Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
rief er noch über die Schulter.
Knurrend und schnappend sah Gin dem Magier hinterher, bis er im Unterholz verschwunden war. Als Eli wirklich außer Sicht war, sank der Hund hechelnd zu Boden. Die Wurzeln über ihm kicherten, und er knurrte drohend, worüber sie nur noch mehr lachten. Gin legte die Ohren an und schaute zu Miranda. Sie lag immer noch dort, wo sie hingefallen war, mit dem Gesicht auf der Erde. Sie bewegte sich nicht, aber ihre Schultern hoben und senkten sich leicht, und das gab ihm Hoffnung. Gin beobachtete sie noch einen Moment, dann stellte er sich mit einem tiefen Seufzen der Aufgabe, sich mühsam freizugraben.
Miranda wachte langsam, ein Muskel nach dem anderen, auf. Alles tat weh. Sie hatte Dreck in den Augen und – sie verzog das Gesicht – auch in ihrem Mund. Sie hustete testweise und bereute es sofort, als die angeschlagenen Muskeln auf ihrem Brustkorb sich protestierend verkrampften. Für einen Moment blieb sie mit geschlossenen Augen still liegen und konzentrierte sich darauf, ohne Schmerzen zu atmen. Die Welt um sie herum war seltsam still. Sie hörte nichts außer den normalen Geräuschen des Waldes: Grillen, das Quaken von Fröschen in der warmen Luft und den Abendwind hoch in den Bäumen. Sie biss die Zähne zusammen, hob die Hand und fing an, die Erde abzuwischen. Als sie ihr Gesicht so gut gereinigt hatte, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war, öffnete sie vorsichtig die Augen.
Gins Schnauze füllte ihr gesamtes Blickfeld aus, und sie zuckte überrascht zusammen, was ihr vollkommen neue Welten des Schmerzes eröffnete. Die Augen des Geisterhundes weiteten sich, als sie eine Litanei von gemurmelten Flüchen ausstieß, und er lehnte sich näher zu ihr, bis sein heißer Atem ihr noch weiteren Dreck ins Gesicht blies. Sie hustete wieder und verzog das Gesicht. Gin wimmerte leise und leckte ihr zu ihrer großen Überraschung sanft das Gesicht. Miranda konnte eine Grimasse nicht unterdrücken, als seine nasse Zunge über ihre Wange glitt, aber es half gegen den klebrigen Dreck. Außerdem war sie klug genug, sich über diesen seltenen Liebesbeweis nicht zu beschweren.
»Danke«, murmelte sie.
Der Geisterhund bewegte die Ohren und schob sanft die Nase unter sie, um ihr auf die Beine zu helfen.
»Und noch mal danke«, sagte sie und setzte sich langsam auf. Erst dann sah sie ihren Gefährten bewusst an und riss die Augen auf. »Mächte, was ist dir passiert?«
Gin war dreckig. Seine Vorderpfoten, seine Schnauze und der Bauch waren voll schwarzer Erde, und der Rest von ihm war so sehr mit Staub und Schmutz überzogen, dass sie kaum sehen konnte, wie seine Muster sich bewegten.
»Der Magier hat mich gefangen«, sagte er schlicht, »und ich habe mich befreit.«
Miranda wirkte verwirrt. »Gefangen …«
Gin trat ein Stück zur Seite, und Miranda starrte erstaunt auf das, was einmal ihre hübsche, ruhige, hinterhaltfreundliche Lichtung gewesen war. Es sah aus, als wäre ein Baum explodiert. Wurzeln ragten in alle Richtungen aus der Erde, manche auseinandergerissen, andere in dicken Knoten. In der Mitte war ein tiefer Graben, der von Krallenmalen durchzogen war. Ein Gin-großer Haufen Dreck lag an den Bäumen zu ihrer Linken, und so fing Miranda an, das Bild zusammenzusetzen.
»Kein Wunder, dass wir beide aussehen, als hätte ein Dreckgeist beschlossen, uns fest zu umarmen«, meinte sie. »Du hast nie gelernt, sauber zu graben.«
»Geisterhunde sind nicht gerade fürs Graben geschaffen«, knurrte Gin.
Miranda schüttelte den Kopf und krallte sich in das dreckige Fell an seinem Hals, um sich langsam auf die Beine zu ziehen. »Irgendeine Idee, wo der König ist?«
»Irgendwo westlich.« Gin schnippte ein Ohr in die angegebene Richtung. »Sie warten auf etwas.«
Mit Gin als Stütze beugte sich Miranda mühsam vor und hob ein Stück ihres Steingeistes vom Boden auf. »Ich bin überrascht, dass Durn sich nicht wieder aufgebaut hat«, sagte sie und drückte den Stein an ihre Brust. »Dieses Mädchen muss ihn ziemlich verängstigt haben.«
»Du weißt also, was sie ist?«, fragte Gin überrascht.
Miranda nickte. »Was für eine Spiritistin wäre ich, wenn ich keine Dämonenbrut erkennen könnte, wenn ich sie sehe? Besonders, nachdem sie versucht hat, einen meiner Diener zu verschlingen. Es mag ja das erste Mal sein, dass ich tatsächlich einer begegne, aber Meister Banage hat dafür gesorgt, dass wir wissen, was wir tun müssen.«
Gin rümpfte seine dreckige Nase. »Und
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