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Meister und Margarita

Meister und Margarita

Titel: Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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erzählen es haargenau so weiter. Tja, kein Wunder, dass jedermann glaubt, Sie seien verrückt. Und das Einzige, was Ihnen helfen kann, ist absolute Ruhe. Darum sollten Sie unbedingt bei uns bleiben.
    – Aber jemand muss ihn doch fangen! –, schrie Iwan schon im flehenden Ton.
    – Gut. Aber weshalb denn selber laufen? Bringen Sie all Ihre Vorbehalte und Indizien gegen diesen Mann zu Papier. Es gibt nichts Leichteres, als Ihre Aussagen an die richtige Adresse weiterzuleiten. Und haben Sie recht, und es handelt sich wirklich um einen Kriminellen, dann wird sich das alles sehr zügig regeln. Nur eine Bedingung: Gönnen Sie sich und Ihrem Köpfchen ein wenig Ruhe. Vergessen Sie Pontius Pilatus. Wissen Sie, manche reden viel. Müssen wir jedem Glauben schenken?
    – Hab’s kapiert! –, sagte Iwan überzeugt. – Dann bekomme ich einmal Papier und Stift.
    – Geben Sie ihm ein Blatt Papier und einen möglichst kurzen Bleistift –, befahl Strawinski der rundlichen Frau. Und zu Iwan sagte er dies: – Wenn’s irgendwie geht, nicht gleich heute.
    – Nein, nein, jetzt gleich, und zwar unbedingt! –, rief Iwan erregt.
    – Ist ja gut, ist ja gut. Nur gönnen Sie Ihrem Hirn ein klein wenig Ruhe. Wenn’s heute nicht klappt, klappt es halt morgen.
    – Dann kommt er davon!
    – Aber nein –, versetzte Strawinski zuversichtlich. – Er kommt nicht davon, Sie haben mein Wort. Und denken Sie dran: Wir helfen Ihnen nach Kräften, sonst haben Sie keine Chance. Hören Sie mich? –, fragte er plötzlich bedeutungsvoll und fasste Iwan Nikolajewitsch bei den Händen. Er drückte sie fest, blickteihm lange unverwandt in die Augen und sagte mehrmals: – Wir helfen Ihnen … Hören Sie mich? … Wir helfen Ihnen … Sie werden sich wesentlich besser fühlen. Hier ist alles so ruhig, so still … Wir helfen Ihnen …
    Iwan Nikolajewitsch gähnte plötzlich. Sein Gesichtsausdruck wurde milder.
    – Ich weiß, ich weiß –, sagte er leise.
    – Na, fein! –, beendete Strawinski gewohnheitsmäßig die Unterhaltung und erhob sich. – Auf Wiedersehen! – Er schüttelte ihm die Hand und wandte sich schon am Ausgang zu jenem mit Bart und bemerkte: – Versuchen Sie es mit Sauerstoff … und Bädern.
    Einige Augenblicke später war alles fort: das Gefolge, Strawinski. Hinter dem Gitter im Fenster zeigte sich in der strahlenden Mittagssonne nur dieser heitere Frühlingswald, und etwas näher glänzte der Fluss.

Kapitel 9
Korowjews Faxen
    Nikanor Iwanowitsch Bossoi, Vorsitzender der Wohnungsgenossenschaft des Hauses Nr. 302 Block B auf der Moskauer Gartenstraße (letzte Adresse des verstorbenen Berlioz), befand sich seit vergangener Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag im fürchterlichen Stress.
    Um Mitternacht war (wie bereits bekannt) die Kommission in Scheldybins Begleitung ins Haus gekommen, hatte daselbst Nikanor Iwanowitsch rufen lassen, ihn von Berlioz’ Tod unterrichtet und mit ihm zusammen die Wohnung Nr. 50 aufgesucht.
    Dort wurden dann die Manuskripte und Habseligkeiten des Toten versiegelt. Weder Grunja, das Hausmädchen, das dort tagsüber gearbeitet hatte, noch der windige Stepan Bogdanowitsch waren anwesend. Die Kommission belehrte Nikanor Iwanowitsch: Sie wird die Papiere zur Sichtung mitnehmen. Das Objekt, bestehend aus drei Räumen (ehedem Salon, Kabinett und Speisezimmer der Juwelierswitwe), geht über an die Wohnungsgenossenschaft. Die Habseligkeiten des Verstorbenen bleiben in den besagten Räumen, bis sich die Angehörigen melden.
    Die Nachricht von Berlioz’ Tod hatte sich nun im ganzen Haus mit einer Geschwindigkeit verbreitet, die sich als absolut übernatürlich bezeichnen ließe. Ab sieben Uhr morgens war Bossoi am Donnerstag ohne Unterbrechung telefonisch belästigt worden. Später sollten sich dem auch persönliche Gespräche unter vier Augen anschließen – mit Gesuchen und Ansprüchen auf die Wohnfläche des Verblichenen. Zweiunddreißig in nur zwei Stunden.

    Bitten, Warnungen, Quengeleien. Denunziationen sowie Beteuerungen, die Renovierung zu übernehmen. Hinweise auf unerträgliche Enge und die schiere Unmöglichkeit, unter einem Dach mit Banditen zu leben. Eine erschütternd wortgewaltige Schilderung der Entwendung von Teigwaren – und zwar direkt aus der Westentasche – in der Wohnung Nr. 31. Zwei Selbstmorddrohungen. Ein Geständnis heimlicher Schwangerschaft.
    Man hatte Nikanor Iwanowitsch wiederholt vor seine Wohnungstür zitiert, ihn beim Ärmel gepackt, ihm etwas geflüstert, zugezwinkert und

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