Meister der Stimmen: Roman (German Edition)
er ihre Haut auflöste.
»Was ist das?«, presste sie hervor, während sie einen panischen Blick zu Eli warf.
»Gregorn«, sagte Eli mit gedämpfter Stimme, weil er sich ein Taschentuch vor den Mund presste. »Oder das, was von ihm übrig ist. Renaud zwingt ihn aus seinem Versteck.«
Der Schleim aus dem Pfeiler schien kein Ende zu nehmen. Er floss das Podium hinunter und sammelte sich auf dem Boden. Der Marmor zischte und knirschte, als die Säure sich mit beängstigender Geschwindigkeit darauf ausbreitete, und trotzdem schien sich der Fluss nicht zu verlangsamen. Und über allem hing Renauds Geist wie ein eisernes Gewicht, der schreckliche Geisterschrei hallte weiter und weiter – fast menschlich, jedoch ohne jede Atempause. Als die schwarze Pfütze die Mitte des Thronsaals erreicht hatte, zuckte Renauds Wille. Der Schleim erstarrte, um dann zu zittern wie ein Espenblatt.
»Gregorn.« Renauds Stimme war erfüllt mit dem Zwang der Versklavung und jagte kleine Wellen über die Pfütze. »Töte sie.«
Der heulende Schrei erreichte seinen Höhepunkt, und auf der Oberfläche der schwarzen Flüssigkeit bildeten sich Blasen, als würde sie kochen. Nein. Miranda trat ein paar Schritte zurück; der Schleim kochte nicht, er wuchs. Die Pfütze hob sich und bildete eine hohe Wand aus schwarzem Schleim zwischen ihnen und dem Pfeiler auf dem Podium. Sie wuchs und wuchs, und während sie wuchs, wurde der Schrei tiefer, bis er absolut nichts Menschliches mehr an sich hatte.
Eli sah zu dem zitternden, ätzenden, widerlichen Schlick hinauf, der alles war, was von dem weltgrößten Versklaver übrig geblieben war, und sein Gesicht wurde bleich. »Nun«, flüsterte er und warf einen schnellen Blick zu Miranda. »Du bist die Spiritistin. Wie sollen wir ihn aufhalten?«
»Ich habe keine Ahnung«, gab sie zu. »Ich habe von so etwas noch nicht einmal gehört.«
Hoch über ihnen hatte die Welle des zähflüssigen Breis den höchsten Punkt des Gewölbes erreicht. Als sie die Decke berührte, heulte sie wieder auf und ließ einen Regen aus ätzenden Tropfen auf sie herabfallen.
»Wunderbar«, meinte Eli und wich den Spritzern aus. »Einfach verflixt wunderbar.« Er seufzte tief, obwohl Miranda sich nicht einmal vorstellen wollte, in diesem Gestank Luft zu holen. Dann sah er über die Schulter zu dem Lavageist, der immer noch im Gang wartete. »Es ist nie einfach, oder?«
»Einfach ist langweilig«, rumpelte Karon und trat durch den zerstörten Türrahmen.
»Ich habe gehofft, dass du das sagen würdest.« Eli lächelte. »Nun«, meinte er und drehte sich wieder zu dem Schleim um. »Dann lass uns Spaß haben.«
Miranda fühlte Karons Lachen tief in ihrem Magen. Die Burg erzitterte in ihren Grundmauern, als der Lavageist vorwärtsstürmte. Seine glühenden Füße zerbrachen bei jedem Schritt den Boden, und seine schwelenden Fäuste waren direkt auf den Mittelpunkt der zitternden schwarzen Flüssigkeit gerichtet. Der Schleim, der einst Gregorn gewesen war, schwappte Karon entgegen, und Eli, Miranda und Nico suchten Deckung, als die zwei Geister in einer Explosion aus schwarzem Dampf aufeinanderprallten.
Kapitel 24
M iranda krümmte sich und rang um Luft. Nico und Eli hatten sich gleichzeitig mit ihr zu Boden geworfen und keuchten, als der schwarze Dampf ihre Lungen verbrannte. Mit tränenden Augen sah Miranda, wie dichte Rauchwolken von Karons glühenden Fäusten aufstiegen, als er ausholte, um noch einmal zuzuschlagen.
»Warte!«, presste Miranda hervor, aber der Lavageist hörte sie nicht. Seine Faust traf den glatten Schleim, der einst Gregorn gewesen war, aber die riesige Wand reagierte kaum. Stattdessen saugte sie den Schlag förmlich auf und schickte pechartige Ranken über Karons glühenden Arm, so dass die Geister nun miteinander verbunden waren. Schwarzer Rauch stieg um sie auf, und beide Geister schrien. Karon kämpfte gegen Gregorns Halt, aber je mehr er kämpfte, desto mehr Pech schien ihn zu überziehen. Schließlich öffnete der Gigant aus Lava mit einem lauten, rumpelnden Schrei seinen riesigen Mund und schickte eine Säule aus weißem Feuer über sich und seinen Gegner. Der Schleim kreischte und löste sich in Form von Säureregen von Karon, der in der glühenden Hitze sofort verpuffte. Wieder waberte schwarzer Dampf durch den Saal und umhüllte alles.
»Du musst ihn aufhalten!«, keuchte Miranda ungefähr in die Richtung, in der sie Eli das letzte Mal gesehen hatte. »Wenn er die Flüssigkeit weiter so
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