Meines Vaters Land: Geschichte einer deutschen Familie (German Edition)
uns versprachen, voll von bestem Willen,
Ein Leben miteinander aufzubauen.
Und wenn wir heut, so ganz für uns im stillen,
Hin über diese zwanzig Jahre schauen,
So steht für mich vor allem obenan
Der Dank an Dich, daß Du mit mir gegangen –
Mit mir, dem jungen, unerfahr’nen Mann,
Der es gewagt, nach Deinem Stern zu langen
Und, ohne recht zu wissen, was es galt,
Mit Dir in das ihm fremde Leben trieb,
Der in sich nur den einen starken Halt
Im Herzen trug: Ich habe Dich so lieb.
Es kam manch schönes, junges,
starkes Jahr, In dem wir nahe zu einander fanden;
Du gabst mir unsre Kinder, die fürwahr
Uns fest und fester an einander banden.
Die Saat wuchs auf – und zwischen gutem Korn
Fand sich auch Unkraut, üppig wuchernd, an.
Es kam ein Sturm, der fast noch mal von vorn
Uns hieß beginnen – der den ganzen Mann
In mir, in dir die ganze Frau erschüttert,
Und der zu stürzen drohte, was wir bauten.
Wir standen, ich verzweifelt, Du verbittert,
Vor der Verwüstung – kaum daß wir uns trauten,
Die Hände noch einmal mit aller Kraft zu regen
Und, statt verlornem Reichtum nachzuträumen,
In unser Feld die neue Saat zu legen
Und alle Trümmer aus dem Weg zu räumen.
Doch Gott gab Gnade uns und neue Kraft,
Zu neuem Anfang gab er neuen Mut.
Schon haben wir ein Stück des Wegs geschafft
Und dürfen hoffen: Es wird wieder gut!
Ich wünschte, ich könnte jetzt die Sonne über einer weiten Landschaft untergehen lassen, das Orchester zum Crescendo steigern und nach einer Weile ein lapidares »The End« auf die Leinwand setzen. Kann ich nicht. Es geht immer alles weiter.
Außerdem ist Krieg. Ich wüßte gern, was HG in Kopenhagen tatsächlich gemacht hat. Ich kenne mich in Militärdingen nicht aus und in Abwehr-Angelegenheiten schon gar nicht. Vorstellbar ist schon, daß in HGs kleinem Gastland für einen Abwehr-Mann eine Menge subversiver Aktivitäten zu beobachten waren. Schließlich führten sich die Deutschen in Norwegen auf wie die Vandalen, Schweden legte seine Neutralität nach Gusto aus, und die Briten setzten alles daran, den dänischen Widerstand aufzustacheln.
Allerdings war die deutsche Besatzungspolitik in Dänemark, anders als in allen anderen okkupierten Ländern, in den Anfangsjahren moderat. Die dänische Verfassung blieb in Kraft, der König im Amt, Regierung, Verwaltung und Parlament setzten ihre Arbeit fort. Es gab keine deutsche Militäradministration wie in Frankreich oder Belgien und keinen nationalsozialistischen Reichskommissar wie in Norwegen oder Holland. Die deutschen Belange wurden weiter durch den bisherigen Gesandten Cécil von Renthe-Fink vertreten. Die wenigen dänischen Nazis waren an der Regierung nicht beteiligt und politisch irrelevant, sogar die kleine dänische Armee blieb intakt und bewaffnet. Bis zum Spätherbst 1943 lebten die knapp 7000 Juden im Land unbehelligt, dann wurden sie fast vollzählig nach Schweden gerettet. Zu der Zeit war HG schon an der Ostfront.
Die »weiche« Besetzung Dänemarks war ein Experiment und Gegenstand ständiger Auseinandersetzungen zwischen SS, Wehrmacht und Auswärtigem Amt. Die Streitfrage ging darum, ob die Politik der Partnerschaft langfristig den deutschen Interessen besser diene als die der Unterdrückung wie etwa in Norwegen. Dänemark war für Deutschland strategisch wichtig. Ohne dänische Agrarexporte nach Deutschland konnte das Reich nicht existieren, sie deckten zwischen 10 und 15 Prozent des Gesamtbedarfs an Lebensmitteln. Abgesehen von den Besatzungstruppen war der Personalaufwand gering – Werner Best, der spätere Reichsbevollmächtigte in Dänemark, kam mit 215 Angestellten und Beamten aus. Eine Besetzung, die dem Land seine Autonomie ließ, würde – so war die Vermutung – weniger Widerstand erzeugen und weniger Sicherheitskräfte binden.
Zu Anfang klappte das ganz gut, denn die dänische Regierung hatte ein Interesse daran, das Land intakt zu halten einschließlich funktionierender Zeitungen und Hochschulen, frei von Nazi-Agitationszentren oder Flaggen- und Aufmarschzwang. Dänemark wollte möglichst unbeschadet durch den Krieg kommen ohne Gesichtsverlust wegen übermäßiger Deutschen-Hörigkeit. Klugen Männern auf beiden Seiten gelang dieser Drahtseilakt, bis ab 1943 wechselseitige Gewalt das Experiment scheitern ließ.
In den Jahren, als HG in Kopenhagen war, haben Bevölkerung und die im Verhältnis dazu wenigen Deutschen – wenig, weil die Besatzungstruppen bald reduziert worden waren – sich miteinander
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