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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Bewegungen so zu beherrschen. Und wissen Sie, wo man dieses Training bekommt?»
    Ich konnte es mir denken, bei der Bundeswehr, dort bekam man auch Sterne und Streifen.
    «Wie kannst du das decken, Greta?, fragte ich.
    «Tess war doch für dich wie eine Schwester.»
    Die Unterlippe hatte sie sich inzwischen blutig gebissen. Sie strich mehrfach nervös unter den Augen vorbei.
    «Nicht weinen», sagte ich, «nicht weinen, Liebes. Wir bringen das in Ordnung.»
    Ich lehnte mich im Sessel zurück und streckte die Arme nach ihr aus. Sie war sehr schnell bei mir, kauerte sich zuerst auf die Sessellehne. Ich legte den Arm um sie und zog sie auf meinen Schoß, drückte mein Gesicht in ihr Haar, murmelte dicht an ihrem Ohr:
    «Er ist krank, nicht verantwortlich für das, was er getan hat. Er ist schuldunfähig bei seiner Vergangenheit. Außerdem dürfte Tess ihn gehörig gereizt haben. Wir sorgen dafür, dass er einen guten Arzt bekommt. Er muss nicht ins Gefängnis, das verspreche ich dir. In ein paar Jahren ist er wieder frei. Und dann ist er auch gesund. Du willst doch, dass es ihm gut geht. Nicht wahr? Das willst du doch. Er braucht Hilfe, bevor er noch mehr anstellt. Er braucht kompetente Hilfe. Die kannst du ihm nicht geben.»
    Sie stand vor mir, noch ehe ich richtig begriff, was geschah.
    «Du elender Mistkerl!, fauchte sie.
    «Was soll das werden, wenn es fertig ist? Liebes! Wie hast du es dir vorgestellt? Tess auf dem Friedhof, Jan in der Psychiatrie. Nur wir beide noch übrig. Gehen wir ins Bett, Greta, und vergessen die Sache. Schuldunfähig bei seiner Vergangenheit! Bevor er noch mehr anstellt! Was hat er denn bisher angestellt?»
    Ich schaute sie nur an. Antworten musste ich ihr nicht, ich hatte es ihr bereits hundertmal erklärt. Sie strich mit einer hastigen Bewegung durch ihr Haar und schüttelte frustriert den Kopf.
    «Warum willst du unbedingt einen Massenmörder aus ihm machen? Zuerst seine Mutter, jetzt Tess. Und wer weiß wie viele dazwischen! Soll ich vor Angst zittern, weil ich die Nächste sein könnte? Du solltest es nicht übertreiben, Niklas, bestimmt nicht aus Furcht vor der Konkurrenz. Da besteht kein Grund zur Sorge. Du müsstest doch wissen, ich bin nicht sein Typ. Ich bin ein Neutrum für ihn, sein Freund. Etwas anderes war ich nie und werde es auch nie sein.»
    Da war ich mir nicht mehr sicher. Aber das konnten wir später klären.
    «Das glaube ich nicht, Greta», sagte ich in eher geschäftsmäßigem Ton.
    «Du hast doch gehört, was er in der Garage sagte. Wir beide benutzen den Ausdruck Freund wie ein Häufchen Dreck. Sein einziger wahrer Freund war Barringer.»

    «Das ist nur eine Romanfigur», sagte sie. Damit waren wir beim Thema.
    «Das habe ich mir schon gedacht, erwiderte ich. Sie war viel zu aufgewühlt, um rechtzeitig zu bemerken, dass ich sie mit meiner scheinbaren Zustimmung aufs Glatteis führte. Wer bezeichnete denn eine Romanfigur als einzigen wahren Freund? Nur ein Mann, der den Bezug zur Realität verloren hatte, von Zeit zu Zeit die Kontrolle über sich verlor, sich von einer fiktiven Gestalt einflüstern ließ, wie man mit Frauen umzugehen hatte. Das hatte es alles schon gegeben. Bei einem waren es kleine grüne Männchen, beim anderen der Heilige Geist, bei Jan war es eben Barringer.
    «Vielleicht gibt es ein reales Vorbild, nahm Greta ihre Erklärung prompt zurück.
    «Die Schlüsselszene im Roman beruht ja auch auf realen Ereignissen, und ich bin überzeugt …»
    Vor mir stand wieder die Greta, die ich kannte, kampferprobt und hart im Nehmen, äußerlich unangreifbar. Äußerlich! Innerlich musste sie ziemlich durcheinander sein, verriet genau das, was ich hören wollte, ihre Überzeugung, dass Jan weit mehr als nur den Tod seiner Mutter in seinem Roman verarbeitet hatte.
    «Dann lass uns mal über das reale Vorbild für diese Szene reden», sagte ich und zog die vier Seiten aus der Hosentasche, die sie auf dem Tisch hatte liegen lassen. Sie zuckte zusammen, wurde noch einen Ton blasser, als ich erklärte, was Tess kurz vor ihrem Tod von mir gewollt hatte. Eine Empfehlung, einen guten Scheidungsanwalt. Für ein paar Minuten brachte uns das vom Thema ab. Ursprünglich, hatte Tess am Telefon gesagt, habe sie daran gedacht, mich mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen. Aber es war nicht mein Gebiet, und ich war durch meine langjährige Beziehung zu Greta, die nun möglicherweise ein Ende fand, persönlich betroffen. Greta war außer sich, als ich die Behauptung

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