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Meine Väter

Meine Väter

Titel: Meine Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bronnen
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stellen! Rache! Rache hat's in mir geschrien – Rache fir mein verpfuschtes Leben!«
    Und wie reagierte er, als der niedergeschriebene Mord auf der Bühne Wirklichkeit wurde und der Sohn den eigenen Vater erschoß?
    Darüber schweigt sich Ferdinand aus. Das Publikum jedoch war in Aufruhr. Zu massiv der Angriff auf die genealogische Ordnung.
    Das spektakuläre Echo auf sein erstes Stück bestätigte Ferdinand, daß er auf dem richtigen Weg war: ohne Skandal kein Erfolg.
    Er hatte es geschafft und mußte seinen wahren Namen nicht mehr verbergen – sein Pseudonym galt nurmehr dem Vater. Er hatte noch zwei weitere Stücke im Kopf, die sein zentrales Thema, die Vaterverleugnung, beinhalteten und den geplanten Zyklus Jahrhundertwende vollenden sollten.
    Die Reaktionen in den Zeitungen waren ambivalent, man feierte Ferdinand als große Begabung oder brandmarkte den Autor als Vertreter der sozialistenfeindlichen Regierung. Die Arbeiterzeitung erklärte Franz Adamus zum »typischen Bildungsbürger«.
    Als bahnbrechend erwies sich das Urteil Ernst von Wolzogens. Ferdinand Bronner hätte mit seinem Stück bewiesen, daß er zu den großen Dramatikern des Naturalismus zähle, der »die lächerliche Pedanterie der Holz und Schlaf und des Hauptmann überwunden« habe. Er lobte die Wirklichkeitstreue der Sprache. Die Schilderung der äußeren Vorgänge sei nicht mehr Selbstzweck und die dramatische Form nicht Nebensache. Von Wolzogen zeigte sich überrascht von der Gestaltung der Masse, die stark individualisiert sei.
    Tumulte gab es auch bei der Berliner Aufführung im Lessing-Theater, wo das Stück durchfiel, und bei der Prager Aufführung einen Monat später. Ferdinand hätte nun den vierten Akt wieder in der Originalform bringen können, doch er beließ es bei den Zensur-Korrekturen. Die Reaktion der sozialistischen tschechischen Arbeiter auf seine böhmische Mundartelei hätte er sich vorstellen können.
    Er war privilegiert. Er bekam Urlaub, um zu schreiben, man würde ihn nach Wien versetzen, um sein poetisches Genie vor der Verkümmerung in der Provinz zu retten (üblich: zehn Jahre Provinz), nun winkte ihm gar ein Staatsstipendium.
    Doch zunächst mußte er noch in Jägerndorf ausharren. Immerhin: Die bessere Gesellschaft von Jägerndorf mit ihren pomadisierten Herren und parfümierten Damen öffnete sich mit einemmal für den kleinen Deutschprofessor. Es folgten Einladungen in die reichen Fabrikantenhäuser, zu Konzerten und musikalischen Zirkeln. Er wurde in den »Hasenbalgklub« und den »Tapprigkeitsklub« eingeladen, humorvolle Gruppierungen um Maschinenfabrikanten oder die Liechtensteinischen Forst- und Domänenbeamten.
    In diesen Tagen des Jahres 1900 wurde auch seine einzige Tochter Ellida geboren, benannt nach Die Frau vom Meer , einer Ibsen-Figur, womit Ferdinand seiner wachsenden Sympathie für das skandinavische, später »nordische« Volk Ausdruck gab.
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    * * *

23. Schmelz, der Nibelunge
    Endlich bekam Ferdinand eine Anstellung an einer Wiener Schule. Glücklich, wieder in Wien zu sein, suchte er Germanisten- und Dichterkneipen auf, gab zu Hause kleine Gesellschaften und erneuerte seine Freundschaft zu Karl Schönherr, der gerade im Zenith seines Ruhmes stand. Auch Hermann Bahr, der apokalyptische Ideen pflegte, das »große Sterben«, den »Tod der erschöpften Menschheit« und den baldigen Untergang Österreichs prophezeite, hielt ihm weiterhin die Treue. Die wichtigen Verbindungen in den Ministerien funktionierten wieder, und ein neuer Bekanntenkreis wurde erschlossen. Ferdinand intensivierte, was er bereits vor Jägerndorf sorgfältig vorbereitet hatte: in kleinen, gut vorbereiteten Schritten in der Gesellschaft vorzurücken.
    Nach einer Phase der Verunsicherung machte er sich unverdrossen an die Vorarbeit zu einem weiteren Stück, der Komödie Schmelz, der Nibelunge . Er stellte die nationale Studentenschaft in den Vordergrund und nahm sich des Themas »Rassenproblem« an.
    Hintergrund zum Stück bildete der Tumult um den aus Polen stammenden Ministerpräsidenten Kasimir Graf Badeni, der im April und Juli 1897 Sprachgesetze erließ, wonach für die Länder unter der Wenzelskrone als Amtssprache Deutsch und Tschechisch festgeschrieben wurden. Österreich, diese ausgedehnte Donau- oder Doppelmonarchie – deren Kaiser auch

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