Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
sie. »Es ist eigentlich kein Geheimnis.« Sie hob ihre Hand, so dass ihre Ringe im flackernden Feuerschein glitzerten. »Magier können Geistern ihren Willen aufzwingen. Das ist eine der grundlegenden Regeln der Magie. Die andere Regel lautet natürlich, dass ihre Macht sich nicht auf menschliche Seelen erstreckt. Deswegen fühlen die meisten Menschen nur einen leichten Druck, wenn ein Magier seinen Geist öffnet, egal, wie stark der Magier ist. Spiritisten allerdings sind anders, weil wir über unsere Ringe eine ständige Verbindung zu unseren dienstbaren Geistern halten. Jeder meiner Geister zieht ständig eine kleine Menge Energie aus meiner Seele, wie es der Abmachung entspricht, durch die sie zu meinen Dienern wurden.«
»Macht gegen Dienste«, sagte Eli in gespieltem Ernst. »Stärke gegen Gehorsam.«
Miranda ignorierte ihn. »Meistens ist diese Verbindung einseitig. Aber manchmal, zum Beispiel wenn ein mächtiger Magier in ihrer Gegenwart seinen Geist vollkommen öffnet, werden meine dienstbaren Geister wie alle anderen Geister beeinträchtigt, und das kann einen Rückstoß durch die Verbindung schicken.«
»Und das bedeutet?«, fragte Josef.
Eli war schneller als Miranda. »Es bedeutet, dass normale Menschen sich vielleicht ein wenig seltsam fühlen, wenn ein Magier seine Seele öffnet, aber es kann uns nicht verletzen, wir bekommen dabei keine weichen Knie. Spiritisten allerdings sind an ihre Schoßgeister gebunden, und wenn diese Geister unter dem Willen eines starken Magiers wie Renaud fast zerdrückt werden, dann geht der Spiritist«, er ballte die Faust, als wollte er etwas zerquetschen, »zusammen mit ihnen in die Knie.«
Miranda schüttelte den Kopf, aber Josef nickte. »Ziemliche Schwäche. Wie kämpft der Geisterhof dann gegen Versklaver?«
»Ein starker, loyaler Feuergeist ist gewöhnlich vollkommen ausreichend«, sagte Miranda. »Sie sind so chaotisch, dass die meisten Versklaver sie nicht unter Kontrolle bringen können, bevor sie auch schon brennen. Mein Kirik wäre perfekt gewesen, hätte ihn nicht jemand «, sie warf einen mörderischen Blick auf Eli, »gelöscht.«
»Woher sollte ich denn wissen, dass er so schnell verlöschen würde?«
Josef schüttelte den Kopf. »Also, das war das. Gibt es noch einen anderen Weg, um das Problem zu lösen?«
»Nein«, sagte Miranda.
»Ja«, sagte Eli.
Sie wirbelte zu ihm herum. »Was meinst du damit?«
Eli zuckte mit den Achseln. »Es sind doch deine Ringe, die dir solche Probleme machen, richtig? Also nimm sie ab. Scheint mir eine recht einfache Lösung zu sein.«
»Abnehmen?« Miranda blickte ungläubig drein. »Ich kann sie nicht einfach abnehmen!«
»Na ja, wie willst du sonst mit uns in die Burg kommen?«
»Vielleicht kommst du ja zurecht, indem du mit Bäumen und Türen flirtest«, schnaubte sie, »aber ich lasse meine Geister nicht zurück. Dann wäre ich wehrlos!«
»Kann eigentlich nicht schlimmer sein als das, was schon passiert ist«, meinte Josef. »Es hat Renaud sicher unglaubliche Angst gemacht, wie du dich da auf dem Boden gewunden hast. Macht und Erhabenheit des Geisterhofes und so.«
»Es gibt keinen anderen Weg, Miranda«, schaltete sich Eli wieder ein. »Wir brauchen deine Hilfe, und wir können nicht in die Burg eindringen, solange wir uns nicht darauf verlassen können, dass du nicht einfach umkippst, wenn es ernst wird.«
Miranda sah den König an, der bei all dem Geistergerede vollkommen verloren wirkte. Als er ihren Blick auffing, lächelte er sie vertrauensvoll an, und sie seufzte tief. Es fiel ihr unglaublich schwer, aber sie nahm einen Ring nach dem anderen ab und legte sie sanft vor sich auf den Boden. Dann zog sie Erils Anhänger über den Kopf und legte ihn zu den anderen. Zum Schluss zog sie den Siegelring des Geisterhofes von ihrem linken Ringfinger und positionierte ihn ehrfürchtig neben den anderen. Das schwere, goldene Band leuchtete warm im Feuerschein.
Anschließend suchte sie in ihrem Rucksack nach der Hirschledertasche, die alle Spiritisten für genau diese Aufgabe mit sich führten. Ihre Finger fühlten sich unangenehm leicht und nackt an, als sie einen Ring nach dem anderen in den weichen Ledersack fallen ließ. Es wurde eng – kein Spiritist rechnete je damit, alle Ringe gleichzeitig abzunehmen –, aber nach ein paar Versuchen gelang es ihr, alles in der Tasche unterzubringen und sie mit einer roten Seidenschnur zu verschließen. Sie behielt nur einen einzigen Ring aus dem glitzernden Haufen:
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