Meister und Margarita
nachdenklich den Kopf hängen, dann aber klatschte er in die Hände. Aus den Kulissen trat hervor eine Dame in mittleren Jahren. Modisch gekleidet: Kragenloser Mantel. Winziger Hut. Sie wirkte besorgt, aber Dunchill verzog bei ihrem Anblick nicht einmal die Braue.
– Würden Sie uns verraten, wer die Dame ist? –, fragte ihn der Künstler.
– Das da ist meine Ehefrau –, entgegnete Dunchill würdevoll und betrachtete ihren langen Hals mit einigem Ekel.
– Madame Dunchill, verzeihen Sie die Störung –, begann der Ansager, – wir haben Sie zu uns hergebeten, um zu erfahren, ob Ihr Herr Gemahl noch weitere Devisen hortet.
– Er hat sie alle abgegeben –, erwiderte unruhig Madame Dunchill.
– Nun gut –, schloss der Künstler. – Dann ist es halt so. Folglich sollten wir uns unverzüglich vom werten Sergej Gerhardowitsch trennen! Wir haben nun einmal Pech gehabt! Also, werter Sergej Gerhardowitsch, wenn Sie wünschen, dürfen Sie jetzt das Theater verlassen. – Und er machte eine königliche Geste.
Seelenruhig und die Haltung wahrend, drehte Dunchill sich um und stolzierte Richtung Kulisse.
– Einen Augenblick noch! –, hielt der Künstler ihn an. – Gestatten Sie mir, Ihnen zum Abschied noch einen Programmpunkt zu präsentieren? – Und wieder klatschte er in die Hände.
Der hintere schwarze Vorhang fuhr auseinander, und heraus trat ein bildhübsches Fräulein im Galakleid. In den Händen trug sie ein goldenes Tablett. Darauf lag ein dickes Bündel, gewickelt in ein Geschenkband mit Schleife, und ein Diamantencollier, das nach allen Seiten blaue, gelbe und rote Funken sprühte.
Dunchill tat einen Schritt zurück und erblasste. Es wurde mucksmäuschenstill.
– Achtzehntausend Dollar und ein Collier im Wert von vierzigtausend Goldrubeln hortete unser Sergej Gerhardowitsch in der Stadt Charkow bei seiner Geliebten Ida Herkulanowna Wors. Wir haben die Ehre, Sie hier zu begrüßen! Sie war so freundlich, uns bei der Suche nach diesen Schätzen zu unterstützen – unermesslich, und doch erlässlich für eine Privatperson, die mit ihnen nichts anzufangen weiß. Haben Sie vielen herzlichen Dank, verehrte Ida Herkulanowna!
Die Schöne lächelte, ließ die Zähne funkeln. Und ihre samtigen Wimpern zuckten.
– Während Sie –, der Artist wandte sich an Dunchill, – unter der Larve von Selbstherrlichkeit eine blutsaugende Spinne verbergen, einen unglaublichen Blender und Lügenbold. Ihre anderthalb Monate Hinhaltetaktik hängen uns allen zum Halse raus! Und jetzt gehen Sie nach Hause, und die Hölle, die Ihnen dort Ihre Ehefrau heißmachen wird, soll Ihnen die gerechte Strafe sein!
Dunchill wankte, hatte wohl vor, umzukippen. Doch fürsorgliche Hände fingen ihn auf. Da fiel auch schon der Vorhang und verhüllte alle Teilnehmer des Spektakels.
Wilde Ovationen erschütterten den Saal mit solcher Wucht, dass Nikanor Iwanowitsch in den Kronleuchtern die Lichter flackern sah. Und als der Vorhang abermals hochfuhr, stand auf der Bühne allein der Artist. Er löste eine zweite Applauswelle aus, verneigte sich und redete:
– In der Gestalt dieses Dunchill erlebten Sie soeben einen kompletten Trottel. Ich habe erst gestern das Vergnügen gehabt, Ihnen klarzumachen: Der illegale Besitz von Devisen ist eine durch und durch unsinnige Tat! Denn niemand wird sie – bei keiner Gelegenheit – ausgeben können. Nehmen wir einmal diesen Dunchill. Er hat ein großartiges Einkommen und keinerlei finanzielle Probleme. Er hat eine wunderbare Wohnung, eine Ehefrau und eine hübsche Geliebte. Aber nein! Anstatt ohne seine Devisen und Steine ein friedliches, ruhiges, sorgenfreies Leben zu führen, versteift sich dieser habsüchtige Schwachkopf und erntet schließlich, was er verdient: eine Blamage in aller Öffentlichkeit und zum Nachtisch eine waschechte Ehekrise. Also, wer möchte? Freiwillige vor! Keine weiteren Meldungen? Nun, in diesem Fall tritt jetzt der berühmte Sawwa Potapowitsch Kurolessow auf. Ein großes Schauspielertalent. Wir haben ihn extra eingeladen, damit er uns Ausschnitte aus dem »Geizigen Ritter« des Dichters Puschkin deklamiert.
Der angekündigte Kurolessow ließ nicht lange auf sich warten. Es war ein kräftiger, hochgewachsener Mann. Rasiert. Schwarzer Frack. Weiße Krawatte.
Ohne Umschweife machte er ein finsteres Gesicht, verzog die Brauen und redete los mit einer unnatürlichen Stimme, wobei er auf das goldene Glöckchen schielte:
– So wie der junge Geck zum Stelldichein die
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