle, als hätte sie die spielende Hand eines Kindes eben hingeworfen. Ein Grauschimmel steht neben einem Auto, und dort ist ein richtiges Puppenhaus, ein Karussell und ein Kaufmanns-iaden. Die Kinder können das alles auf einmal gar nicht so richtig erfassen.
    »So, und nun wird schön gespielt«, sagt die Alte, »und vergeßt nicht, was ich euch gesagt habe.«
    Sie verläßt den Raum, und die Kinder stehen sich selbst überlassen und können sich nicht fassen. Endlich stürzen sie sich auf die Puppen und nehmen sie in die Arme. Minuten später sind sie ganz versunken in der Märchenwelt und haben den eigentlichen Zweck des Hierseins ganz vergessen.
    »Mäderln, darf ich mitspielen?«
    Eine tiefe Stimme klingt in das selige Vergessen der beiden. Pe-perl blickt auf und läßt vor Schreck die Puppenköchin in den Kochtopf fallen. Vor ihr steht ein Bub in blauem
    Matrosenanzug, weißen Sockerln und braunen Sandalen. Doch nicht deshalb ist sie so erschrocken, weil plötzlich ein Bub da ist, sondern weil dieser Bub um zwei Köpfe größer ist als sie und weil seine Beine in den weißen Kindersöckchen dunkel und dicht behaart sind. Die kurze blaue Hose spannt sich um einen ganz respektablen Bauch. Der Bub im Matrosenanzug ist ein ganz normaler Mann!
    »Mäderln, darf ich mitspielen?« bettelte die tiefe Stimme wieder.
    Da verfliegt Peperls Schreck. Sie hockt sich auf den Boden und lacht, daß ihr die Tränen herunterrinnen.
    Mali sieht entgeistert auf die Szene und drückt die Puppe fest an sich. Im Unterbewußtsein hat sie Angst vor dem was da kommen wird.
    Das bettelnde Gesicht des Mann-Buben verzieht sich ärgerlich, und er sagt: »Wirst du sofort aufhören zu lachen!«
    In diesem Augenblick begreift die Peperl instinktiv, was hier gespielt werden soll und hört sofort zu lachen auf. Sie ist im Bilde.
    Sein Geld — sein Gusto — denkt sie und weiß im selben Augenblick, daß hier trotz des Kinderzimmers gevögelt werden wird.
    Als nun die tiefe Stimme zum dritten Mal fragt, ob er mitspielen darf, da sagt die Peperl:
    »Ja, aber du darfst mir nichts zerbrechen!« Und lächelt ganz wissend in das Gesicht des Mannes.
    »Ich heiße Adolar, aber meine Mutti sagt Scheißerle zu mir!«
    »Nun, so werde ich eben auch Scheißerle zu dir sagen.«
    Das Scheißerle fragt nun wie die Mädel heißen und die Pepi sagt: »Ich bin die Gretel und das ist die Lieserl.«
    Sie winkt die Mali heran, aber die sieht noch immer ein wenig scheu auf diesen Mann-Bub oder Bub-Mann in dem Kinderanzug.
    »Jöh, wie fein, so heißen meine Schwestern auch, aber ich bin böse auf sie, weil sie so garstig zu mir sind. Nicht wahr, ihr seid nicht garstig zu mir?«
    »Nein, Scheißerle, wir sind nur lieb zu dir«, sagt die Peperl und stellt mit einem Seitenblick mit Vergnügen fest, daß sich bei dem Worte Scheißerle etwas in seiner Hose rührt. Es kann also nur mehr eine Frage der Zeit sein, bis gevögelt werden wird. Außerdem macht ihr diese Kinderei einen Heidenspaß. Ja, die Peperl hat eben das Zeug zu einer ganz großen Hure in sich, einer die bei allem mitmacht und nur immer ein Ziel vor Augen hat: ihre Votze und den Geldbeutel zu befriedigen!
    »Wird die Lieserl auch lieb zu mir sein?« fragt der Scheißerl sanft.
    Doch die Mali ist schon wieder in ihr Spiel versunken und hat die Frage gar nicht gehört.
    Da stößt sie die Peperl fest in die Seite und herrscht sie
    an:
    »Hast du nicht gehört, du sollst sagen, ob du lieb zum Scheißerle sein wirst!«
    Mali kommt zu sich und sagt: »Ja, ja, gnädiger

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