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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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fauchte giftig und tief verbittert der Novellist Hieronymus Poprichin.
    – Tja, Schwein müsste man haben –, dröhnte vom Fensterbrett der Kritiker Ababkow.
    Und Freude flammte auf einmal auf in den Äuglein von Steuermann Jim. Und sie sang mit besänftigtem contralto:
    – Genossen, nicht neidisch sein! Es gibt doch nur zweiundzwanzig Datschen. Sieben weitere werden gebaut. Wir aber sind dreitausend Mann.
    – Dreitausendeinhundertundelf –, korrigierte jemand hinter der Ecke.
    – Na bitte –, sprach der Steuermann, – was willst du machen? Die Datschen kriegen selbstverständlich die Talentiertesten unter uns …

    – Jawohl, die Leithammel! –, stürzte sich schroff ins Getümmel der Drehbuchschreiber Glucharjow.
    Beskudnikow gähnte theatralisch und verließ den Raum.
    – Die haben nämlich in Perelygino fünf Zimmer für sich allein –, warf Glucharjow ihm hinterher.
    – Lawrowitsch hat sechs –, rief Deniskin. – Und das Essstübchen: echte Eiche!
    – Ist mir jetzt schnurz! –, dröhnte Ababkow. – Doch was mir nicht schnurz ist: Gleich wird’s halb zwölf!
    Alle heulten auf, eine Meuterei. Riefen an im verhassten Perelygino. Landeten unter falscher Adresse: bei Lawrowitsch. Bekamen gesagt: Lawrowitsch ist zum Fluss spazieren. Und waren nun vollends aufgekratzt. Riefen an, auf gut Glück, bei der Kommission für Schöngeistige Literatur. Durchwahl 9–3–0. Wo, versteht sich, niemand mehr dranging.
    – Er hätte auch selbst anrufen können! –, schrien Deniskin, Glucharjow und Quant.
    Je nun, das Schreien war überflüssig: Michail Alexandrowitsch hätte auf keinen Fall selbst anrufen können. Denn weit vom Gribojedow entfernt, in einem riesigen Saal, von tausendkerzigen Birnen erleuchtet, lag auf drei Tischen aus Zink dasjenige, was noch vor Kurzem für Michail Alexandrowitsch gegolten hatte.
    Auf dem ersten – nackt und voll Blutgerinnsel – der Leib mit einem gebrochenen Arm und gequetschtem Brustkorb. Auf dem zweiten der Kopf ohne Vorderzähne, mit erloschnen offenen Augen, denen die arg grelle Beleuchtung gar nichts mehr ausmachte. Auf dem dritten ein Berg verklumpter Klamotten.
    Vor dem Enthaupteten standen: ein Professor der Gerichtsmedizin, ein Pathologe mit seinem Prosektor, die Ermittler sowie der telefonisch vom Krankenbett seiner Frau abberufene Stellvertreter Berlioz’ – der Literat Scheldybin.
    Der Wagen hatte Scheldybin abgeholt und ihn, zusammen mit den Ermittlern, zuallererst (es war gegen zwölf) in die Wohnung des Getöteten befördert, wo dessen Papiere versiegelt wurden, bevor es zur Leichenhalle ging.
    Nun beriet man sich, um den Verblichenen stehend, was denn wohl besser wäre: Den abgetrennten Kopf wieder drannähen? Oder den Körper im Gribojedow – Saal aufbahren, bis ans Kinn überzogen mit schwarzem Stoff?
    Wie gesagt, Michail Alexandrowitsch hätte auf gar keinen Fall selbst anrufen können, weshalb all das empörte Geschrei seitens Deniskins, Glucharjows, Quants und Beskudnikows in der Tat mehr als entbehrlich war. Punkt Mitternacht verließen alle zwölf Literaten den oberen Stock und begaben sich ins Restaurant. Hier gedachten sie Michail Alexandrowitschs wieder einmal mit bösem Wort: Die Tischchen auf der Veranda waren, wie vermutet, sämtlichst besetzt. Also musste man – wohl oder übel – in diesen zwar schönen, aber so überaus stickigen Sälen dinieren.
    Punkt Mitternacht krachte im ersten von ihnen etwas, schmetterte, schepperte, ruckelte. Schon miaute ein piepsendes Männerstimmlein zur Musik sein verzweifeltes: »Halleluja!!« Und los brach Gribojedows berüchtigter Jazz. Die schweißüberzogenen Gesichter strahlten auf, die gemalten Pferde unter der Decke erwachten zum Leben, die Lampen nahmen sogar an Brennkraft zu. Und – plötzlich entfesselt – zuckten im Foxtrott die beiden Säle, und – ihnen nach – tanzte wie toll die ganze Veranda.
    Es tanzte Glucharjow mit Tamara Halbmond, einer Lyrikerin. Es tanzte Quant. Es tanzte der Romancier Schukokow mit irgendeiner Schauspielerin im gelben Dress. Es tanzten Dragunski und Tscherdaktschi. Der kleine Deniskin mit der Riesin Steuermann Jim. Es tanzte die bildhübsche Architektin Semejkina-Gall, fest gepackt von einem Fremden in weißer Jutehose. Alte Bekannte und geladene Gäste, Moskowiter und Hergereiste. Der Autor Johann von der Insel Kronstadt und ein gewisser Witja Kuftik aus Rostow, angeblich ein Regisseur, aufder Wange – purpurne Schuppenflechte. Es tanzten die einflussreichsten

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