Meister der Assassinen
würde wahrscheinlich mit dem Holzhacken anfangen, um sich abzulenken ...
»Weißt du«, sagte Milt, als sie Arm in Arm in ihrer kleinen Hütte lagen. »Ich bin froh, wenn wir wieder von hier wegkommen. Ich kann Jack verstehen - wir haben uns von den anderen entfernt, entfremdet. Die sind alle immer noch in ihrer Welt gefangen und haben nichts von hier angenommen.«
»Sie haben Angst, Milt, weil die Frist abläuft.«
»Genau wie bei uns. Doch sie könnten sich auf vielfältige Weise nützlich machen und beschäftigen. Stattdessen hören sie lieber auf Norbert, weil sie sich weigern, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Luca ist eigentlich der Einzige, der bei Verstand ist - und er ist ein Kind. Na ja, schon ein Jugendlicher, könnte man sagen.«
»Also war Aruns Idee genau richtig?« Sie lächelte. »Du musst dich nicht dauernd um mich sorgen, und wir sind trotzdem unterwegs?«
Er grinste. »Erwischt. Mit denen vom Schiff macht es viel mehr Spaß. Sie sind Elfen, aber ich mag sie. Wenngleich ich glaube, dass auch Arun einiges vor uns verbirgt ...«
»Ja, das hat Prinz Laycham bereits gesagt.«
»Nun, aber er ist ein Elf, da ist das ganz normal. So genau will ich’s gar nicht wissen ...« Er legte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme unter dem Kopf. »So ein fliegendes Schiff ... das hat etwas.«
»Enorm viel Eskapismus«, stimmte Laura zu. »Wie mit dem Wohnmobil unterwegs, nur viel toller.« Sie schmiegte sich an ihn und legte die Hand auf seine Brust. »Ich hab wahnsinnig Angst, Milt. Die neunte Woche bricht an ...«
»Wie das Warten auf die Schlachtbank. Ich verstehe, was du meinst. Aber lass es uns einfach verdrängen und so tun, als wäre da nichts. Und sagen wir uns, dafür haben wir das grandioseste Abenteuer aller Zeiten erlebt. Das ist vielleicht schon ein Leben wert ...« Er zog sie an seine Brust und küsste sie.
Laura war viel zu nervös, um lange zu schlafen. Außerdem war sie das gar nicht mehr gewohnt - Ruhe. Schon auf dem Herflug, von kleineren Unterbrechungen abgesehen, nun am Vortag und die ganze Nacht ... da war sie irgendwann ausgeschlafen. Und außerdem hatte sie Hunger. Es gab einiges aufzuholen.
Milt brauchte noch ein bisschen, deshalb schlüpfte sie leise hinaus und atmete tief die frische, würzige Luft ein. Eine Luft, die keine Abgase von Auto und Industrie kannte und keine sonstigen Verunreinigungen.
Nidi und Finn waren bereits unterwegs - oder etwa immer noch? und dann sah sie zu ihrem Erstaunen sogar Zoe. Eilig gesellte sie sich zu ihrer Freundin, die sich gerade etwas zu essen holte, und belud auch ihren Teller.
»Was machst du denn so früh schon auf?«, fragte sie und biss herzhaft von einem noch warmen Brot ab. Sie setzten sich draußen an einen Tisch.
»Kann vor Aufregung nicht mehr schlafen«, antwortete Zoe. »Das ist schlimmer als damals der Spießrutenlauf unter Karl Lagerfelds Augen. Einen Mordsschiss hab ich, das kann ich dir sagen ...«
»Ich auch«, gestand Laura. »Wie wär’s, wenn wir einfach weglaufen?«
»Ja, der nächste Flughafen ist bestimmt nicht weit.«
Sie stießen sich an und prusteten los.
»Bist du mir böse, dass ich mit Laycham gehe?«, fragte Zoe dann.
Laura schüttelte den Kopf. »Überhaupt nicht. Du willst diese Maske schließlich nicht ewig tragen, oder? Und nur in Dar Anuin kannst du einen Weg finden, sie abzulegen. Bist im Gegenteil du mir böse, wenn ich dich nicht begleite?«
»Natürlich nicht. Tja, so hat jede von uns ihren Weg zu gehen.« Zoe trank gedankenversunken ihren Tee. »Die Halbzeit ist lange rum. Ich hoffe, ich bin rechtzeitig vor Ablauf der Frist zurück, wenn das Tor endlich aufgeht.«
Daraufhin schwiegen sie. Sie konnten noch so sehr versuchen, es zu verdrängen; die Angst saß ihnen im Nacken. Es konnte jetzt sehr schnell gehen. Vor allem, falls sich die Regeln änderten und die Frist sich sogar verkürzte - alles war möglich.
»Was sehe ich da?«, erklang eine muntere männliche Stimme, und Arun stelzte heran. Hellwach und gut gelaunt. »Zwei junge Damen so ganz allein? Und zu dieser Zeit?«
Die beiden begrüßten ihn. Laura fiel gleich mit der Tür ins Haus: »Wann brechen wir auf, Arun?«
»Kannst du es nicht mehr erwarten?«
»Nein und ich auch nicht«, gab Zoe an Lauras Stelle die Antwort. »Es ist nicht sehr angenehm, wenn die Zeit abläuft. Wir dürfen nichts vertrödeln.«
»Das kann ich gut verstehen. Vor Jahren standen wir Elfen vor diesem Problem, weil uns die Unsterblichkeit verlustig
Weitere Kostenlose Bücher