Meistens alles sehr schnell: Roman (German Edition)
Driajes«, sagte Fred und ließ sie los.
Violet lächelte. »Ein
ambrosischer
Name.«
Fred zuckte zusammen und sah Albert an.
»Hab ich was Falsches gesagt?«, fragte sie.
Albert schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil.«
Fred flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Das macht man nicht«, sagte Albert. »Außerdem kannst du sie das selbst fragen.«
Es kostete Fred sichtlich Überwindung, den Blick vom Boden zu heben. »Kommst du mit?«
Violet fragte: »Wohin?« – obwohl sie sich bereits entschieden hatte.
Albert nickte in Richtung der Bushaltestelle. »Grüne Autos zählen.«
An diesem Tag kamen sie auf über fünfzig, was nicht an regem Verkehr lag, sondern daran, dass sie so lange blieben. Während Fred, vertieft in sein Tagebuch, die einzelnen Fahrzeuge notierte, befragte Violet Albert zu seinem Leben mit Fred. Albert fiel auf, dass Violets Hände zitterten, sie steckte sie in die Hosentaschen, als sie ihm gestand, dass sie ihn gut leiden konnte, was ihr, einmal ausgesprochen, offenbar noch zu moderat erschien, weshalb sie hinzufügte, sie werde sich bestimmt immer an diese Stunden erinnern können, und Albert saß steif neben ihr, weil er nicht wusste, was sie von ihm erwartete. Violet fragte ihn, ob sie bei ihnen übernachten dürfte (wahrscheinlich sagte sie nicht »bei ihm«, dachte Albert, um weniger offensichtlich zu klingen), und er freute sich so sehr darüber, dass er vergaß, ein strategisch platziertes, cool wirkendes Zögern einzubauen, ehe er nickte.
Albert zog seinen nächsten Besuch in Königsdorf vor, kehrte schon im Oktober zurück und lud Violet zum Mittagessen ein. Als er sein selbstgemachtes Chili con Carne auftischen wollte, fand er Papierfitzel darin und stellte Fred zur Rede – »Was soll das Papier im Essen?«, fragte er ihn, und Fred riss die Augen auf und behauptete: »Das war ich nicht!«, und Albert hob die Stimme: »Lüg nicht, Fred«, und Fred schrie: »Ich lüge nie!«, und Albert wurde noch lauter: »Mit dem Essen spielt man nicht!«, und Fred beteuerte: »Ich will ja gar nicht spielen!«
Violets einfühlsamere Herangehensweise entlockte Fred das Geständnis, dass er sich nicht getraut hatte, eine Frage zu stellen, weshalb er sie auf einen Zettel geschrieben, diesen in Fetzen gerissen und unters Essen gemischt hatte.
»Du kannst mich alles fragen«, sagte Albert.
Fred wischte sich über das Gesicht. »Warum macht ihr immer so komische Geräusche, wenn Violet da ist?«
Albert verschluckte sich. Violet lachte und sagte: »Das ist die schönste Nebensache der Welt.«
»Und wann macht man die schönste Nebensache der Welt?«
Sie sah Albert an, der, aus einem Wasserglas trinkend, ihren Blick erwiderte. »Wenn man sich sehr, sehr gut fühlt.«
»Ambrosisch?«
»Überaus ambrosisch.«
In der Nacht weckten Albert seltsame Laute. Violet war schon wach, sie saß aufrecht im Bett. »Die schönste Nebensache der Welt«, sagte sie und deutete in Richtung Freds Zimmer und schmunzelte, und nachdem sie ein zweites Mal in dieser Nacht miteinander geschlafen hatten, gestand Albert, alleine hätte er Freds Imitation nervig gefunden, aber mit ihr sei es anders, mit ihr sei
er
anders, als könnte er, seitdem er sie kannte, Fred besser sehen oder sich mehr Mühe geben. Er würde nun nach Königsdorf fahren, weil er dorthin wollte, und nicht, weil er sich verpflichtet fühlte, und dafür sei er Violet dankbar, flüsterte er ihr zu, sehr dankbar, und Violet erwiderte, nie habe ihr jemand ein schöneres Kompliment gemacht, und küsste ihn, und sie schliefen ein drittes Mal miteinander, und Albert fühlte sich so glücklich, zum ersten Mal in seinem Leben wollte er nichts an seinem Leben ändern. Alles sollte so bleiben, wie es war.
Am Abend darauf stellte sie ihm das Zyklopenauge vor.
Das Zyklopenauge
27. Oktober 2001
Unschärfe weicht Schärfe. Zerwühlte Bettlaken. Sonnenauf- oder -untergangslicht. Albert blinzelt. Er hat Augenringe. Die Narbe auf seiner Wange schimmert. Er fragt: »Und was soll ich jetzt machen?«
Violets Kichern aus dem Off. »Du sein.«
»Wie kann ich nicht ich sein?«
»Viele Leute sind selten sie selbst.«
»Also, jetzt gerade fühle ich mich sehr wie ich.«
»Ist das unangenehm, gefilmt zu werden?«
»Ein bisschen. Aber irgendwie auch aufregend.«
»Du wurdest wirklich noch nie gefilmt?«
»In Helena werden zu Geburtstagen und zu Weihnachten Fotos geschossen.«
»Ich wünschte, ich könnte dich als Kind sehen, ich würde gerne wissen,
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