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Meister Li und der Stein des Himmels

Meister Li und der Stein des Himmels

Titel: Meister Li und der Stein des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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dem Grab steigt, Vorübergehende erdrosselt und ihre Seelen
stiehlt. Noch niemandem war es gelungen, der Umarmung einer starren Leiche zu
entkommen.
    »O ja, du und deine
Freunde, ihr werdet euch so gut amüsieren, daß ihr uns nie mehr verlassen
wollt«, zischte der Lachende Prinz in mein Ohr, »soviel Freude und nicht enden
wollendes Lachen. Und du wirst in alle Ewigkeit für mich tanzen und tanzen und
tanzen ...«
    »Lob und Preis sei
unserem Herrn des Glücks !« kreischte der Zeremonienmeister, »Lob und Preis dem Stein!« »Dem Stein !« schrien
die Leichen, »Lob und Preis dem Stein!«
    Ich blickte mich in
panischer Angst um und sah, daß der Zeremonienmeister Mondkind, Klagende
Morgendämmerung und Meister Li mit einer Peitsche schlug, während die Leichen
sie umringten und ihnen die Arme an den Leib preßten. Ich drehte den Kopf. Ich
konnte kaum noch atmen, und mir verschwamm alles vor den Augen. Aber ich konnte
erkennen, wohin wir zu tanzen schienen. An der Seite der Höhle befand sich ein
Opferaltar. Daneben stand ein riesiges Steinbecken, das für rituelle Zwecke mit
Öl gefüllt war. Dahinter hingen an einer Säule die Opferäxte an Haken. »Mehr
Fledermäuse !« kreischte der Zeremonienmeister, »Mehr Tanzen und Lachen!«
    Besser jetzt als später,
dachte ich und rannte auf meinem Umweg ein paar Leichen über den Haufen.
Fledermäuse knirschten unter meinen Füßen, als ich auf den Altar zuwankte. Wenn
die Fledermäuse gegen die Schädel der tanzenden Mönche prallten, stießen sie
durchdringende Schreie aus und flüchteten in leere Augenhöhlen und Münder. Mein
Genick schien zu brechen. Vor meinen Augen tanzten schwarze und rote Punkte.
Plötzlich tauchte das Becken mit dem Öl vor mir auf. Mit letzter Kraft stürzte
ich darauf zu, zog mich und die Leiche über den Rand und glitt in das Öl.
Keuchend tauchte ich wieder auf, packte die öligen Leichenarme und drückte sie
nach oben. Langsam schob ich sie bis zu meinen Ohren hoch. Ich griff mit einer
Hand hinunter, schöpfte Öl und goß es über die Arme. Schließlich glitten sie
mit einem lauten schmatzenden Geräusch an meinem Kopf vorbei. Ich hechtete zum
Rand des Beckens, rollte mich darüber und fiel zu Boden. Der Lachende Prinz
stand im Öl und streckte sehnsüchtig die Arme aus.
    »Komm zurück, mein Junge.
Unser Tanz ist noch nicht zu Ende .« Er kicherte.
    Ich schleppte mich zu der
Säule, zog mich hoch und packte eine Opferaxt. Die Leiche hatte das Becken
verlassen und näherte sich mir mit ausgestreckten Armen. Die wahnsinnigen Augen
zwinkerten mir zu. Ich wartete, bis er nahe genug herangekommen war und hackte
ihm die Beine unterhalb der Knie ab. Er fiel rückwärts zu Boden. »Der Stein
und der Herr des Glücks verlangen mehr Fröhlichkeit !« kreischte
der Zeremonienmeister.
    Ich hackte die Hände von
den Armen, die Arme vom Rumpf, hob die Axt hoch und ließ sie auf das verwesende
Gesicht
    fallen. Sie spaltete den
Kopf. Als die beiden Hälften auseinanderfielen, zwinkerten die Augen.
»Völlig...«, sagte der linke Teil des Mundes. »... nutzlos«, sagte der rechte
Teil des Mundes. Ich ließ die Axt los, taumelte davon und fiel. Unfähig mich zu
bewegen, lag ich auf dem Boden und rang nach Luft. »Singt das hohe Lied der
Freude, denn unser Herr des Glücks bereitet das Opfer vor !« schrie der Zeremonienmeister. Es gelang mir, den Kopf zu wenden. Die
abgeschlagenen Hände krochen wie Krebse auf mich zu. Sie kletterten an meinen
Beinen hoch, über meine Brust und umklammerten meinen Hals.
    »Ha, ha, ha !« lachten die tanzenden Leichen, »ho, ho, ho!« Ich richtete
mich schwankend auf und zerrte vergebens an den würgenden Händen. Ich schleppte
mich zum Becken, tauchte den Kopf in das Öl und löste einen der glitschigen,
knochigen Finger nach dem anderen. Dann warf ich die Hände in das Öl zurück,
taumelte zur Säule und riß eine Fackel aus der Halterung. Ich warf sie, ohne
etwas zu sehen. Beinahe hätte ich mein Ziel verfehlt. Die Fackel schwankte auf
dem Rand und fiel dann ins Öl. Ich stürzte wie gelähmt zu Boden.
    Eine Flammensäule schoß zur
Decke der Höhle empor. Zwei Feuerbälle krochen über den Beckenrand und fielen
herunter. Die brennenden Hände zischten und zogen knisternd eine Flammenspur
hinter sich her. Auch der Rumpf, der gespaltene Kopf und die Gliedmaßen fingen
Feuer; Knochen barsten knackend und lösten sich tanzend auf. Aus Fingern und
Zehen quoll fettiger Rauch; Flammen züngelten über den Boden. Hilflos

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