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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Bürschchen! Du kommst gleich mit aufs Revier!
    Er versuchte, die Kanaille am Ärmel zu packen und griff daneben. Der Kirchenchorleiter war wie vom Erdboden verschluckt. Iwan schnappte förmlich nach Luft. Er blickte vor sich und sah den verhassten Fremden. Dieser schritt schon zum Ausgang Patriarchengasse. Und zwar keineswegs allein, sondern mit dem mehr als zweifelhaften Chorleiter an seiner Seite! Aber nicht genug: Als Dritter in dieser Clique – weiß der Geier, wo hergekommen! – marschierte ein riesiges Katervieh. Fett wie ein Mastschwein. Schwarz wie Pech und Raben zusammen. Und mit kessem Husarenschnauzer. Schon bogen die drei in die Gasse ein. (Der Kater lief auf den Hinterpfoten.)

    Iwan stürzte den Halunken nach und erkannte sofort, wie schwierig es sein würde, sie einzuholen.
    Das flotte Dreigespann hatte die Gasse im Nu passiert und gelangte zur Spiridonowka. Und wie sehr sich Iwan auch bemühte, einen Schritt zuzulegen – der Abstand zwischen den Verfolgten und ihm verringerte sich kein Stück. Iwan konnte nicht einmal verschnaufen, als er, nach der stillen Spiridonowka, prompt am Nikitski-Tor stand, wo sich die Situation zum Schlechten hin wandte. Hier war ein Gedrängel. Er rempelte jemanden an. Wurde gerüffelt. Währenddessen sich die üble Bande entschlossen hatte, einen altbewährten Gaunertrick anzuwenden und auseinanderzulaufen.
    Der Kirchenchorleiter schmiss sich mit phänomenalem Geschick in den fahrenden Omnibus Richtung Arbat-Platz und düste davon. Weil dieser ihm nun durch die Lappen ging, knöpfte sich Iwan den Kater vor und konnte beobachten, wie das erstaunliche Biest auf die Plattform der Trambahn A zuging, die an der Haltestelle gewartet hatte, rotzfrech eine piepsende Dame zurückstieß, sich am Geländer festklammerte und sogar den Versuch unternahm, durchs Fenster (das wegen der furchtbaren Hitze offen stand) der Schaffnerin Kupfergeld zuzustecken.
    Das Treiben des Katers überraschte Iwan so sehr, dass er wie versteinert am Gewürzlädchen an der Ecke stehen blieb. Doch nun wurde er, und zwar noch viel mehr, vom Verhalten der Schaffnerin niedergeschmettert. Diese brauchte den hochkletternden Kater nur zu erblicken, um sogleich in einem Sturm von Entrüstung, der sie förmlich erbeben ließ, loszubrüllen:
    – Kater raus! Mit dem Kater raus! Husch, husch! Sonst rufe ich die Miliz!
    Weder die Schaffnerin noch die Fahrgäste erkannten den Kern des Problems: Dass ein Kater in die Trambahn steigt, sei geschenkt, aber dass er dann auch noch zahlen will!
    Das Tier erwies sich als solvent und artig zugleich. Schonnach der ersten Ermahnung seitens der Schaffnerin unternahm es keine weiteren Vorstöße mehr, hopste vom Trittbrett, hockte sich hin und rieb das Geldstück an seinem Schnauzer. Sobald sie jedoch an der Schnur zog, worauf der Wagen ins Rollen kam, verhielt sich der Kater wie alle, die – selbst hinauskomplimentiert – dennoch partout mitfahren wollen: Er ließ die drei Wagen an sich vorbei, sprang auf die Stoßstange des letzten auf, ergriff mit der Pfote irgendein dickes Kabel, das aus der Wand heraushing, und zischte fort. Mit derlei Manöver hatte er sich tatsächlich die Karte gespart!
    Abgelenkt durch das elende Viech, hätte Iwan um ein Haar auch den Wichtigsten von den dreien verloren – den Professor selbst. Doch zum Glück war dieser noch nicht getürmt. Iwan erblickte das graue Barett im Getümmel am Anfang der Großen Nikitskaja, seit Neuestem Herzen-Straße. Im Handumdrehen kam auch Iwan dort an. Nur ohne Erfolg. Der Dichter sputete sich, nahm die Beine unter den Arm, schubste so manchen Passanten, aber näherte sich dem Professor kein Stück.
    Bei aller Verstörtheit staunte Iwan nicht schlecht über das schier unglaubliche Tempo der ganzen Verfolgung. Es waren noch keine zwanzig Sekunden vergangen, als er, soeben noch am Nikitski-Tor, bereits von den Lichtern des Arbat-Platzes geblendet wurde. Weitere paar Sekunden – ein finsterer Seitenweg mit krummen Trottoirs, wo Iwan Nikolajewitsch hinknallte und sein Knie aufschlug. Und wieder eine erleuchtete Hauptstraße – die Kropotkinskaja –, dann eine Gasse, dann die Ostoschenka, dann noch eine Gasse, trostlos, verödet und schwach erhellt. Hier endlich verlor Iwan Nikolajewitsch denjenigen aus dem Blick, um den es ihm so sehr ging. Der Professor war verschwunden.
    Iwan Nikolajewitsch wurde konfus, aber nur kurz, denn plötzlich wusste er, dass der Professor natürlich nur im Haus Nr. 13 sein konnte, und

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