Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
Grenze schaffen.« Sein Lächeln erreichte nicht seine Augen, als er hinzufügte: »Ich rate Euch ernsthaft, Euch zu beeilen. Morgen bin ich vielleicht nicht mehr so großzügig, wenn wir Euch auf unserem Grund und Boden erwischen sollten.«
Miranda blieb standhaft. »Mich kann man nicht so einfach entlassen.«
»Aber Ihr seid ein Mitglied des Geisterhofes«, erklärte Renaud, »und damit durch Eure Gelübde gebunden, Euch nicht in die internen Angelegenheiten von Königreichen einzumischen. Wenn Ihr noch weiter drängt, könnte man Euch Eurer Position entheben.« Sein Lächeln wurde grausam. »Ist es nicht so, Herrin Spiritistin?«
Miranda konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, den selbstgefälligen Prinzen mit seinem eigenen wallenden Haar zu erwürgen. Ihre Geister bemerkten ihre Anspannung und fingen an, in ihren Edelsteinen zu murmeln. Für einen Moment war sie in Versuchung, ihren Geist weit zu öffnen und ihm den Unterschied zwischen einem ausgebildeten Spiritisten und einem autodidaktischen Möchtegernmagier zu zeigen. Langsam und methodisch unterdrückte sie diesen Drang. Sie drehte sich um, doch bevor sie den Raum verließ, blieb sie dicht neben Renaud stehen und flüsterte mit leiser, schneidender Stimme: »Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.«
»Doch«, flüsterte Renaud zurück. »Ich glaube schon.«
Miranda stampfte an ihm vorbei in den immer noch überfüllten Thronsaal. Ihre Stiefelabsätze klapperten laut auf den Marmorfliesen. Die wartenden Meister wichen ihr eilig aus, was ihre Stimmung ein kleines bisschen hob, bis sie hörte, wie Renaud ihr höflich hinterherrief: »Schönen Tag auch, Spiritistin.«
Sie gönnte ihm nicht die Befriedigung, sich noch einmal umzudrehen.
Renaud wartete, bis die Spiritistin endgültig außer Sicht war, bevor er die Tür schloss. »Bist du dir sicher, dass das klug war?«, fragte eine amüsierte Stimme aus der Ecke.
Renaud zuckte zusammen, bevor er sich beherrschen konnte. »Musst du das immer tun?«
Coriano saß bereits auf der Seidencouch, als der Prinz sich umdrehte. Er hatte die Füße auf einen der niedrigen Tische gelegt und hielt sein umwickeltes Schwert auf dem Schoß. Nun schenkte er Renaud ein Lächeln und deutete auf einen Stuhl gegenüber der Couch. »Setz dich.«
Renaud blieb stehen. »Was wolltest du sagen?«
Coriano zuckte mit den Achseln und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Ich hatte nur gefragt, ob du mit deinem ›Morgen bin ich vielleicht nicht mehr so großmütig‹ nicht ein bisschen dreist warst. Du hast von mir genug erfahren, um sie mit ihren eigenen Gelübden festzunageln. Es war nicht nötig, sie noch weiter unter Druck zu setzen. Der alte Banage hat ihr beigebracht, kühl zu wirken, aber ich bin mir sicher, dass unter der Oberfläche ein ziemliches Temperament lauert. Nach diesem Auftritt wäre ich nicht überrascht, wenn sie tatsächlich heute noch verschwindet – nur um dich zu ärgern.«
»Das wird sie nicht«, meinte Renaud. »Wenn ich eines über Spiritisten weiß, dann, dass sie alle vom selben hinderlichen Pflichtbewusstsein getrieben werden. Wenn sie hierhergeschickt wurde, um eine Aufgabe zu erfüllen, dann wird sie nicht verschwinden, bevor diese Aufgabe auch wirklich erfüllt ist.« Er beäugte den anderen Mann wachsam. »Was interessiert es dich? Ich dachte, du willst nur Elis Schwertkämpfer.«
»Ja.« In Corianos gelangweilter Stimme klang ein gefährlicher Unterton mit. »Aber das wird hart, wenn du deinen Teil in den Sand setzt, indem du den Stolz eines Spiritisten verletzt.« Die Finger des Schwertkämpfers strichen sanft über das umwickelte Heft seines Schwertes, und er warf dem Prinzen einen schiefen Blick zu. »Du bist nicht der Einzige, der lange auf seine Chance gewartet hat, Magier. Wenn du hier Spielchen spielen willst, schlitzen wir dich auf, bevor du weißt wie dir geschieht.«
»Alles läuft nach Plan«, presste der Prinz zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Du kümmerst dich um deinen Teil und ich mich um meinen.«
»Na gut.« Coriano stand auf. »Wir kriegen gleich Gesellschaft, also verschwinde ich lieber. Ich komme zurück, wenn die Flagge gehisst wird, also halte mein Honorar bereit. Doppelter Preis, natürlich, aber wenn man bedenkt, dass du Elis Kopfgeld einstreichen wirst, wenn das hier vorbei ist, spielt das wohl kaum eine Rolle.«
»Wovon sprichst du?«, wunderte sich Renaud. »Du hast mir erzählt, dass auf Josef Liechten ebenfalls ein Kopfgeld von
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