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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Margarita Nikolajewna ins Schlafzimmer und kam wieder mit einem Paar Strümpfe und einem Fläschchen Kölnisch Wasser. Sagte, sie will auch einen Zaubertrick zeigen, und überreichte beides Natascha. Bat sie nur, nicht in bloßen Strümpfen über die Twerskaja zu laufen und weniger auf die Dascha zu hören. Die Hausherrin und das Hausmädchen trennten sich nach innigen Freundschaftsküssen.
    Margarita Nikolajewna machte es sich auf dem weichen Polstersitz eines Trolleybusses bequem und rollte hin über den Arbat. Mal dachte sie nach, mal belauschte sie das Gespräch der zwei Herren, die vor ihr saßen.
    Die blickten sich ständig verstohlen um, dabei unterhielten sie sich über puren Blödsinn. Der kräftige Fleischkloß mit den flotten Schweinsaugen sagte zu seinem kleinen Nachbarn, dass der Sarg schwarz zugedeckt werden musste …
    – Das gibt es doch nicht! –, staunte flüsternd der Kleine. – Einfach unerhört! … Und was tat Scheldybin?
    Zum gleichmäßigen Summen des Trolleybusses ertönten am Fenster einzelne Wortfetzen, wie:
    – Kriminalabteilung … Skandal … Beinahe schon Mystik.
    Aus all diesen losen Versatzstücken gelang es Margarita Nikolajewna, etwas halbwegs Zusammenhängendes herauszuhören. Die beiden munkelten über einen Toten (seinen Namen nannten sie nicht). Diesem stahl jemand heute Morgen aus dem Sarg den Kopf! Und das ist’s, was Scheldybin jetzt Kummer bereitet. Auch die beiden, die jetzt im Trolleybus tuscheln, haben mit dem beraubten Toten zu tun.

    – Schaffen wir es noch, Blumen zu kaufen? –, sorgte sich der Kleine. – Du meinst, die Kremierung ist um zwei?
    Dieses lästige und geheimnisvolle Gequassel über den geklauten Kopf! Doch zum Glück musste Margarita Nikolajewna aussteigen.
    Einige Minuten später saß sie schon auf einer der Bänke an der Kreml-Mauer, sodass sie den Manegeplatz sehen konnte.
    Margarita blinzelte in die Sonne. Sie erinnerte sich an ihren Traum. Sie erinnerte sich, wie vor einem Jahr – genau an dem Tag und zu dieser Stunde – sie hier auf derselben Bank saß – gemeinsam mit ihm. Und genau wie damals lag neben ihr auf der Bank dieses schwarze Täschchen. Heute war sie allein und sprach doch mit ihm: »Wenn du in Verbannung bist, warum lässt du mir nicht eine Nachricht zukommen? Es gibt immer Wege dafür. Oder hast du mich etwa nicht mehr lieb? Nein, das glaube ich irgendwie nicht … Oder aber du warst in Verbannung und bist gestorben … Dann bitte ich nur: Gib mich wieder frei! Lass mich wieder leben und atmen!« Und sie antwortete an seiner statt: »Du bist frei … Siehe, ich halte dich nicht.« Und entgegnete: »Nein, das ist keine Antwort! Lösche dein Bild aus meinem Gedächtnis, erst dann werde ich wirklich frei sein.«
    An Margarita Nikolajewna zogen Menschen vorbei. Ein Mann warf bereits ein Auge auf sie. Sie war schön, stilvoll gekleidet und einsam. Der Mann räusperte sich und nahm Platz am anderen Ende derselben Bank. Er fasste Mut und sagte endlich:
    – Definitiv gutes Wetter heute …
    Doch Margarita sah ihn so finster an, dass er sich erhob und wegging.
    »Na bitte!«, sagte Margarita zu demjenigen, der über sie herrschte. »Warum habe ich, zum Beispiel, den Herrn da verjagt? Ich suche Zerstreuung, und dieser Flaneur ist nicht übel, abgesehen von dem albernen Wort definitiv. Was brüte ich hier einsam, wie eine Eule? Weshalb bin ich vom Leben ausgeschlossen?«

    Sie wurde noch trauriger und ließ den Kopf sinken. Da schlug ihr auf einmal dieselbe Woge der Erwartung und Aufregung gegen die Brust wie vorhin am Morgen. »Etwas wird geschehen!« Die Woge kam wieder – zum zweiten Mal – aber von außen – war ein Geräusch. Durch den Lärm der Stadt näherten sich immer lauter werdende Trommelwirbel und etwas schiefe Posaunentöne.
    Als Erster ritt würdevoll ein Milizmann am Gitterzaun vorbei, ihm folgten drei weitere, aber zu Fuß. Dann ein langsam fahrender Laster mit den Musikern. Dahinter ein neuer offener Bestattungswagen mit einem von Kränzen bedeckten Sarg. An den Ecken der Ladefläche standen drei Männer und eine Frau.
    Die Gesichter dieser vier Personen, die dem Toten das letzte Geleit gaben, wirkten merkwürdig irritiert. Das sah Margarita sogar von Weitem. Insbesondere jenes der Frau, die sich in der hinteren linken Ecke befand. Die dicken Wangen dieses Wesens wurden von einem pikanten Geheimnis von innen heraus noch stärker gebläht. In den verfetteten Äuglein zuckten doppeldeutige Flämmchen auf. Noch ein

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