Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
Miranda klatschten und jubelten, aber ihre höflichen Rufe wurden von der Menge im Flur übertönt, die seit Jahren kein solches Drama gesehen hatte, wenn überhaupt jemals. Selbst die trist gekleideten Meister, die hier und dort in der Menge standen, wirkten fast gegen ihren Willen beeindruckt, und einige der jüngeren jubelten genauso laut wie die Dienerschaft.
Marion hüpfte auf und ab. »Oh, ist das nicht aufregend?«
»Ziemlich.« Miranda zog eine grimmige Miene. Irgendetwas an Renauds Lächeln, der nun den wartenden Meistern die Hände schüttelte, gefiel ihr nicht. Marion warf ihr einen fragenden Blick zu, aber Miranda war bereits dabei, sich unsanft ihren Weg durch die fein gekleidete Menge zu bahnen.
Marion rannte hinterher. »Herrin! Was habt Ihr vor?«
»Ihn beim Wort zu nehmen«, sagte Miranda und drängte sich an zwei alten Damen vorbei, die dem Prinzen mit ihren Taschentüchern winkten. »Er sagt, er will helfen, also werde ich ihn dazu bringen, mir diesen Brief zu geben.«
Marion schrumpfte unter den bösen Blicken, die ihnen zugeworfen wurden, zusammen, aber noch bevor sie anfangen konnte sich zu entschuldigen, tauchte direkt neben Miranda ein Junge in Pagenuniform auf.
»Herrin Spiritistin«, sagte er und verbeugte sich nervös. »Lord Renaud möchte Euch sehen.«
»Nun, das erspart uns einige Mühe. Geh voran.«
Der Page drehte sich um und führte sie von der Menge weg zu einer kleinen Tür in der Mitte des Thronsaals. Dahinter erwartete sie ein kleiner, prächtig eingerichteter Salon. Sobald sie im Raum waren, verschwand der Page wieder in der Menge und ließ die Tür sanft hinter sich ins Schloss fallen.
»Tja«, Miranda ließ sich auf eine der Seidencouchen fallen, »das war alles sehr geschickt. Wir wurden gefunden und verräumt, bevor wir Ärger machen konnten.« Sie sah zu Marion, die immer noch neben der Tür stand und ein wenig benebelt wirkte. »Dein Renaud scheint für einen verbannten Magierprinzen in sehr kurzer Zeit ziemlichen Einfluss gewonnen zu haben. So gut war die Rede auch wieder nicht.«
»Ich denke, Prinz ist hier das wichtigste Wort.« Marion seufzte und ging zum Fenster, um sich auf einen der kunstvoll geschnitzten Holzstühle zu setzen. »Nachdem der König verschwunden ist, bleibt Mellinor kopflos zurück. Seit unserer Gründung waren wir nie länger als einen Tag ohne König. Es gibt keinen Präzedenzfall, also ist es kein Wunder, dass die Meister panisch sind. Ich sollte das nicht sagen, aber im Moment würden sie wahrscheinlich dem Hund des Königs folgen, wenn er königliches Blut nachweisen könnte.« Sie warf einen kurzen Blick zur Tür. »Lord Renaud hat sich sicherlich die beste Zeit für seine Rückkehr ausgesucht. Nur in einer Situation wie dieser kann sein Status als Prinz schwerer wiegen als das Stigma des Magiers.«
»Wie unglaublich günstig für ihn«, meinte Miranda nachdenklich.
Marion wurde bleich. »Bitte, fühlt Euch nicht beleidigt, Herrin. Stigma ist das falsche Wort. Ich …«
»Es ist in Ordnung.« Miranda lächelte. »Entschuldige dich nicht. Du hast mir eine Menge Stoff zum Nachdenken gegeben.«
»Es ist nur …« Marion spielte an ihrem Kleid herum. »Ich musste die Dinge noch nie aus der Sicht eines Magiers – Spiritisten! – eines Spiritisten sehen, und …«
Sie brach mitten in ihrem konfusen Satz ab und sprang auf. Miranda sah sie verwirrt an, bis Marion heftig den Kopf schüttelte, zur Tür zeigte und in einen tiefen Knicks sank.
Eine Sekunde später rauschte Prinz Renaud in den Raum.
Kapitel 8
E r war allein, was Miranda ungewöhnlich schien, und er verbeugte sich so elegant wie ein geübter Diener, während die Tür sich hinter ihm schloss.
»Herrin Spiritistin«, sagte er. »Ich habe mich sehr darauf gefreut, Euch kennenzulernen.«
Miranda stand auf und verbeugte sich ebenfalls, wobei sie hoffte, dass man in Mellinor nicht allzu sehr von der normalen Hofetikette abwich. »Lord Renaud, ich weiß es zu schätzen, dass Ihr Euch Zeit für mich nehmt. Es gibt mehrere Dinge …«
»Solltet Ihr Euch nicht ausruhen?«, fiel Renaud ihr prompt ins Wort. »Die Meister haben mir mitgeteilt, dass Ihr seit Eurer Ankunft hier wach seid.«
Miranda versteifte sich. »Ich weiß Eure Sorge zu schätzen, aber Zeit ist kostbar. Wenn wir Euren Bruder retten wollen, brauche ich Zugang zum Original der Lösegeldforderung.«
»Oh, es ist viel zu spät, um die Geister noch zu befragen, falls es das ist, worauf Ihr aus seid.« Renaud
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