Meine Wut rettet mich
diesen Netzwerken niemand etwas beichtet, das in die Hände von Personen gelangt, die das nichts angeht?
Jeder, der das Internet nutzt, weiß, dass es wie eine offene Postkarte ist. Dennoch werden Bankdaten, Aktieninformation und auch Regierungskommunikation per Internet betrieben. Die Sicherheit besteht in der Masse der Daten, aus der nur interessierte Fachleute sich Einzelnes herausfischen können. Ich gehe davon aus, dass jene, die mir schreiben, informiert sind, dass es keinerlei wirksamen Schutz gibt – zumindest die Administratoren der auch per Passwort oder Verschlüsselung gesicherten Verbindung haben jederzeit die Möglichkeit, Einblick zu nehmen.
Vor 40 Jahren entstand, geprägt durch das Zweite Vatikanische Konzil, das Medienprogramm »Communio et Progressio«. Darin wird eine Gesprächs- und Debattenkultur eingefordert. Und es wird appelliert, Medien solide und kompetent zu nutzen. Das klingt alles noch modern. Dennoch hat sich in diesen Jahrzehnten vor allem durch das Internet und soziale Netzwerke einiges verändert. Was würden Sie heute in ein solches Papier noch aufnehmen?
Den Auftrag an uns Getaufte, in den Medien aktiv aufzutreten. Und den Auftrag, immer mehr von uns dazu in die Lage zu versetzen. Begonnen damit, dass sie wissen, wie man einen Leserbrief schreibt, bis hin zur Journalistenausbildung, wie sie das Institut zur Förderung des publizistischen Nachwuchses macht, das in der Folge dieses Programms gegründet wurde.
Was leiten Sie persönlich aus diesem Medienprogramm ab?
Jesus war ein großer Kommunikator, er ist das Medium Gottes für die ganze Welt. Anlass genug für uns, in den Medien heimisch zu sein und über sie die frohe Botschaft in alle Welt zu tragen.
„ Jesus ist das Medium Gottes für die ganze Welt. Anlass genug für uns, in den Medien heimisch zu sein und über sie die frohe Botschaft in alle Welt zu tragen. ”
Seit Monaten taucht immer wieder das Gerücht einer drohenden Kirchenspaltung auf. Vatikanjournalist Andrea Tornielli berichtete im Juni 2011, im Vorfeld des Papstbesuchs in Deutschland hätten sich reformorientierte Kräfte zu einer gemeinsamen Aktion verbunden, darunter kirchliche Verbände, Einzelne aus der Bischofskonferenz, Teile des Jesuitenordens und katholische Politiker. Der ehemalige Kurienkardinal Walter Kasper 48 bestreitet dies, eine Mitwirkung von Kräften im Vatikan schließt er aus. Fakt ist: Es polarisieren sich liberale und konservative Ansichten. Zu welchem Lager tendieren Sie?
Ich mag mich keinem Lager zuordnen. Global würde man Diskussionen, ob man nun ein liberaler oder ein konservativer Kirchenmensch ist, erst recht nicht verstehen. In den christlichen Gemeinden im Nahen Osten oder bei den Brüdern und Schwestern, die in Albanien oder China ihren Dienst tun, gibt es ganz andere Aufgaben zu bewältigen. Ich mag mich keinem Lager zuordnen, sondern sehe mich der gottgeschenkten Weite verpflichtet. Sie ist verbunden mit den Kreuzschmerzen, die Jesus für uns erlitten hat. Ich lese viel Gutes über das Katholische, auf Bibel.tv, katholisch.de, kath.net, kirche.tv und so fort. Für mich hat es einen Sinn, dass der Papst Vertreter anderer Religionen zum Gebet einlädt, aber auch, dass kirchliche Ämter nur Männern gegeben werden sollen. Ich habe Positionen, möchte mich aber keinem Lager zuordnen.
Zu Jahresbeginn kritisierten katholische Politiker in einem offenen Brief die katholische Kirche, Theologieprofessoren veröffentlichten ein Memorandum zur Krise der katholischen Kirche. Der Münchner Theologe Friedrich Wilhelm Graf benennt sieben Untugenden der heutigen Kirchen in seinem neuen Buch »Kirchendämmerung« und meint damit unter anderem die katholische Kirche. Was sagen Sie zu diesen geballten Kritiken?
Das Buch kenne ich nicht. Und gäbe es eine überzeugende Kritik, würde ich sie lesen. Ich liebe die Kirche. Sie ist eine wachsende Gemeinschaft auf dem Erdkreis, sie ist die gottgegebene Größe, die dieser Welt sagen soll, dass Christus auferstanden ist. Das ist das Entscheidende. Welche Gestalt die hat und wie diese sich verändern soll, können wir ja diskutieren. »Kirche in der Krise« ist ein künstliches Thema. Man sieht das doch, sobald Schwierigkeiten auftauchen. Dann kommen die Leute zur Kirche und wollen durch sie gerettet werden.
PORTRÄT
Streitlustiger Journalist und Prediger
»Der wird mal Priester«, flüsterte man sich zu. Und weil er so ein frommes Kind war, schickte man Arnd schon mit sieben Jahren zur
Weitere Kostenlose Bücher