Meistbietend ersteigert
aktivierte es erneut den Alarmzustand, der stets über ihn kam, wenn er sich in der Nähe dieses Mannes befand.
Jens nickte stumm. Seine Stimme war irgendwie wieder schlafen gegangen, jedenfalls wollten die Worte, die er sich rasch zurechtgelegt hatte, nicht über seine Lippen huschen.
„Frühstück ist fertig“, berichtete Eduard.
Abermals nickte Jens, drehte sich um und suchte seine Klamotten vom Vortag. Rasch kleidete er sich an. Als er sich anschickte, das Zimmer zu verlassen, stand Eduard noch immer am Eingang und schien ihn beobachtet zu haben. Oder er wollte sich vergewissern, dass er sich auch wirklich anzog und der Aufforderung Folge leistete. So wie es sein Vater früher gemacht hatte, als Jens am frühen Morgen nicht so richtig in die Gänge kommen wollte. Dann war er ebenfalls so lange neben ihm stehen geblieben, bis sein Sohn endlich aus dem Bett gekrabbelt war und sich angekleidet hatte.
Als Jens vor ihm stehen blieb und sich ihre Blicke trafen, ging ein Ruck durch Eduard. Er wirbelte herum und marschierte voran.
Eine Duftspur aus frisch aufgebrühtem Kaffee und noch warmen Brötchen geleitete sie bis zum Esszimmer. Jens riss beeindruckt die Augen auf, als er den gedeckten Tisch sah. Ein Korb mit goldbraun gerösteten Semmeln lockte ihn wie magisch an den Tisch. Verschiedene Sorten von Marmelade, Honig, Käse, Wurst und anderen Brotaufstrichen waren wie ein Buffet angerichtet worden. Auf einem silbernen Teller lagen Butterkringel zu einem kleinen Berg aufgetürmt.
Beeindruck blieb Jens vor dem Tisch stehen.
Wenn die Haushälterin an diesem Wochenende freibekommen hatte, wer hatte dann dieses Frühstück zubereitet?
Eduard? Wohl kaum. Der überhebliche Kerl würde sich seine feinen Finger bestimmt nicht an einer fettigen Butter schmutzig machen.
Jens sah hoch und blickte geradewegs in Eduards Augen, die ihn abermals beobachteten. Offenbar wartete er auf eine anerkennende Bemerkung.
„Sieht gut aus“, tat ihm Jens den Gefallen.
Eduard lachte leise und bot ihm wie am Abend zuvor, mit einer galanten Bewegung einen Platz am Tisch.
„Du brauchst viel Kraft und Energie, wenn du den heutigen Arbeitstag überstehen willst.“ Er grinste breit und setzte sich gegenüber.
Jens verkniff sich eine Erwiderung. Ihn irritierte die Wandlung vom schroffen Hausherrn zum gut gelaunten Gastgeber. Wahrscheinlich hatte Eduard nur ein paar Stunden Schlaf gebraucht, um wieder der gewohnte nonchalante Kerl zu sein.
Aber noch viel mehr ärgerte ihn die Erklärung für dieses reichliche Frühstücksbuffet. Er wusste selbst, dass er schwächlich wirkte. Er trieb keinen Sport – so gut wie gar keinen – daher konnte er nicht mit ausgeprägten Muskeln oder einer durchtrainierten Figur angeben. Seine persönliche Fitness holte er sich, wenn er für seinen Vater Care-Pakete verlud, minderbemittelten Leuten bei der Renovierung ihrer Wohnung half, vollgelaufene Keller mit Eimer und Schaufel vom Wasser befreite, Tische und Stühle für die Veranstaltungen seiner Eltern schleppte oder Getränkekästen herumwuchtete. Für Freizeitaktivitäten war ihm nie viel Zeit geblieben. Jede freie Minute war von seinen Eltern in Beschlag genommen worden.
„Du wolltest mir gestern noch etwas sagen“, griff Jens das Thema wieder auf. Es interessierte ihn brennend, warum Eduard ihn unbedingt kennenlernen und mit ihm sprechen wollte.
Ein PR-Gag seiner Brauerei?
„Besprechen wir erst einmal, wie wir das heute machen“, wich der Froeling-Spross aus und goss ihnen beiden Kaffee ein. „Ich weiß nicht, wie lange uns die Zeitungsfritzen nerven werden. So lange müssen wir ihnen eben etwas vorspielen.“
„Warum vorspielen?“ Jens nahm sich eines der noch sehr warmen Brötchen und ließ es auf seinen Teller fallen, als er sich die Finger verbrannte. „Ich bin doch zum Arbeiten hier.“ Er wedelte kurz mit seiner Hand und hielt sich schließlich die verbrühten Fingerspitzen an sein Ohrläppchen. Wie konnte man einfache Brotteile nur so heiß machen? Wohl nur, wenn man sie kurz vor dem Frühstück aus dem Ofen holte. Eduard hatte sich wirklich Mühe gegeben.
Erneut kam in Jens ein banges Gefühl auf.
„Ja“, gab Eduard gedehnt von sich. Er verzog leicht sein Gesicht, als schien ihn dieser Gedanke nicht sonderlich zuzusagen. „Ich habe dir gestern schon gesagt, dass dies nur ein Vorwand ist.“
Das bange Gefühl in Jens verstärkte sich.
Er sah hoch und versuchte, in dem Gesicht seines Gegenübers eine Antwort zu finden, da
Weitere Kostenlose Bücher