Meistbietend ersteigert
hatte. Sofort ließ dieser seine Hände in den Schoß fallen. Langsam kam der Hausherr näher heran, bis seine Knie an die des Jüngeren anstießen. Dieser verkrampfte sich bei jedem Schritt mehr und mehr, war nicht fähig, etwas zu sagen oder zu tun, geschweige denn aufzuspringen und davonzulaufen. Er wusste auch nicht, warum er davonlaufen sollte. Es gab keine Bedrohung. Ganz im Gegenteil. Obwohl ihn Eduards Nähe absolut verunsicherte und seinen gesamten Organismus durcheinanderbrachte, fühlte er sich bei ihm auf merkwürdige Weise wohl. Sein Herz kreischte auf bei dem Gedanken, das Haus am Sonntagabend wieder verlassen zu müssen, mit ihm auch Eduard.
Langsam beugte sich der junge Froeling nieder, strich zärtlich einige Strähnen des noch feuchten Haares aus dem Gesicht seines Gastes und fuhr schließlich in das Haar am Hinterkopf, um den Kopf leicht an sich zu ziehen. Jens folgte der Bewegung, bis ihre Gesichter nur noch ein paar Zentimeter trennten.
„Würdest du es gerne einmal ausprobieren?“, wiederholte Eduard seine Frage, diesmal sinnlicher, voller Erotik und mit einer Glut in den Augen, die Jens direkt die Hitze ins Gesicht schießen ließ.
Er öffnete seine Lippen, doch kein Laut drang hervor. Stattdessen zeigte sich kurz die Zungenspitze, als wolle sie die Lippen anfeuchten.
Eduard öffnete rasch seinen eigenen Mund, ließ die Zunge ein wenig herausgleiten und berührte Jens' Zungenspitze.
Dieser zuckte durch die ungewohnte Berührung zusammen, ließ es jedoch mit sich geschehen. Und als sich die Lippen des anderen auf seine drückten, schloss er einem inneren Drang folgend die Augen.
Er wusste selbst nicht, warum er dies zuließ, warum er Eduard nicht Einhalt gebot und ihn zurückstieß. Es war ein Verlangen, das von ihm Besitz ergriffen hatte und nicht gestatten wollte, dass er den Kuss unterbrach.
Ein sehnsüchtiges Seufzen entkam ihm. Augenblicklich floss sämtliche Anspannung von ihm. Wohlige Wärme überflutete ihn, ließ die Schweißporen rotieren. Er fühlte, wie kalte Tropfen an seiner Wirbelsäule entlang Richtung Steiß wanderten. Ein beklemmendes, unangenehmes Gefühl. Aus einem undefinierbaren Grund wünschte er sich, Eduard würde sie wegküssen.
Der Kuss war ein Erlebnis.
Noch nie war er von einem Mann geküsst worden, nicht einmal freundschaftlich auf die Wange. Doch dieser Kuss war so überwältigend, dass er förmlich darunter zerfloss. Eduards Lippen waren so weich und hart zugleich. Er schmeckte nach der Bratensoße von gestern. Vermutlich hatte er ebenfalls von den Resten gegessen.
Als sich Eduard zurückzog, seufzte Jens abermals. Diesmal aus Enttäuschung, Frust. Ihm war, als hätte man ihn allein in einer kalten Nacht stehen lassen.
Er riss die Augen auf.
„Wie war das?“, wollte Eduard sanft wissen.
„Schön“, entkam es Jens und leckte sich sehnsuchtsvoll über die Lippen. Gerne würde er den Kuss wiederholen. Sein Blick war wie gebannt auf den schönen, sinnlichen Mund von Eduard gerichtet. Er konnte sich davon nicht losreißen.
Was war nur los mit ihm? Warum schmeckte ihm der Kuss eines Mannes so gut, besser als der jeder Frau, die er bisher geküsst hatte? Er sehnte sich nach dem Kuss, kaum, dass sich ihre Lippen getrennt hatten.
„Noch einmal?“, schien der andere die flehenden Gedanken erraten zu haben.
Jens nickte leicht, entgegen aller Vernunft, die in ihm lauthals Alarm schrie. Die Hand war noch immer in seinem Haar und führte ihn wieder an den Mund heran. Abermals schloss Jens die Augen, ließ die zarte Berührung auf sich einwirken, schmolz regelrecht dahin. Noch nie hatte er etwas so Schönes und Sinnliches erleben dürfen. Es war einfach hervorragend. Seine Sinne tanzten freudig. In seinem Kopf schienen ganze Horden von Ameisen Fähnchen schwenkend herumzutollen. Er konnte kaum einen Gedanken fassen.
Diesmal streichelte Eduard zärtlich mit seinen Lippen über die von Jens, schmeichelte ihnen, nahm sie sanft zwischen seine und saugte sie vorsichtig in den Mund. Als er mit der Zungenspitze über Jens' Lippen strich, entkam diesem ein weiteres Seufzen. Worauf sich Eduard tiefer wagte. Mit der Zunge teilte er die Lippen und drängte sich dazwischen, um vorsichtig über die Zähne zu gleiten.
Jens' Kiefer fühlte sich schwerfällig an, als er den Mund öffnete, um Eduard einzulassen.
Der Geschmack von Rinderbraten, Kartoffeln und Soße überflutete ihn, der Geschmack vom gestrigen Abendessen. Vermutlich drang Eduard fast derselbe Geschmack
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