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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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gestorben war. Barbara McKinney. Tochter eines Colonels der US-Armee, neunzehn Jahre alt. Ein lebenslustiges Mädchen, das an einem Samstagabend mit zwei Männern zu einer Diskothek fuhr, um sich zu amüsieren. Und so weiter. Er erzählte exakt die Version, die Greta erst am vergangenen Nachmittag in seinen Computer getippt hatte. Ein Unfall auf der Rückfahrt von der Diskothek. Barbara McKinney am Steuer, nicht so betrunken wie die beiden Männer, aber auch nicht nüchtern. Sie hatte die Kontrolle über den Wagen verloren. Ein paar Überschläge. Die Männer wurden ins Freie geschleudert, Barby in den Trümmern eingeklemmt. Dann fing das Auto Feuer. In Gretas Miene regte sich nichts.
    «Ich war bewusstlos, behauptete Jan.
    «Barringer hat versucht, sie rauszuholen. Er zog sich dabei schwere Brandverletzungen zu. Sein Gesicht, Arme, Oberkörper, furchtbar sah er aus. Monatelang hat er in der Klinik gelegen. Als er entlassen wurde, war er nicht mehr diensttauglich.»
    Dennis Barringer. Gefreiter bei einer Panzerdivision in Norddeutschland. Stationiert in Braunschweig-Rautheim, geboren in Bayern. Barringer träumte von einer Karriere als Berufssoldat, aber er war ihnen zu wild, nicht zuverlässig genug. Sie nutzten seine Verletzungen nach dem Autounfall als Vorwand, ihn loszuwerden. So sah Jan die Sache. Nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr ging Barringer zurück nach Bayern und kam ein Jahr später bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Aus diesem Grund war Jan der Ansicht gewesen, dass er keine Persönlichkeitsrechte verletze, wenn er den Namen benutzte.
    «Und sonst, fragte ich. Greta schaute ihn an, als wolle sie ihn hypnotisieren. Er schüttelte den Kopf und erklärte:
    «Sonst war nichts.»
    * Bis kurz nach zehn saßen wir zusammen. Ich war verstimmt über Jans beharrliche Weigerung, zumindest die besonderen sexuellen Praktiken einzuräumen, gab dennoch Verhaltensmaßregeln für den nächsten Vormittag. Jeder Schritt, jede Bewegung, alles, was Greta und er an dem Freitagnachmittag und Abend angeblich getan und nicht getan hatten, wurde bis auf den letzten Punkt durchgesprochen. Als ich mich verabschiedete, war Jan völlig erschöpft. Er ging zu Bett, wollte nichts essen, nichts trinken, nicht einmal mehr eine Zigarette rauchen. Auch Greta legte sich hin, wieder auf die Couch, nachdem sie im Bad die Spuren der Vergewaltigung begutachtet hatte. Mit zahlreichen Hautrissen schien sie noch einmal glimpflich davongekommen zu sein. Sie hoffte inständig, dass keiner der Risse sich entzündete, nahm eine von den Beruhigungstabletten, die mein Bruder Jan verordnet hatte, und schlief damit rasch ein. Gegen drei in der Nacht erwachte sie einmal, hörte ein Rumoren aus dem Bad. Aber es kam wie aus einer anderen Welt. Sie war zu benommen, sich darum zu kümmern. Um halb sieben weckte die Stimme eines Rundfunk-Moderators sie mit dem Hinweis auf, dass uns wieder ein heißer Tag bevorstehe. Die Stimme schien von sehr weit her zu kommen. Es dauerte eine Weile, ehe sie begriff, dass in der Küche das Radio lief. Sie konnte sich das nicht erklären. Auf das Naheliegende, dass Jan das Radio eingeschaltet hatte, kam sie nicht sofort. Obwohl sie in ihrem eigenen Wohnzimmer lag, wo ihr jeder Winkel und jeder Gegenstand vertraut war, hatte sie Mühe, sich zu orientieren. Alles war fremd und verzerrt. Ihr Kopf fühlte sich an wie mit Watte voll gestopft. Es waren die Nachwirkungen der Tablette. Mein Bruder hatte ein schweres Kaliber für notwendig erachtet, um einen potentiellen Selbstmörder von weiteren Aktionen abzuhalten. Dass Greta sich ebenfalls bediente, hatte Armin nicht einkalkuliert, sonst hätte er sie gewarnt», sagte er später. Ihre Finger fühlten sich steif an und dick wie aufgeblasen. Ihr Gesicht schmerzte und spannte immer noch. Jan war bereits im Bad. Sie hörte die Dusche rauschen, dachte an Kaffee, Unmengen von starkem Kaffee, um den Kopf frei zu bekommen. Aber sie konnte sich nicht aufraffen, einen Fuß auf den Boden zu setzen. Sie schaffte es erst, sich aufzurichten, als Jan in der Diele erschien. Er kam bis zur Tür, rubbelte mit einem Frotteetuch seinen Bart trocken, ein zweites Tuch hatte er sich um die Hüften geschlungen. Der verbundene Arm steckte bis zum Ellbogen in einer Mülltüte, die er mit Klebeband auf der Haut befestigt hatte, damit der Verband nicht feucht wurde.
    «Du kannst ins Bad, wenn du möchtest. Ich mache uns Frühstück.»
    Er war sanft wie ein Lamm. Und Greta konnte kaum die Augen offen

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