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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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gewesen am Freitag? Wenn ja, dann hätte Jan sogar einen Psychiatrieprofessor hinters Licht geführt. Greta wusste, dass nur ein Psychopath mit entsprechender Erfahrung so etwas schaffte. Sie hatte persönlich noch mit keinem zu tun gehabt, aber eine Menge gelesen über Männer, die ihren Nachbarn, Arbeitskollegen, Bekannten, aller Welt Harmlosigkeit, Freundlichkeit und einiges mehr vorgaukelten und sich von Zeit zu Zeit in Bestien verwandelten. Jan las ein Stück Text. Als sie die Tür zum Arbeitszimmer erreichte, lächelte er – ein wenig frostig.
    «Ich habe es noch ein bisschen verändert», sagte er.
    «Nicht die Szene an sich, die ist dir gut gelungen. Aber sprachlich war es ein Unterschied. Wer schon etliche Seiten von mir gelesen hat wie Niklas, hätte rasch bemerkt, dass nicht ich das geschrieben habe. Ich dachte, wo Niklas sich so für meine Vergangenheit interessiert und ohnehin vermutet, dass der Roman autobiographisches Material enthält, wird er sicher alles lesen wollen.»
    Sie deutete ein Nicken an. Jan lächelte weiterhin.
    «Leider hat er die Diskette, darauf ist natürlich die ursprüngliche Fassung.»

    «Und welches ist die richtige Fassung?, fragte sie. Er tippte gegen den Bildschirm.
    «Diese kommt den Tatsachen ziemlich nahe. Die feinen Unterschiede sind nicht von Bedeutung. Wen interessiert es heute noch, dass nicht Barby, sondern Barringer den Wagen fuhr? Ich saß neben ihm, Barby hinter mir. Es war ein Zweitürer mit Heckklappe. Keiner von uns war angeschnallt. Ich schlief und kann dir nicht sagen, wie es passiert ist. Barringer und ich, wir flogen raus, und Barby saß fest. Sie muss nach vorne geschleudert worden sein. Man hat sie auf dem Fahrersitz gefunden. Zu dem Zeitpunkt hatte Barringer schon gesagt, sie sei gefahren. Ich habe dann das gleiche behauptet. Wir wollten beide unseren Führerschein behalten. Und für Barby spielte es keine Rolle mehr.»

    «Und der Wagen brannte aus?, fragte Greta. Er nickte schwermütig.
    «Barringer wäre auch fast an seinen Verbrennungen gestorben. Er war wie verrückt. Ich sehe das noch vor mir. Immer wieder stürzte er sich rein in die Flammen. Ich hab gesehen, dass da nichts mehr zu retten war. Was willst du machen bei einem Feuerball? Aber Barringer ließ sich nicht aufhalten. Als die Rettung kam, lief er herum wie eine lebende Fackel. Sie haben sich gewundert, dass er überhaupt noch auf den Beinen war. Dreimal hatte ich ihn zu Fall gebracht und versucht, die Flammen zu ersticken. Jedes Mal warf er mich ab und schoss wieder hoch. Es war grauenhaft, Greta!»
    Dass er sich selbst widersprach, schien ihm nicht aufzufallen. Wenn Barringer wie eine lebende Fackel herumgelaufen und er selbst noch in der Lage gewesen war, die Vergeblichkeit eines Rettungsversuchs einzuschätzen, wer hätte dann wohl als Erster eine Aussage machen können? Sie sprach ihn nicht darauf an, fragte nur:
    «Zu wem gehörte Barby, zu dir oder zu Barringer?»

    «Zu keinem», sagte er, «und zu allen. Wenn man unter Druck stand, ging man zu Barby. Sie war eine kleine Nutte, Greta, aber ein niedliches Ding, wirklich niedlich.»

    «Wer war Janine?, fragte sie. Er lächelte.
    «Das ist nur eine erfundene Figur.»

    «Du hast nicht von ihr gesprochen wie von einer Romanfigur, widersprach sie und bemühte sich, ruhig zu wirken dabei.
    «Jan, du hast ein paar Frauen aufgezählt, Barby am Anfang, Tess am Schluss, Janine in der Mitte. Ich weiß, was ich gehört habe. Ist Janine identisch mit Ann Jamin?»

    «Nein, Greta, beteuerte er.
    «Du hast da etwas missverstanden. Vielleicht habe ich auch etwas durcheinander geworfen, ich war ein bisschen benommen heute Morgen. Es sind zwei Romanfiguren. Ann Jamin in der Einstiegsszene und Janine in der Mitte.»
    Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und schaute sie treuherzig an.
    «Weißt du, manchmal, wenn ich festgestellt habe, wie leicht sich der Text verändern lässt, habe ich mir gewünscht, ich könnte auch mein Leben so verändern. Ich habe mir mit Janine meine Traumfrau geschaffen. Aber bei dem Stoff muss auch die Traumfrau ein paar Haken haben. Du hast noch nichts von Janine gelesen. Ich kann dir die Stelle zeigen, wenn du willst.»

    «Jetzt nicht», sagte sie, «später.»
    Er speicherte ab. Der Text verschwand vom Bildschirm. Er beendete auch gleich das Schreibprogramm. Der Dateimanager erschien. Das Verzeichnis Roman war geöffnet. Greta sah die
    «nummern in der rechten Spalte. Nur die Nummern. Die Datei mit der

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