Meistererzählungen
uns ein bißchen Gesellschaft!«
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Damit schenkte er ihr Glas voll und hieß sie, die sich nicht sträubte, zwischen ihm und seinem Bekannten sitzen. Diese zwanglose Leichtigkeit der Anknüpfung machte Herrn Mat thias Eindruck. Er stieß nun auch sei-nerseits mit dem Mäd chen an und rückte seinen Stuhl dem ihren nahe. Es war in zwischen in dem unfrohen Räume schon dunkel geworden, die Kellnerin zündete ein paar Gasfl ammen an und bemerkte nun, daß kein Wein mehr in der Flasche sei.
»Die zweite Bouteille geht auf meine Kosten!« rief Herr Breitinger. Aber der andere wollte das nicht dulden, und es gab einen kleinen Wortkrieg, bis er sich unter der Bedingung fügte, daß nachher auf seine Rechnung noch eine Flasche Champagner getrunken wer-de. Fräulein Meta hatte inzwi schen die neue Flasche herbeigebracht und ihren Platz wie der eingenommen, und während der Jüngere mit dem Kork ziehen beschäftigt war, streichelte sie unterm Tisch leise die Hand des Herrn Matthias, der alsbald mit Feuer auf diese Erobe-rung einging und sie weiter verfolgte, indem er seinen Fuß auf ihren setzte. Nun zog sie den Fuß zwar zurück, lieb koste dafür aber wieder seine Hand, und so blieben sie in stil lem Einverständnis triumphierend beieinander sitzen. Mat thias ward jetzt gesprächig, er redete vom Wein und erzählte von Zechgelagen, die er früher mit-gemacht habe, stieß im mer wieder mit den beiden an, und der erhitzende falsche Wein machte seine Augen glänzen.
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Als eine Weile später Fräulein Meta meinte, sie habe in der Nachbarschaft eine sehr nette und lustige Freundin, da hatte keiner von den Kavalieren etwas dagegen, daß sie diese ein lade, den Abend mitzufeiern. Eine alte Frau, die inzwischen den Wirt abgelöst hatte, wurde mit dem Auftrag wegge schickt. Als nun Herr Breitinger sich für Minuten zurück zog, nahm Matthias die hübsche Meta an sich und küßte sie heftig auf den Mund. Sie ließ es still und lächelnd geschehen, da er aber stürmisch ward und mehr begehrte, leuchtete sie ihn aus feurigen Augen an und wehrte: »Später, du, später!«
Die klappernde Glastüre mehr als ihre beschwich-tigende gebärde hielt ihn zurück, und es kam mit der Alten nicht nur die erwartete Freundin herein, sondern auch noch eine zweite mit ihrem Bräutigam, einem hal-beleganten Jüngling mit steifem Hütchen und glatt in der Mitte gescheiteltem schwarzem Haar, dessen Mund unter einem gezwickelten Schnauzbärtchen hervor hochmütig und gewalttätig aus schaute. Zugleich trat auch Breitinger wieder ein, es entstand eine Begrüßung und man rückte zwei Tische aneinander, um gemeinsam zu Abend zu essen. Matthias sollte bestellen und war für einen Fisch mit nachfolgendem Rindsbraten, dazu kam auf Metas Vorschlag noch eine Platte mit Ka-viar, Lachs und Sardinen, sowie auf den Wunsch ihrer Freundin eine Punschtorte. Der Bräutigam aber erklär-te mit merkwürdig gereizter Verächtlichkeit, ohne Ge-fl ügel tauge ein Abendes sen nichts, und wenn auf das 168
Rindfl eisch nicht ein Fasanen braten folge, so esse er schon lieber gar nicht mit. Meta wollte ihm zureden, aber Herr Matthias, der inzwischen zu einem Burgun-derwein übergegangen war, rief munter dazwi schen:
»Ach was, man soll doch den Fasan bestellen! Die Herrschaften sind doch hoff entlich alle meine Gäste?«
Das wurde angenommen, die Alte verschwand mit
dem Speisezettel, der Wirt tauchte auch wieder auf.
Meta hatte sich nun ganz an Matthias angeschlossen, ihre Freundin saß gegenüber neben Herrn Breitinger.
Das Essen, das nicht im Hause gekocht, sondern über die Straße herbeigeholt schien, wurde rasch aufgetragen und war gut. Beim Nachtisch machte Fräulein Meta ihren Verehrer mit einem neuen Ge nüsse bekannt: er bekam in einem großen fußlosen Glase ein delikates Getränk dargereicht, das sie ihm eigens zubereitet hatteund das, wie sie erzählte, aus Champagner, Sherry und Kognak gemischt war. Es schmeckte gut, nur etwas schwer und süß, und sie nippte jedesmal selber am Glase, wenn sie ihn zum Trinken einlud. Matthias wollte nun auch Herrn Breitinger ein solches Glas anbieten.
Der lehnte jedoch ab, da er das Süße nicht liebe, auch habe dies Getränk den leidi gen Nachteil, daß man daraufhin nur noch Champagner ge nießen könne.
»Hoho, das ist doch kein Nachteil!« rief Matthias über laut. »Ihr Leute, Champagner her!«
Er brach in ein heftiges Gelächter aus, wobei ihm die Au gen voll Wasser liefen, und war von diesem Au-169
genblick
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