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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Termin im Sender und dachte, ich könnte ungestört mit Tess reden, unter anderem über deinen Vorschlag, sie finanziell zu unterstützen. Sie lachte mich aus, fand es köstlich, dass wir ihr unter die Arme greifen wollten, wenn sie sich von Jan trennte. Nur konnte sie sich nicht vorstellen, dass es deine Idee war. Sie riet mir, das Geld in einen Vibrator zu investieren, wenn ich mit dir nicht mehr zufrieden wäre. So ein Ding würde sich länger bewegen als Jan, meinte sie. Sie wurde so vulgär, benutzte Ausdrücke, die ich noch nie von ihr gehört hatte und nicht wiederholen möchte.»
    Ich streifte sie mehrfach mit raschen Blicken von der Seite. Mit konzentriert nach vorne gerichtetem Blick erklärte sie, ihr Gespräch mit Tess sei in einen heftigen Streit ausgeartet, als sie Tess auf den Kopf zusagte, sie träfe sich wieder mit Mandys Vater. Tess habe das vehement bestritten und behauptet, ihr ehemaliger Liebhaber sei zur Zeit nicht im Lande. Ebenso heftig habe sie allerdings bestritten, von Jan verletzt worden zu sein. Das sei im Fitnessstudio passiert, und damit basta. Greta wiederholte wörtlich, was Tess angeblich gesagt hatte.
    «Zu so was ist Jan nicht fähig. Er ist eine Niete, Greta, ein Versager auf der ganzen Linie, speziell im Bett. Ich habe einiges ausprobiert, sogar ein paar ausgefallene Spielchen. Aber er bringt’s nur auf dem Papier.»
    Die Handschellen lagen immer noch in ihrem Schoß. Ihre Finger schlossen sich darum, zuckten zurück, als wäre das Metall heiß. Ihre Stimme war immer noch fest.
    «Und während der ganzen Zeit hat Tess mit keinem Wort erwähnt, wo Jan sich aufhielt. Sie erklärte, dass sie sich von ihm trennen wolle und er zahlen solle. Für zwei Jahre Langeweile an seiner Seite könne der Preis nicht hoch genug sein», sagte sie. Wenn er freiwillig ihre Forderungen erfülle, würde sie ihm ein großzügiges Besuchsrecht einräumen. Dann dürfe er alle zwei Wochen mit Mandy in den Zoo. Wenn er sich weigere, werde sie ihn gnadenlos an die Wand nageln. Genauso hat sie es ausgedrückt.»
    Ich wusste längst, worauf sie hinauswollte. Aber ich machte nicht den Versuch, sie zu unterbrechen oder aufzuhalten. Und sie erzählte mir, dass Tess sie ins Haus schickte, um ihr etwas zu trinken zu holen. Dass Tess ihr noch nachrief:
    «Vergiss das Eis nicht!»

    «Für das Eis musste ich in die Küche. Dort lag das Messer auf der Abtropffläche. Ich hatte es plötzlich in der Hand. Es ging alles wahnsinnig schnell.»
    Ich schüttelte sachte den Kopf.
    «So nicht, Greta. Von den drei Stichen waren mindestens zwei eine sehr bewusste Sache.»
    Der Gerichtsmediziner hatte mir mit einer Sonde gezeigt, wie der Stichkanal verlief. Der Arzt war sicher gewesen, dass die Obduktion den ersten Eindruck bestätigt.
    «Und weißt du, wo man so etwas lernt?, fragte ich.
    «Das ist nicht meine Weisheit, sondern die des Gerichtsmediziners: beim Militär, bei der Nahkampfausbildung in Spezialeinheiten.»
    Sie zuckte nur mit den Schultern.
    «Dann wird Jan es wohl daher kennen. Ich kenne es aus seinem Roman. Ich wusste, wie ich das Messer ansetzen musste. Unter den Rippen und schräg nach oben führen.»
    Ich grinste, eine andere Reaktion auf diese Auskunft hatte ich nicht.
    «Lesen bildet also tatsächlich. Da frage ich mich, warum sie sich beim Militär so viel Mühe mit der Ausbildung geben. Sie könnten doch jedem Rekruten ein Buch in die Finger drücken. Der Etat für den Verteidigungshaushalt ließe sich drastisch senken.»
    Greta beachtete meinen Einwand nicht.
    «Der erste Stich», sagte sie, «war keine Absicht. Es war nur eine unglückliche Bewegung. Ich nehme an, Tess erschrak, als ich mit dem Messer auftauchte. Sie richtete sich plötzlich auf, sodass der Schnitt in den Hals traf. Ich sah das Blut und geriet in Panik.»

    «Deshalb weißt du das alles auch noch so genau, meinte ich ironisch.
    «Panik stützt das Erinnerungs- vermögen ja ungemein. Wie ging es denn weiter?»

    «Ich wollte verhindern, dass sie schrie, und habe mit dem zweiten Stich auf den Kehlkopf gezielt. Sie schaute mich so verwundert an. Ich glaube, sie hat gar nicht begriffen, was geschah. Ich stach noch einmal zu. Dann habe ich sie auf den Bauch gedreht und das Messer abgespült. Und dann stand Jan plötzlich in der Küche. Ich dachte, er verliert den Verstand. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich auf ihn eingeredet habe. Irgendwann hatte ich ihn so weit, dass er mit mir zum Wagen ging. An Zigaretten haben wir beide nicht gedacht.

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