Meister der Assassinen
letztlich unterlegen waren, sind Alberich eine Menge Städte und kleine Reiche durch die Lappen gegangen.«
»An allen Ecken und Enden dürfte es brennen, deshalb hat er für uns momentan keinen Nerv. Solange wir ihn in Ruhe lassen, lässt er uns links liegen. Am Olymp gibt es sonst sowieso nichts zu holen, oder?«
»Nur die Quelle der Unsterblichkeit«, sagte Nidi. »Aber die liegt geschützt in Palastnähe - logischerweise, denn Johannes musste jeden Tag daraus trinken.«
»Alle anderen Menschen durften es aber nicht, was?«, sagte Laura ironisch. »So viel besser als Alberich war er nicht, wenn ich es recht bedenke. Er hat ein Paradies nach seinen Vorstellungen geschaffen, aber mit starken Einschränkungen allen anderen gegenüber.«
»Ich nehme an, das war Sinenomens Einfluss geschuldet«, erwiderte Nidi. »Der war ja alles andere als nett.«
Einen ganzen Tag lang umrundeten sie den Berg und suchten ihn gründlich ab. Die Landschaft war wild und urwüchsig, dicht bewaldet und von Felsbrocken durchsetzt. Als Arun beim ersten Licht des frühen Morgens gerade zur zweiten Runde startete, fuchtelte Finn aufgeregt mit dem Finger. »Ich hab’ da was entdeckt!«
Milt strengte seine Augen an; sie waren jedoch bei Weitem nicht so gut wie die des Iren. »Aber hier waren wir schon ...«
»Ja, doch die Perspektive ist jetzt anders - vorher von rechts, jetzt von links. Das macht viel aus. Arun, was sagt dein Glas?«
Sie befanden sich jetzt an der nordöstlichen Flanke des mächtigen Olymp. Der schneegekrönte höchste seiner sechs oder sieben Gipfel mochte an die sechstausend Meter hoch sein, wenn es reichte. Die übrigen Gipfel des Massivs siedelten sich zwischen zwei- und viertausend Metern an. Der Bewuchs reichte bis annähernd viertausend Meter heran, danach reckten sich kahle Felsnadeln in die Höhe, auf denen Riesenvögel und vielleicht sogar Drachen nisten mochten.
Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte sich der aus Morgenröte geflohene Jabberwock hierher zurückgezogen. Laura, Milt und Finn hofften nicht, ihm noch einmal zu begegnen.
Arun setzte das Fernglas an. Die Stelle, auf die Finn deutete, lag bereits außerhalb der Pflanzenregion. Ein schroffer Steilhang zeigte sich, und kurz vor dem senkrechten Anstieg zum Gipfel sahen sie auf etwa dreieinhalbtausend Metern tatsächlich etwas, das nicht natürlichen Ursprungs war.
»Gratuliere, Finn, du hast eindeutig die besten Augen.«
Am Rand eines halbkreisförmigen Plateaus entlang war eine Mauer errichtet worden, mit einem torlosen Eingang. Dahinter, an den Felsen geschmiegt und in ihn hineingebaut, lag eine Trutzburg, deren Vorbauten und Zinnen teilweise über den Abgrund hinausragten. Die Festung an sich war groß und konnte Platz für mindestens tausend Personen bieten, dazu kam das Plateau - wer hier lebte, war uneingeschränkter Herrscher eines kleinen Reiches.
Der Korsar ließ die Cyria Rani näher heransteuern, um mehr Details zu erfahren. »Einsam, aber uneinnehmbar - zumindest vom Boden aus.«
Hinauf führten verschiedene Ziegenpfade, auch ein paar in den Fels an der Flanke entlang gehauene Treppen. Der Hauptzugang schien ein Stück durch den Berg zu einem gemauerten Stollenausgang zu führen, der auf einen Vorsprung mit breiten Stufen hoch zur Mauer mit dem Eingang führte.
»Wie bei uns daheim«, bemerkte Finn.
»Faszinierend«, bekannte Milt. Als Bahamaer, der vor dem Absturz noch nie geflogen war, kannte er überhaupt keine Berge. Er war bereits von dem Gebirge mit dem gewaltigen Vulkan, in dem die Basis der Iolair versteckt war, überwältigt gewesen. Aber der Olymp schlug alles. Einen Berg, der wie ein Gebirge war, und so eine kühne Bergfestung live zu erleben war etwas anderes, als Berichte im Fernsehen zu sehen oder Bilder anzuschauen. Inzwischen hatte er sich an die Sicht aus großer Höhe gewöhnt, die ihn anfangs schwindeln ließ. Ganz neue Erfahrungen für jemanden, der sonst auf und im Wasser zu Hause war. Die Dimension eines Riffs war damit nicht zu vergleichen. Für Milt alltäglich, hatte er sich immer über die Begeisterung der Touristen, die er geführt hatte, amüsiert. Nun war er es, über den sich andere amüsierten, und er konnte das Staunen endlich nachvollziehen.
Laura lächelte und knuffte ihn leicht. »Du Flachlandtiroler«, sagte sie. »Komm nach München, da kann man jeden Tag in die Berge fahren. Und größer als Nassau ist die Stadt allemal.«
»Und nicht so provinziell?«
Ȁh ... doch. Es ist keine Metropole wie
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