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Meines Bruders Moerderin

Meines Bruders Moerderin

Titel: Meines Bruders Moerderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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gezahlt und sie behandelt wie eine Sklavin. Ich kann gut verstehen, dass den einer umgelegt hat. Wundert mich nur, dass es nicht schon früher passiert ist.«
    »Und Männer?«
    »Schwul? Du meinst, er war ein maricón ?«
    »Gott, Javi, Männer können doch auch mal einfach Freunde haben. So wie Tino und du.«
    »Tino und ich. Wir trinken mal ein Bier zusammen vor dem Fußball und auch nur, wenn Barça spielt. Ah! Ich verstehe, was du meinst. Nein. Ehrlich. Ich habe nie einen Mann da reingehen sehen. Und ich hab hier so ziemlich alles im Blick. Vielleicht mal ein Junge vom Pizzaservice, ein Weinlieferant. Selten. Die meisten Einkäufe machte ja Encarna für ihn. Nein, Señora Janeta, keine Männer. Nur kleine Blondinen.
    Es wurde dunkel. Janet schoss schnell noch ein paar Fotos von den ausgebrannten Ruinen, den Neugierigen, und eins von Javier. Sie überlegte, wie sie noch einmal ins Innere des Hauses kommen konnte und musterte die Wachen nach ihrer möglichen Verfügbarkeit. Da piepte ihr Handy. Eine SMS. MOM, BITTE, BITTE. DAS SCHILLING. FERRAN/RAURIC. ERIC.
    Janet vergaß Javier, Reimann und seine Ruinen. Eric steckte in der Scheiße. Wieder mal. Und wenn er es so dringend machte, dann stank es wirklich. Sie lief los. In dieser Gegend ein Taxi finden zu wollen war illusorisch. Das war keine Touristengegend. Rauf zur Mole oder runter zum Hafen. Sie entschied sich für das Museum der katalanischen Geschichte und hatte schon am Joan de Borbó Glück. Leider hielt das Glück nicht an. Von der Plaça de Sant Jaume an war alles gesperrt. Janet war überzeugt, der dämliche Taxifahrer hätte das wissen müssen, und hätte sie hintenrum über die Ferran näher bringen können. Sie stieg aus, ohne ihm ein Trinkgeld zu geben. Der Fahrer gab kommentarlos Gas.
    Das Schilling war zur Zeit >in<. Früher hatte der Laden zu einer österreichischen Waffenfabrik gehört. Hohe Räume mit gewölbter Bogendecke. Von berühmter Designerhand rundum erneuert. Etagenhohe Fenster zur Straße hin. Über die gesamte Stirnseite eine halbrunde Bar. Bistrotische und -stühle und ein paar gemütliche Ecken mit Ledersesseln. Papierlampen. Weinregale bis unter die Decke. An den wenigen freien Flächen zwei mal drei Meter Fotos von nackten Frauen. Rückenansichten, schwarzweiß. Schön, gekonnt, cool. Jazzmusik der fünfziger Jahre. Die beiden Mädchen und der Junge hinter der Bar trugen weiße Hemden mit Fliege und lange Schürzen wie in New York.
    Alternde Intellektuelle, übrig gebliebene Linke aus Francos Zeiten, ein berühmter katalanischer Dichter, ein bekannter französischer Filmkomponist, ein deutscher Fotograf, zum Frühstück auch schon mal Berta, die Bettlerin, und jede Menge junge Leute. Homosexuell die meisten.
    Eric saß unter dem Weinregal. Bei ihm zwei andere junge Männer. Beide verdammt gut aussehend. Der eine in Lederjeans und ledernem Muscleshirt mit Riemchen an den Schultern und Hüften, der andere offenbar Nordafrikaner, in einem roten T-Shirt mit gelber Aufschrift: No somos diferentes , Wir sind nicht anders!, und alten Jeans.
    »Mom«, Eric sprang auf und umarmte sie. Janet wusste gar nicht, wie sie reagieren sollte. In ihrer Familie hatte es nie viel Zärtlichkeit gegeben, auch nicht, als die Kinder klein waren. »Mom, ich will dir meine Freunde vorstellen. Das ist Bertrán. Ihm gehört das High Heels , diese supercoole Designer-Schuhboutique gegenüber.«
    »Sehr erfreut«, Muscleshirt sprang auf und beehrte sie mit einem gekonnten Handkuss. Sein Englisch war amerikanisch eingefärbt. »Uns. Der Laden gehört uns.« Bertrán strahlte Eric an. »Eric ist mein Partner. Wenn er hinter der Theke steht, verkaufen wir doppelt. Ich kümmere mich um den Einkauf und die Bücher.« Es ging also um Geld, wie erwartet. Janet schielte nach Bertráns Armbeuge, konnte aber keine Einstichnarben entdecken.
    »Und das hier ist Gil Azar.« Der Nordafrikaner klemmte sich mit großer Mühe eine Art Lächeln ab. Eric zog ihr einen Stuhl zurecht. »Setz dich, Mom. J&B on ice?« Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern ging zur Bar.
    »Sie müssen sich keine Sorgen um Eric machen«, Bertrán beugte sich vertraulich zu ihr herüber. »Der ist wirklich okay, der Junge. Ich hab ihn sehr gern. Ich passe gut auf ihn auf.«
    »Danke«, Janet griff spontan nach seiner Hand, sie glaubte ihm. Eric kam zurück, hinter ihm das Mädchen mit der langen Schürze und einem runden Tablett. Drei Bier und ein Whisky auf Eis. Janet nahm einen Schluck. »Du

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