Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
unschlüssig stehen, dann bahnte er sich ängstlich einen Weg in die Hütte.
»Ich kann es ihm eigentlich nicht übelnehmen«, sagte Miranda, als der König sich zu den Schatten am Feuer gesellte. »Er hat nicht gerade schöne Erinnerungen an diesen Ort, wenn man bedenkt, was er hier durchgemacht hat.«
Gin schnaubte und wirbelte dabei eine Menge toter Blätter auf. »Welcher Magier macht schon ein Feuer mit Feuerstein und Zunder?«
»Anscheinend die Art von Magier, die auch mit Bäumen flirtet.« Miranda schaffte es endlich, ihre Tasche zu lösen, und stellte sie neben sich auf den Boden. »Kein Wunder, dass ich ihn nur so schwer aufspüren konnte. Die Hälfte der Geister auf dieser Lichtung ist in ihn verliebt. Es ist wie bei dieser dämlichen Tür.«
Gin rollte die Augen, blieb aber sonst erstaunlich still. Miranda fing an, seine Ohren zu kraulen. »Wie macht er das?«, murmelte sie. »Wie schafft er es, dass sie, ich weiß nicht …«, sie zuckte mit den Achseln, »… einfach tun, worum er sie bittet?«
»Er hat etwas«, sagte der Geisterhund leise. »Eine Art Strahlen.«
Miranda kraulte weiter und lauschte aufmerksam. Geister, selbst gesprächige Geister wie Gin, sprachen fast nie über die Geisterwelt. Sie hatte unzählige Male versucht, ihm Informationen zu entlocken, aber jedes Mal weigerte er sich mit der Erklärung, dass es einfach zu schwierig wäre – als müsste er einem farbenblinden Kind die Farbe Rot erklären. Einige Dinge, knurrte er gewöhnlich, musste man einfach selbst sehen.
Als er nicht weitersprach, versuchte sie dezent nachzuhaken: »Strahlen? Wie Sonnenlicht?«
»Nein«, sagte Gin. »Nicht wie Licht durch die Augen. Strahlend wie etwas Schönes.« Er schüttelte sich und stand auf. »Lass es gut sein, ich bin nicht gut in solchen Erklärungen. Er hat einfach etwas Strahlendes an sich, in Ordnung? Und Geister werden von Licht angezogen. Deute das, wie du willst. Ich besorge mir etwas zu essen. In ein paar Stunden bin ich zurück.«
Und damit verschwand er. Es geschah so schnell, dass sie kaum fühlte, wie sein Fell durch ihre Finger glitt, bevor er auch schon in der Nacht untertauchte. Miranda stand noch einen langen Moment da und schloss die Augen, um sich vorzustellen, wie wohl Licht aussah, das nicht durch die Augen drang. Erst als Eli etwas von Abendessen schrie, ging sie endlich in die Hütte.
»In Ordnung«, sagte Eli und rieb sich die Hände. »Wie lautet der Plan?«
Sie saßen in zwei Gruppen um das Feuer, Miranda und der König an der einen Wand, Eli an der anderen. Josef lag in einer Ecke flach auf dem Rücken und umklammerte das Heft seines eisernen Schwertes, während Nico über ihm kniete und die hässliche Wunde in seiner Brust versorgte. Als Miranda eingetreten war, hatte sie schon den Glassand aus der Wunde gewischt und war jetzt damit beschäftigt, die Haut zu nähen. Josef wirkte allerdings so gelangweilt, als würde sie neben ihm nähen, nicht an ihm. Miranda war gegen ihren Willen beeindruckt.
Elis Frage schien niemandem direkt zu gelten, aber als keiner sonst antwortete, ergriff Miranda das Wort: »Ein direkter Angriff ist nicht möglich«, sagte sie. »Renaud wird in höchster Alarmbereitschaft sein. Außerdem hat er auch einen meisterhaften Schwertkämpfer, daran sollten wir ebenfalls denken.« Sie nickte in Josefs Richtung, der es entweder nicht bemerkte oder dem es egal war. »Ich wünschte nur, ich wüsste, welche versklavten Geister er noch besitzt.«
Eli zuckte mit den Achseln. »Na ja, so viele riesige, wahnsinnige Geister kann er ja nicht haben.«
»Darauf können wir uns nicht verlassen«, meldete sich Josef zu Wort. »Ich bin kein Magier, aber selbst ich habe erkannt, dass dieser Mann unglaublich mächtig ist. Ich meine, nichts für ungut, Fräulein Spiritistin – aber in dem Moment, als er Ernst gemacht hat, knietet Ihr sofort im Sand.«
Miranda lief rot an. »Misch dich nicht in Dinge ein, von denen du nichts verstehst, Schwertkämpfer«, blaffte sie.
Josef sah zu Eli, der sich sehr darum bemühte, nicht zu lachen. »Sei nicht so empfindlich, Miranda«, sagte Eli. »Er hat es doch nicht böse gemeint. Willst du es ihm erklären, oder soll ich?«
Miranda wandte wütend den Blick ab. »Ich verstehe nicht, warum wir es überhaupt erklären sollten. Er wird es ja sowieso nicht verstehen.«
Josefs böser Blick konnte ihrem durchaus das Wasser reichen. »Teste mich.«
Miranda fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. »Schön«, knurrte
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