Meineid
einen Tritt. Dann stehst du mit vierzig vor dem Nichts. Aber nein, sie war überzeugt, dass er es ernst meint. Bis Mandy kam, war sie überzeugt.»
Sandra murmelte noch einmal:
«Armes Häschen.»
Frau Damner schluchzte auf. Ihr Mann zog sie an sich und strich über ihr Haar, wie Sandra es bei dem Kind tat.
«Hat sie sich in letzter Zeit mit dem Mann getroffen?, fragte ich. Joachim lachte bitter.
«Hat der Teufel einen Schwanz? Da fragen Sie den Richtigen. Wenn dieser Schweinehund in letzter Zeit gepfiffen hat, ist Tess gesprungen. Und ich wäre der Letzte gewesen, der es erfahren hätte. Ich hätte ihr auch was anderes erzählt. Es ging ihr gut bei Jan. Wenn sie ihre Ansprüche nicht gar so hoch geschraubt hätte, den Himmel auf Erden hätte sie bei ihm gehabt. Aber nein, immer nur meckern und jammern.»
Joachim warf einen düsteren Blick zur Couch, wo sein Vater nicht begreifend den Kopf schüttelte.
«Sie wusste, wo sie die Hand aufhalten konnte. Und sie hat nie gefragt, wie lange einer für das Geld schwitzen musste.»
Sandra mahnte leise:
«Jo.»
Er winkte unwillig ab.
«Ist doch wahr! Ich wünsch mir von ganzem Herzen, dass sie den elenden Hund kriegen. Dass sie ihn bis an sein Lebensende hinter Gitter bringen für das, was er ihr angetan hat. Aber dass es irgendwann schief gehen musste, brauche ich dir doch nicht zu erzählen. Du weißt, wie sie war, verkorkst. Hin und wieder ein paar auf die Finger in jungen Jahren, das hätte ihr nicht geschadet. Dann wäre vielleicht einiges anders gekommen. Sie war ein durchtriebenes Biest. Hat sie je gefragt, wie dem armen Jan zumute war?»
Die Richtung, die das Gespräch nahm, war erstaunlich. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass Joachim Damner den Stab über seine Schwester brach, nachdem er gerade erst von ihrem Tod erfahren hatte. Normalerweise lässt ein gewaltsamer Tod selbst den schlimmsten Widerling noch in gutem Licht erscheinen. Erst später sind ein paar Eingeweihte bereit, negative Eigenschaften zu erwähnen. Aber wusste ich denn, was Tess ihrer Familie zugemutet, was sie daheim erzählt hatte? Was immer es gewesen sein mochte, bei ihrem Bruder schien sie damit an die falsche Adresse geraten zu sein. Ich wollte nicht, dass ihre Eltern sich – wenn auch indirekt – von Joachim eine Mitschuld zuweisen lassen mussten. Ebenso wenig wollte ich mir anhören, welch ein netter und lieber Mensch Jan doch war. Ich wechselte das Thema, hoffte, über einen Umweg etwas zu erfahren, was eher in mein Bild passte. Ich erkundigte mich, warum Mandy seit ein paar Wochen bei ihnen lebte. Diesmal antwortete Sandra, und auch das warf kein gutes Licht auf Tess.
«Das habe ich sie so oft gefragt. Immer hieß es, Jan muss in Ruhe arbeiten. Das hat er vorher auch tun müssen, und Mandy hat ihn nie gestört. Ich vermute, es hat Tess nicht gefallen, dass Mandy so an Jan hing. Es war Eifersucht. Tess gab das nicht zu; aber es war ihr Kind, und sie wollte nicht, dass Jan die Hauptrolle in Mandys Leben spielte. Das hat er getan. Mandy hat in den ersten Tagen hier so oft nach ihm gefragt. Stundenlang stand sie auf einem Stuhl am Fenster und schaute auf die Straße. Muss auf Papi warten», sagte sie. Papi holt mich. Ich habe zu Tess gesagt, dass es nicht richtig ist, was sie tut. Das Kind litt darunter. Wenn du verhindern willst, dass Jan ihr wichtiger ist als du, dann bleib mit deinem Hintern daheim, habe ich gesagt. Du musst doch nicht ständig unterwegs sein. Darauf gab sie mir keine Antwort.»
Ich hatte genug gehört und brachte Greta wieder hinaus. Uns war beiden nicht mehr nach einer Unterhaltung, als wir zurück zu ihrer Wohnung fuhren. Jan schlief, mein Bruder saß in der Küche bei einem Kaffee und langweilte sich. Er gab Greta noch ein paar gute Ratschläge, wie sie jetzt mit Jan umgehen sollte. Ihn in Ruhe lassen, ihm zustimmen, was immer er behauptete. Dann verabschiedete Armin sich mit dem Hinweis, sie könne ihn jederzeit anrufen, wenn Probleme auftauchten. Ich brachte ihn zur Tür, bedankte mich für seine Hilfe, ging wieder in die Küche, wo Greta am Tisch Platz genommen hatte. Ihre Haltung drängte mir den Vergleich mit einem porösen Stein auf. Es brauchte nur einige Hammerschläge, ihn zu zerbröseln. Es war der reine Irrsinn. Mir blieb tatsächlich nichts anderes übrig, als einen Mann zu schützen, der nach meiner festen Überzeugung nicht bloß ins Gefängnis, sondern in Sicherheitsverwahrung gehörte.
«Mir ist eben etwas
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